Verschiedene Motionen und Postulate, vor allem der Grünen Fraktion, verlangen, dass der Bund Direktverkauf, kurze Vertriebswege und regionale Landwirtschaft verstärkt unterstützen soll. Der Bundesrat hat dies in seinem Bericht «Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik» aufgenommen.

Damit ist es aber nicht getan. Es braucht gute Rahmenbedingungen für die Marktfahrer – und diese könnten besser sein. Die Marktfahrer müssen sich mit ihren Vereinigungen auf die Hinterbeine stellen, damit sie nicht ins Abseits gedrängt werden.

Bern: Events vertreiben Markt

[IMG 2] Präsident des Vereins Bärner Märit ist Walter Stettler. Der Landwirt bewirtschaftet mit seiner Familie einen 18-Hektaren-Betrieb in Bolligen und hat sich auf den Obstbau konzentriert. Seit über 30 Jahren bringt er seine Früchte 2-mal wöchentlich in Bern auf den Markt. Der Marktstand ist leicht zu finden – er ist nämlich auf dem Bundesplatz. Profitieren können davon eine grosse Anzahl Stammkunden, die sich darauf verlassen, dass der Markt stattfindet. Das wird aber immer schwieriger. So müssen die Marktfahrer ihren Stammplatz verlassen, wenn ein sogenannt wichtiger Anlass auf dem Bundesplatz stattfindet, sei es ein Staatsempfang oder eine nationale Demo. Die Zahl dieser Anlässe ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. So lüpfte es denn auch im letzten Dezember Walter Stettler den Hut. Die Marktfahrer mussten Ende November aufgrund des italienischen Staatsempfangs den Markt früher räumen. Dann erhielt er per Mail ein neues Marktreglement – nicht etwa zur Vernehmlassung. «Wir bekamen es zur Ansicht und sollten es einfach so übernehmen», sagt Stettler.

Darin stand, dass bei übergeordneten Anlässen auf dem Bundesplatz der Markt ersatzlos weichen müsse. «Das ist nicht richtig. Wir haben einen Vertrag und bezahlen Miete», fährt Stettler fort. Die Marktfahrer verlangten eine Aussprache, die am 14. Februar stattfand. Anwesend war eine Delegation der Berner Marktorganisationen inklusive Vertretern vom Weihnachts-, Handwerker- und Warenmarkt sowie ein Vertreter vom Schweizerischen Marktverband. Seitens der Stadt waren Polizeiinspektor Marc Heeb sowie Mitarbeiter der Verkehrs- und Gewerbepolizei vor Ort.

Aussprache mit der Stadt Bern: Das Reglement wird revidiert

«Das Gespräch verlief gut und konstruktiv », hält Walter Stettler fest. Eingangs stellten die Marktfahrer die Bedeutung der Wochenmärkte für die Stadt Bern vor. «Übers ganze Jahr gesehen, bringt der Wochenmarkt am meisten Leute in die Stadt Bern. Also einiges mehr als jeweils einzelne Anlässe. Dann ist in der Stadt richtig etwas los. Durch den Markt lebt die Stadt und der Markt ist bei der Bevölkerung beliebt – und auch bei den Touristen», sagte Stettler. Das Marktreglement wird nun revidiert.

«Übers ganze Jahr gesehen, bringt der Wochenmarkt am meisten Leute in die Stadt Bern.»

Walter Stettler

Die Marktfahrer hatten Gelegenheit, Vorschläge einzubringen. Im Detail werden Rechte und Pflichten zwischen der Stadtverwaltung und den Marktfahrern festgehalten. Ziel ist es, die Anlässe so zu terminieren, dass der Markt ungehindert stattfinden kann. «Der Markt ist zu priorisieren», so Stettler. «Ich denke, es kommt vielleicht ein- bis zweimal im Jahr vor, dass der Markt wegen eines Anlasses auf dem Bundesplatz nicht stattfinden kann. Dann können wir den Marktstand an einem anderen Ort aufstellen. Die Herausforderung wird sein, die Kunden zu informieren – und das ist nahezu unmöglich», sagt Stettler.

An der Jahrespauschale von rund Fr. 1000.– wird nicht gerüttelt. Damit ist aber die Verpflichtung verbunden, dass man an Markttagen nicht wegbleiben darf. «Das ist auch für uns wichtig. Seitens der Marktfahrervereinigung wollen wir keine Rosinenpicker», hält Stettler fest. Das Marktreglement wird nun notariell überprüft. «Wir haben dann nochmals Gelegenheit, alles zu überprüfen oder neue Wünsche anzubringen. Das wurde uns schriftlich zugesichert», so Stettler abschliessend.

Stadt Zürich: Parkplatznotstand macht Marktfahrer grantig

Die Standplatzvergabe auf den Stadtzürcher Märkten ist Sache der Gewerbepolizei. Aber für einen ordentlichen Ablauf der Märkte auf dem Platz sorgt der Verein Marktfahrer von Zürich (VMZ). Der Verein schafft für alle Marktfahrer in Oerlikon, Milchbuck, Helvetiaplatz, Lindenplatz in Altstetten, Bürkliplatz und Rathausbrücke möglichst ideale Bedingungen, sorgt für Strombezug und ist Ansprechperson bei Problemen.

Bauern übernehmen Verantwortung für die Marktorganisation

Kommen neue Marktfahrer, wird besprochen, wie und wann sie am besten zufahren können, sodass der Aufbau der Stände im Rayon reibungslos klappt. Es wundert also nicht, dass langjährige bäuerliche Standbetreiber verantwortungsvoll diese aufwendige Koordinationsarbeit übernehmen. Präsidentin der Zürcher Marktfahrer ist denn mit Petra Mörgeli auch eine Bäuerin und Vizepräsident ist Thomas Wegmann, ein Obstproduzent aus Zürich-Höngg. Petra Mörgeli bewirtschaftet mit ihrer Familie einen auf Obstbau spezialisierten 18-Hektaren-Betrieb in Aesch ZH. Auf den 1. Januar 2022 hat Sohn Markus den Betrieb übernommen. Petra und Franz unterstützen ihn dabei. Für den Markt auf dem Bürkliplatz und der Rathausbrücke ist vor allem Franz Mörgeli zusammen mit Petra verantwortlich. [IMG 3]

Produzenten statt Händler

«Uns ist es wichtig, dass am Markt Produzenten vertreten sind, und nicht nur Händler. Wir wollen ein vielseitiges und regionales Angebot», hält Petra Mörgeli fest. Normalerweise würde man sich einmal jährlich mit der Gewerbepolizei zum Austausch treffen. Es sei aber jetzt lange Zeit nicht vorwärtsgegangen, weil die Gewerbepolizei am Umstrukturieren war und freie Marktplätze nicht vergeben wurden. Es läuft also ein bisschen zähflüssig mit der Stadt – genauso wie der Verkehr. In der Tat streicht die Stadt Zürich immer mehr Parkplätze - in den nächsten Jahren sogar 6000 laut Medienberichten. Das ist nicht nur für die Marktfahrer schwierig, sondern auch für die Kunden. «Ein grosser Teil der Kundschaft kommt vom rechten und vom linken Seeufer und auch von der Stadt selbst mit dem Auto angereist. Sie machen den wöchentlichen Grosseinkauf auf unseren Märkten», sagt Petra Mörgeli.

«Wir sind auf ein gutes Einvernehmen mit der Stadt angewiesen und eigentlich sollte ein Nebeneinander von Märkten und Events möglich sein.»

Petra Mörgeli

Für die Stammkundschaft werde es immer schwieriger, einen Parkplatz zu finden. Wenn ein Anlass stattfindet, ist es geradezu unmöglich, einen Parkplatz zu erhaschen. Zudem sind meistens die Wochenmarkt-Aktivitäten eingeschränkt. «Wir sind auf ein gutes Einvernehmen mit der Stadt angewiesen und eigentlich sollte ein Nebeneinander von Märkten und Events möglich sein», hält Petra Mörgeli fest, und: «Wir sind flexibel genug, uns zu arrangieren und etwas einzuschränken. Aber was nicht geht, wenn ein Markttag wegfällt.»

Demos und Street Parade: Es gibt ein Nebeneinander

Ein gutes Nebeneinander gebe es bei der Street Parade, auch wenn die Standbetreiber ihren Platz etwas früher räumen müssen. Auch Demos seien eigentlich kein Problem. Die beginnen erst am frühen Nachmittag. Schwierig sei es mit dem «Züri Fäscht» am ersten Juli-Wochenende. Fällt der Markt auf dem Bürkliplatz und der Rasthausbrücke weg, reisst dies ein Loch in die Betriebskasse. «Das ‹Züri Fäscht› fällt auf die Zeit, wo wir Hochsaison bei den Beeren haben», sagt Petra Mörgeli. Einheimische und frische Beeren sind ja ein Renner im Verkauf. «Der Stadt ist zu wenig bewusst, dass das Einkommen aus dem Markt für alle Standbetreiber wichtig ist und wir davon leben», so die Vereinspräsidentin der Marktfahrer von Zürich.