Wie bereits berichtet, hat die Kampagne «Agrarlobby stoppen» von WWF, Pro Natura, Birdlife und Greenpeace einigen Staub aufgewirbelt. Besonders delikat ist die Sache für die Agrarallianz, welche unter ihrem weiten Dach nicht nur die erwähnten Umweltverbände (ausser Greenpeace), sondern unter anderen auch IP-Suisse und Bio Suisse vereint.
Immer wieder in der Defensive
Bei der IP-Suisse ist man bereits gebranntes Kind. Nach der letzten ähnlich aggressiven Kampagne von Pro Natura vor einigen Jahren wurden Stimmen laut, die den Austritt aus der Agrarallianz verlangten. Durchsetzen konnten sich diese allerdings nicht. Präsident Res Stalder hat keine Freude an der neuen Kampagne: «Ich missbillige das», sagt er auf Anfrage, diese sei aber clever gemacht, indem sie am Schluss auf die Bauernfamilien ziele.
Stalder bereut, dass die Landwirtschaft immer wieder in die Defensive gerate. «Eigentlich sollten wir es mit guten gemeinsamen Werbeanstrengungen längst geschafft haben, dass diese Organisationen gar keine Plattform mehr erhalten für ihre aggressiven Kampagnen», sagt Stalder.
Gleichzeitig betont er, dass diese Kampagne nicht von der Agrarallianz aufgezogen sei. Und es stehe jeder Mitgliedorganisation frei, Werbung zu machen. Ähnlich tönt es bei Bio Suisse. «Als Mitglied kennen wir die unterschiedlichen Kräfte innerhalb des Schweizer Bauernverbands (SBV)», sagt Politchef Martin Bossard, «ebenso akzeptieren und verstehen wir die Rolle der Umweltverbände, die der bedrängten Natur und Umwelt eine Stimme geben». Dass Umweltverbände bessere Lösungen verlangen, sei ihre Aufgabe, er-läutert der Bio-Suisse-Vertreter.
Wird die Agrarpolitik gestärkt?
Bei der Agrarallianz selber trägt man die Aktion mit Fassung: «Es ist den Umweltorganisationen freigestellt, weitergehende Forderungen zu stellen», sagt Geschäftsführer Hansjürg Jäger. Ob sie damit die Dynamik im Sinne einer positiven Weiterentwicklung der Agrarpolitik stärkten, stehe auf einem anderen Blatt.
Skeptisch ist auch ein weiteres wichtiges bäuerliches Mitglied der Agrarallianz. Dieser regt sich hinter vorgehaltener Hand über das «Puff» auf, welches durch die Kampagne losgetreten wird. Was im Moment unter potenziellen Freunden abgehe, sei nicht normal, ergänzt er.
Pro Natura kontert Kritik
Bei Pro Natura kontert man die Kritik. Mit der AP 22+ liege ein guter Kompromiss auf dem Tisch, der Bund habe sich die Mühe genommen, den Mittelweg zu gehen. «Der SBV ist aber nicht bereit, sich einen Millimeter zu bewegen», so Marcel Liner, Landwirtschafts-Verantwortlicher von Pro Natura, deshalb habe man diese Kampagne lanciert.
Es sei ihm bewusst, dass die Kampagne plakativ und direkt sei, sagt Marcel Liner. Es habe ihn gefreut, dass ihn aufgrund der provokativen Formulierung auch Bauern angerufen hätten, um sich zu beschweren. «So kommen wir in den Dialog», sagt Liner.
Kampagne wird von Roche-Stiftung mitfinanziert
Die «Agrarlobby stoppen»-Kampagne ist vor allem in Städten plakatiert. Kampagnenleiter Jonas Schmid vom WWF beziffert die laufenden Kosten auf 750 000 Fr. Finanziert wird das Projekt durch die Stiftung für nachhaltige Landwirtschaft, die von der im Umweltschutz tätigen Stiftung MAVA finanziert wird. Man sei aber offen für weitere Geldgeber. MAVA wurde von Luc Hofmann, einem Erbe der Chemie-Dynastie Hofmann-La Roche gegründet. MAVA-Präsident André Hofmann ist Vizepräsident des Roche-Verwaltungsrats.