«Meine Vision ist, dass in jeder Gemeinde mindestens auf einem Bauernhof Gemüse angeboten wird», sagt Anita Z’Rotz aus Ennetmoos. Sie bewirtschaftet zusammen mit ihrem Mann Martin von Holzen den nur 6,25 ha grossen Bauernhof Murmatt am Fuss des Stanserhorns. Die gelernte Schneiderin lebt seit zwölf Jahren auf dem Betrieb ihres Mannes und bezeichnet sich selbst als autodidaktische Kleinbäuerin im zwölften Lehrjahr.

Gemüseabo seit 2021

2013 wurde ein neu gebauter Spycher für Hofkulinarik eingerichtet, mit Verarbeitungsküche und Gastraum für bis zu 30 Personen, und 2014 der auf Bio umgestellt. Mit der Freude am Kochen habe sie den Wunsch gehabt, einen reichhaltigen Selbstversorgergarten anzulegen. Sie beide hätten aber weder professionelle Kenntnisse im Gemüsebau noch die nötigen Anlagen und Maschinen gehabt, sagt Anita Z’Rotz. Sie besuchte Kurse für «Solidarische Landwirtschaft» und setzte auf das Konzept «Market Gardening» für Gemüseproduktion auf kleinster Fläche mit hoher Flächeneffizienz und einfacher Technik.

Vorerst wurde das Gemüse nur für die Selbstversorgung und die Gastronomie auf dem Hof genutzt, seit dem Coronajahr 2021 werden Gemüseabos angeboten. Mit den Kunden wird Anfang Jahr ein Vertrag abgeschlossen, diese verpflichten sich dann zum Bezug von Gemüse. Die Gemüsekörbe werden ab Mitte Mai bis Ende November in die Haushalte geliefert. Die Preise schwanken je nach Haushaltsgrösse zwischen rund 700 und 1240 Franken, beziehungsweise sind es pro Korb 23, 33 oder 43 Franken während rund 30 Wochen. Wöchentlich werden die Kunden per Mail über den zu erwartenden Inhalt des Korbes informiert.

Gastro-Partner als Ergänzung

Anfänglich waren es rund 30 Kunden, inzwischen bereits 73, in einem Umkreis von rund 5 km. Die Bewältigung der Umwelteinflüsse sei anspruchsvoll, wenn Erntemengen und Qualitäten je nach Wetter schwanken. «Wichtig ist, flexibel zu bleiben und das Beste aus der Situation zu machen – und die Kunden dafür zu sensibilisieren», betont Anita Z’Rotz. Sie schätze denn auch die Zusammenarbeit mit dem Culinarium Alpinum in Stans als Gastro-Partner sehr. Das sei eine verlässliche Abnahme-Ergänzung zum Gemüseabo. Sie könne dem Küchenchef jeweils Anfang Woche mitteilen, was und wie viel Gemüse erhältlich sei. Der Gastro-Partner müsse seine Speisekarte an das Angebot anpassen und nicht umgekehrt, nur so hätten Kleinbetriebe Lieferchancen.

Der Gemüsebau habe heute auf der Murmatt einen sehr hohen Stellenwert neben der Hofkulinarik, wo ganzjährig im Schnitt wöchentlich für Gäste gekocht wird. Auf dem Betrieb werden acht Grauvieh-Mutterkühe gehalten, das Fleisch wird selber vermarktet. Aus dem kleinen Nebenerwerbsbetrieb sei heute dank des Aufbaus von Betriebszweigen mit hoher Wertschöpfung ein Vollerwerbsbetrieb geworden. Lediglich im Winter arbeite Martin von Holzen noch in Teilzeit auswärts. Neben der Betriebsleiterfamilie arbeitet eine Saisonangestellte mit und für die Spycher-Kulinarik hilft die Mutter von Anita Z’Rotz.

Anita Z’Rotz referierte letzte Woche am ersten internationalen Forum «Alp 24» am Culinarium in Stans. Dort tauschten über 100 Teilnehmer ihre Erfahrungen über Regionalprodukte als Entwicklungsmotoren für die alpinen Regionen aus und stärkten so die Zusammenarbeit im Alpenraum. Z’Rotz wies darauf hin, dass die Nachfrage nach lokalem Gemüse das Angebot übersteige und somit Potenzial biete. «Der kleinstrukturierte Gemüsebau ist für Nebenerwerbsbetriebe eine Chance auf mehr Wertschöpfung.»

Vor einigen Jahren erhielt der Betrieb Murmatt den Innovationspreis des Nidwaldner Bauernverbandes. Und seit 2021 unterstützt der Kanton den alpinen Gemüsebau im Rahmen der Förderung von Regionalprodukten, wie Andreas Egli, Leiter Landwirtschaftsamt, erklärte. Nidwalden bleibe zwar ein Graslandkanton mit Fleisch- und Milchproduktion. Der Pflanzenbau werde aber wichtiger, und aufgrund der Bedürfnisse der Konsumenten solle auch vermehrt Gemüse angebaut werden.

Konsumenten sensibilisieren

Andreas Egli und Anita Z’Rotz wiesen am Forum darauf hin, dass solche Projekte harmonisch und aufgrund einer effektiven Nachfrage wachsen müssten. Regionale Produkte böten in der Tat im Alpenraum ein grosses Potenzial für mehr regionale Wertschöpfung. Er habe am Forum aber den Eindruck gewonnen, dass primär auf der Abnehmerseite bei den Konsumenten anzusetzen sei, so Egli. Diese müssten für regionale Kreisläufe und nachhaltigen Einkauf stärker sensibilisiert werden. «Wenn die Bauern spüren, dass Kunden vorhanden sind, motiviert das zu einem Einstieg in neue Produktionszweige», meinte er.

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Beratung für Einsteiger

Gemüsebau werde in Nidwalden derzeit erst auf vier Hektaren bei einer gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche von 6000 ha betrieben. «Das bleibt eine Nische, und wir sind zufrieden, wenn es dann mal sechs Hektaren sind», erklärte Andreas Egli. Auf kleiner Fläche sei aber viel Wertschöpfung möglich, wie das Beispiel Murmatt zeige. Anita Z’Rotz wurde denn auch aufgrund ihres grossen Wissens und ihrer Erfahrung in Zusammenarbeit mit dem Culinarium vom Kanton beauftragt, weitere interessierte Bauernbetriebe beim Aufbau beratend zu begleiten.

Inzwischen hat Z’Rotz zusammen mit einer professionellen Gemüsegärtnerin bereits drei Coachings angeboten. Weitere Nidwaldner Betriebe bieten Gemüseabos an oder werden demnächst damit starten.

Degustationsmarkt und Wettbewerb mit 334 Regionalprodukten

Stans stand vom 8. bis 10. November 2024 ganz im Zeichen von Regionalprodukten. Am Freitag fand das internationale Forum «Alp 24» für nachhaltige Entwicklung im Alpenraum mit Regionalprodukten statt. Am Abend wurde vom Staatssekretariat für Wirtschaft und vom Bundesamt für Landwirtschaft zum zweiten Mal der «Cercle Regional» vergeben. Der Preis ging ins Tessin, wo Regionalprodukte erfolgreich in der lokalen Gastronomie verankert werden. Und am Wochenende fand im Culinarium in Stans ein öffentlicher Degustationsmarkt statt. Dort konnten die 2500 Besuchenden aus einer Auswahl von 337 alpinen Spezialitäten an 48 Marktständen, auch aus dem ausländischen Alpenraum, degustieren. Die Produkte von 100 Anbietern stammten neben der Schweiz aus Frankreich, Italien, Österreich und Slowenien.
Eine Fachjury zeichnete aus den 337 eingereichten Spezialitäten 95 hervorragende Produkte in fünf Kategorien mit Gold-, Silber- und Bronzemedaillen aus. Zusätzlich wurden bei der Preisverleihung am Samstagabend noch Excellence-Preise für das beste Produkt je Kategorie verliehen.

Die Gold- und die Excellence-Medaille in der Kategorie Milchprodukte erhielt die Käserei Bürg GmbH aus Buochs für ihren Sbrinz AOP. Drei weitere Produzenten aus Nidwalden holten Gold-Medaillen. So Gut’s Genuss GmbH aus Wolfenschiessen für das Engelberger Dinkelbrot; Hiäsigs aus Grafenort für Lardo, das weisse Gold vom Schwarzen Alpenschwein; Gastgeber-Team Peter Durrer AG aus Stans für den Sauren Stanser und Nidwaldner Edelsaft aus Oberdorf für die Nidwaldner Hopfen Schorle. Lukas Kilcher, Beirat der Stiftung Culinarium und Direktor der Agridea, äusserte sich begeistert zur Vielfalt der alpinen Produkte. Der Wettbewerb soll in zwei Jahren wieder durchgeführt werden.