Die Strompreise würden 2025 deutlich sinken, die Tarife um 30 Prozent reduziert, verkündete der Zentralschweizer Stromversorger CKW Ende August. Angekündigt wurde auch ein Einheitstarif, Hoch- und Niedertarif würden wegfallen. Und neu soll nächstes Jahr ein Leistungstarif für Privatkunden eingeführt werden, wie das Geschäftskunden schon kennen, damit das Netz nicht unnötig belastet werde. Damit sollen Anreize geschaffen werden, Strom an sonnigen Tagen über den Mittag zu verbrauchen. (Tiefe Solarstrompreise geben zu reden).

Günstiger in Zentralschweiz

Inzwischen hat die Elektrizitätskommission Elcom Anfang September die Strompreise aller Energieversorger für das kommende Jahr publiziert. Und CKW versandte gleichentags eine weitere Medienmitteilung, wonach der Kanton Luzern 2025 schweizweit die günstigsten Strompreise habe. Auch in weiteren Kantonen der Zentralschweiz sinken nächstes Jahr die Preise, wenn auch nicht so stark wie in Luzern oder Nidwalden. Allerdings müssen einige Gemeinden in der Zentralschweiz je nach Energieversorger auch mit höheren Tarifen rechnen.

Kritik vom Konsumentenschutz

Die Stiftung für Konsumentenschutz kritisierte allerdings das neue Tarifmodell der CKW, welches Kunden benachteilige und die Energiewende torpediere. Wenn einmalig pro Monat eine hohe Leistung bezogen werden müsse, so verteuere das die Stromkosten für den ganzen Monat. Diese Kritik der Konsumentenschützer weist CKW allerdings zurück. Die Haushalte würden durch den neuen Leistungstarif keineswegs benachteiligt. Schliesslich sei zu berücksichtigen, dass CKW den Leistungstarif nicht zusätzlich zu den bisherigen Kosten einführe, sondern im Gegenzug den Netz-Einheitstarif pro bezogener kWh um rund 40 Prozent senke. «Durch den Systemwechsel bleiben für einen Durchschnittshaushalt die Kosten etwa gleich. Wer sich netzdienlich verhält, kann zusätzlich sparen», schreibt CKW.

Zu starres Modell

Kritik am CKW-Tarifmodell gibt es allerdings auch von weiteren Organisationen. So schreibt Vese, der Verband unabhängiger Energieerzeuger als Fachgruppe der Schweizerischen Vereinigung für Sonnenenergie (SSES), dass damit erhebliche Nachteile für Endverbraucher, insbesondere für Betreiber von Solaranlagen verbunden seien. «Der sparsame Umgang mit Strom wird faktisch bestraft.» Im Gegensatz zu dynamischen Tarifmodellen, die sich an die tatsächliche Netzbelastung anpassen, setze CKW auf einen monatlichen Spitzenleistungspreis. So müssten bei gleichzeitigem Betrieb mehrerer Elektrogeräte für den gesamten Monat ein zusätzlicher Leistungsaufschlag bezahlt werden, unabhängig, ob die Belastung zu einer kritischen Netzspitze oder zu einem unkritischen Zeitpunkt erfolge. Dazu macht Vese ein Beispiel: Wird ein E-Auto zu Beginn des Monats nachts, bei ohnehin geringer Netzbelastung, geladen, bei einer Netzspitze von 22 kW, so zahle der Verursacher zusätzlich zum Energiepreis 33 Franken an Netzgebühren. Für den Rest des Monats könnte er dann das Auto ohne weitere Kosten jederzeit laden, selbst zu Spitzenlastzeiten am Mittag. Diese starre Tarifstruktur belohne nicht ein netzstabilisierendes Verhalten.

PV-Anlagen benachteiligt

Besonders gravierend seien die Auswirkungen des neuen CKW-Tarifs auf die Amortisation von PV-Anlagen. Die Reduktion des energieabhängigen Anteils der Netzgebühr um knapp vier Rappen pro kWh schmälere die Einsparungen durch den Eigenverbrauch erheblich. Noch problematischer sei die Situation bei Zusammenschlüssen für den Eigenverbrauch (ZEV), wo es nahezu unmöglich sei, den gleichzeitigen Eigenverbrauch aller Wohnungseinheiten (ohne Wärmepumpe und E-Mobilität) zu koordinieren.

Grosskunden zahlen viel

Raphael Heini, Energieberater beim Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV), teilt die Einschätzungen von Vese und das CKW-Modell treffe auch die Landwirtschaft. So, wenn beispielsweise Heubelüftung und Melkmaschinen gleichzeitig betrieben würden. Allerdings zahlten Gewerbekunden mit über 50 000 kWh Jahresverbrauch, dazu gehören auch grössere Landwirtschaftsbetriebe, schon bisher einen Leistungstarif. Neu liegt dieser ab 2025 bei Kunden mit über 50 000 kWh Verbrauch bei 9 Franken pro kW, neu bei allen Kunden unter diesem Verbrauch bei 1,5 Franken pro kW. Werde beispielsweise einmalig pro Monat kurzzeitig eine Leistungsspitze von 60 kW bezogen, so zahlt ein Grosskunde schon mal zusätzlich 540 Franken in diesem Monat, ein Kleinkunde 90 Franken. Dieses Tarifmodell habe zur Konsequenz, dass für Landwirte PV-Anlagen und Speicherlösungen interessanter werden.

Lokale Nutzung von Solarstrom wird unattraktiv

Stefan Mutzner von Fleco Power, der Vermarktungsorganisation der landwirtschaftlichen Stromproduzenten, kritisiert die Abschaffung von Hoch- und Niedertarif. Statt einer Abschaffung sollte das System modernisiert werden. Niedertarife sollten während Mittagszeiten gelten und Hochtarife in Zeiten ohne Sonne. Noch besser wären variable Preise, wie das einige Energieversorger bereits anbieten. Negativ wertet auch er die Auswirkungen auf die lokale Nutzung von Solarstrom.

Sinnvolle Stromnutzungen wie ZEV und die künftig aufgrund des neuen Stromgesetzes möglichen lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) würden mit dem CKW-Tarifmodell weniger attraktiv. Um dem politischen Willen trotzdem gerecht zu werden, müsste der vorgesehene Netznutzungsabschlag bei mindestens 50 Prozent liegen. Grundsätzlich findet Mutzner, dass die von CKW angepriesene Energiepreisreduktion zum grössten Teil durch die tiefen Rückliefertarife für Produzenten sowie den neuen Netzgrundtarifen und Leistungstarifen pro kW kompensiert werde.

Da CKW den grösseren PV-Produzenten für die Rücklieferung nur mehr den Referenzmarktpreis bezahle – aktuell liegt dieser bei 3,5 Rappen pro kWh –, werde die Amortisation der Anlagen immer schwieriger. Um die Mindererlöse zumindest zum Teil zu kompensieren, lohne es sich für Landwirte mit einer PV-Anlage, die Option einer LEG zu prüfen, rät Mutzner.

Lokalen Stromabsatz prüfen

Endverbraucher können spätestens ab 1.1.2026 ihren Strom direkt von lokalen Stromproduzenten kaufen und über das bestehende Stromnetz liefern lassen. Die Produzenten und Verbraucher bilden dazu eine sogenannte lokale Elektrizitätsgemeinschaft (LEG). Die LEG schaffe eine Win-win-Situation, betont Stefan Mutzner: Endverbraucher sparen, Produzenten verdienen mehr und das Stromnetz wird entlastet.

Träger von Fleco Power sind die Genossenschaft der landwirtschaftlichen Biogasproduzenten (Ökostrom Schweiz), MBRsolar, die ADEV-Energiegenossenschaft und viele landwirtschaftliche Produzenten von erneuerbaren Energien. Fleco Power habe sich als führender unabhängiger Vermarkter für erneuerbaren Strom in der Schweiz etabliert.