Das Gewicht von Schlachtschweinen hat zugenommen. «Sie wurden stets schwerer, weil die Einkaufsbedingungen der Abnehmer gewichtsmässig nach oben angepasst wurden. Es entstand dadurch eine erhöhte Nachfrage nach schwereren Tieren, der die Produzenten nachkamen», erklärt die Anicom, Vermarkterin und Transporteurin für landwirtschaftliche Nutztiere, auf Anfrage der BauernZeitung nach den Gründen dieser Entwicklung. Schwerere Schweine rufen auch automatisch nach mehr Platz. Insbesondere auf den Schlachttransporten, wo die Tiere auf relativ engem Raum stehen. Ab dem 1. März sollen dieTransportfirmen für alle Label-Schweine von 90 bis 125 kg Lebendgewicht mit 0,48 m2 pro Tier disponieren, anstatt wie bisher mit 0,43 m2.

Ein Jahr im Test

Während eines Jahres soll nun diese von der Branche ausgearbeitete Sonderlösung auf deren Tauglichkeit getestet werden. Sie biete ganz eindeutig den Tieren einen Gewinn, heisst es beim Schweizer Tierschutz (STS). Die Branche, das heisst die Labelgeber von Coop, IP-Suisse, Migros Weide-Beef und Bio-Weide-Beef, Bio Suisse, Mutterkuh Schweiz, KAG Freiland und Lidl Terra Natura haben sich mit dem STS auf diese Lösung geeinigt. «Es handelt sich dabei um eine möglichst einfache Kompromisslösung», erklärt Cesare Sciarra, Leiter Kompetenzzentrum Nutztiere beim Kontrolldienst STS. Es sei gelungen etwas Kompliziertes mit einem einfachen Ansatz anzugehen. Denn die Mindestfläche von 0,43 m2 pro Tier, welche durch die Schweizer Tierschutzverordnung für den Transport von Mastschweinen bis 110 kg Lebendgewicht vorgegeben ist, reiche bei den heutigen Durchschnittsgewichten von gegen knapp 114 kg in der Regel nicht mehr aus. Für Schweine, die schwerer sind als 110 kg, müssten laut Verordnung 0,51 m2 Platz zur Verfügung gestellt werden.

Nicht voraus planbar

Für Disponenten und Chauffeurinnen sei es aber so gut wie unmöglich, beim Planen der Transporte und während des Verladens der Tiere festzustellen, wie schwer die Schweine nun tatsächlich sind und wie viel Platz genau zur Verfügung gestellt werden müsste. Nicht anders ergeht es den Kontrollpersonen. So sei es frühestens nach Erhalt der Schlachtabrechnungen erkennbar, ob die Flächen genügend gross waren oder nicht.

Mehr Sicherheit für alle

Die Transportfirmen erhalten laut STS eine gewisse Sicherheit bei der täglichen Arbeit, ohne dass jedes einzelne Tier vor dem Transport gewogen werden müsse. In den allermeisten Fällen sollen die Tiere auf diese Weise genügend oder mehr Platz haben, als gesetzlich vorgegeben. Lediglich in Einzelfällen könnte es vorkommen, dass den Tieren etwas weniger Platz zur Verfügung steht, als wenn man sie einzeln wiegen würde, ist man beim STS sicher.

Weniger Tiere pro Transport

Mehr Platz für die Tiere ist auch automatisch mit höheren Kosten verbunden, da die Anzahl Tiere pro Transport kleiner ausfällt. Die Frage, wer die Kosten schliesslich zu tragen habe, sei Gegenstand laufender Verhandlungen, die noch nicht abgeschlossen sind. «Für uns ist klar, dass weder der Transporteur noch der Vermarkter diese Kosten vollumfänglich übernehmen können», heisst es bei der Anicom. Obwohl noch nicht geklärt ist, wer die entstehenden Mehrkosten übernimmt, steht die Vermarktungsorganisation der Lösung grundsätzlich positiv gegenüber. «Der Vorteil ist die Klarheit auf sämtlichen Stufen. Produzenten, Disponenten, Chauffeure und Kontrolleure haben jetzt ein einheitliches Flächenmass», ist man bei der Anicom überzeugt.

Zufriedenstellend, aber…

Zufrieden mit der Lösung zeigt sich auf Anfrage auch PeterBosshard, Geschäftsführer des Schweizer Viehhändlerverbands. «Diese Lösung liegt sehr nahe an der Wahrheit», erklärt Bosshard, der die Transporte – aufgrund der gesetzlichen Regelungen –, aus-wertet. Denn durchschnittlich liegen die Gewichte der Label-Schweine so, dass pro Tier eine Transportfläche zwischen 0,46 und 0,48 m2 beansprucht wird. Auf die Frage, wie das Ganze kostentechnisch gelöst werden soll, sagt er: «Ich wehre mich dagegen, dass man das den Bauern abzieht.» Er bestätigt, dass derzeit Gespräche laufen, eine konkrete Regelung aber noch nicht feststeht. «Wir fahren auch einzeln mit den Schweinen in die Schlachtbetriebe, das muss einfach jemand bezahlen», erklärt Bosshard akzentuiert. «Schlussendlich ist das ein Wunsch des Konsumenten, also müssen wir diesen Mehraufwand auch dort in Rechnung stellen, nämlich auf dem Preis im Laden. Das ist das, was wir vertreten!», schliesst Bosshard.