«Auf einem kleinen Betrieb mit 20 Ziegen führt man die Gülle ja auch nicht mit einem 5 m3 Fass aus», meine Thomas Odermatt von der Firma Alsona in Beromünster LU in Anspielung auf sinnvolle und weniger sinnvolle Investitionen in PV-Anlagen und Batteriespeicher auf Bauernhöfen. Alsona ist ein Komplettanbieter für Energiekonzepte und Photovoltaik und lege Wert auf eine umfassende Beratung, ob solche Anlagen überhaupt wirtschaftlich seien. «Funktionieren und Rentieren sind nicht das gleiche», betonte Odermatt. So liege sicher keine Rendite drin, wenn in eine PV-Anlage investiert werde, wenn der Stromverbrauch jährlich weniger als 4000 Franken ausmache. Oder dann brauche es eine sehr hohe Vergütung des nicht selber benötigten Stromes.

Fassaden für Winterstrom

Odermatt sprach Ende März an der sehr gut besuchten Infotagung des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes (LBV) zum Thema «Stromgesetz als Chance für die Landwirtschaft».

Ab nächstem Jahr gilt aufgrund der neuen Stromverordnung für Anlagen bis 30 kWp ein Mindestvergütungspreis von sechs Rappen. Für Anlagen von 30 bis 150 kWp gilt die Formel 180/Leistung, somit Preise von 5,8 bis 1,2 Rp./kWh. Einige Energieversorger wie die Zentralschweizer CKW zahlen die vom Bund vorgeschriebene Mindestvergütung bereits ab diesem Jahr. Ab 1. Mai 2025 könnten grössere PV-Produzenten mit Anlagen über 150 kWp von der gleitenden Marktprämie profitieren. «Das ist ein grosser Vorteil, so werden die Investitionen wieder kalkulierbar», meinte Odermatt. Grosse Dächer über 750 m2 in der Landwirtschaft könnten so für PV wirtschaftlich interessant sein, zumal die Gestehungskosten des Stromes bei rund vier bis sechs Rappen pro kWh liegen.

Eigentlich gebe es keine schlechten Dächer für PV, sondern nur schlechte Stromkonsumenten mit tiefem Eigenverbrauch. Odermatt rief dazu auf, künftig auf die Winterstromproduktion zu setzen. Das heisst, beim Bauen wenig Vordächer zu machen, um eine Beschattung bei der Belegung der Fassaden mit PV-Modulen zu verhindern. «Wenn künftig dynamische Stromtarife eingeführt werden, wird die Winterstromproduktion sehr interessant.» Zur Optimierung des Eigenverbrauchs empfahl er Warmwasserspeicher für die Nutzung des Überschussstromes. Druckluft- oder Wasserstoffspeicher seien wegen hoher Kosten noch weit weg von einer Wirtschaftlichkeit und hätten auch schlechte Wirkungsgrade, ausser, wenn die Abwärme nutzbar sei.

Batterie je nach Situation

Auch Batteriespeicher seien gut zu überlegen und die Grössen an die individuelle betriebliche Situation anzupassen. Bei einem Jahresverbrauch von beispielsweise 80 000 kWh Strom mache ein 80-kWh-Speicher Sinn, allerdings brauche es dafür auch eine mindestens 80 kWp grosse PV-Anlage. «Eine Batterie sollte jährlich rund 240-mal voll geladen und entladen werden können.» Solche Speicher werden in einigen Kantonen noch bis Ende 2026 mit landwirtschaftlichen Subventionen gefördert. Odermatt geht aber davon aus, dass solche Speicher, richtig dimensioniert, auch ohne Förderung künftig wirtschaftlich werden.

Der Solarausbau sei auf gutem Wege, reiche aber nicht, und es brauche einen Mix, erklärte Simon Schärer von CKW. Andererseits führen die Produktionsschwankungen bei den erneuerbaren Energien dazu, dass sich die Überschüsse häufen und Stunden mit negativen Spotmarktpreisen zunehmen, das heisst für Strom bezahlt werden muss, wenn er ins Netz eingespeist wird. Im CKW-Versorgungsgebiet gilt ab diesem Jahr für die Energie ein Einheitstarif von 8,5 Rappen pro kWh, der Tag- und Nachttarif wurde abgeschafft. Neu wird aber ein Leistungstarif erhoben, damit soll «netzdienliches Verhalten» belohnt werden, erklärte Schärer.

Stromtarif und Vergütung

Zur schwankenden Rückliefervergütung verwies er auf die schwankenden Marktpreise. Tiefstpreise würden aber nun mit der vom Bund beschlossenen Mindestvergütung abgefedert. Zudem dürften Stromtarife nicht mit der Rückliefervergütung verglichen werden, zumal der Tarif auch die Netznutzung und Abgaben beinhalte. Der Energieteil beim Stromtarif liege bei 8,5 Rappen, die Rückliefervergütung lag 2024 im Schnitt bei 8,05 Rappen. Den PV-Produzenten riet er, in Energiemanagement-Systeme zu investieren, um Speicher, Wärme und Mobilität zu kombinieren. Zudem sollten Anlagen nicht auf Spitzenproduktion ausgelegt werden, sondern auf Randstunden, den Winter und für den Eigenverbrauch. Und konkret seien die neuen Möglichkeiten des Stromgesetzes zu nutzen, wie virtuelle Zusammenschlüsse für den Eigenverbrauch (vZEV) und ab nächstem Jahr lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEG). Schon ab 2026 könnten dynamische Stromtarife eingeführt werden, dann lohne es sich umso mehr, Produktion und Verbrauch selber zu steuern.

Lokale Stromvermarktung

Solarstrom wirtschaftlicher machen, das böten vZEV und LEG, erklärte Martin Schröcker von Fleco Power. Die Produzentenorganisation bietet Dienstleistungen für die lokale Stromvermarktung. Mit vZEV können mehrere Gebäude mit gleichem Netzanschlusspunkt zusammengeschlossen werden, Kosten für Netznutzung entfallen. Voraussetzung sei pro kW Produktion maximal 10 kW Verbrauch. Stromrechnung gibt es nur eine vom Netzbetreiber, die Aufteilung an die vZEV-Teilnehmer erfolgt individuell. Der Mehrwert sei bei vZEV deutlich höher als bei LEG, welche erst ab 2026 möglich sind. Bei diesen können alle Produzenten und Verbraucher innerhalb einer Gemeinde mit gleicher Netzebene zusammengeschlossen werden, für die Netznutzung gibt es bis 40 Prozent Rabatt.

Win-win-Situation

LEG könnten als Schutz vor tiefen Rückliefervergütungen hilfreich sein. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit sei, dass die Profile von Produktion und Verbrauch zusammen passen, Speicherbatterien könnten dafür hilfreich sein. Fleco Power berate beim Aufbau der lokalen Vermarktung und übernehme als Partner alle Verwaltungsaufgaben. Bereits arbeiten auch Landi und kantonale Bauernverbände mit dieser Organisation zusammen. Zusammengefasst seien die Vorteile der lokalen Stromvermarktung offensichtlich: Verbraucher profitieren von tieferen Strompreisen, Produzenten von höheren Vergütungen. Die Verteilung des Mehrwertes bestimmen die Beteiligten selber.

Streuströme sind Ausnahme, nicht Regel

Ein heikles Thema seien Streuströme, meinte Markus Rombach von Agridea. Solche Ströme seien weder fühl-, greif- noch sichtbar, die Anzahl Betroffener sei ungewiss und viele «Interessenvertreter» würden Unsicherheiten schaffen. Es sei aber in der Tat möglich, dass Teile des Betriebsstromes unbeabsichtigt einen Weg über Gebäude- und Anlageteile finden und die Gesundheit von Mensch und Tier beeinträchtigen könnten. «Streuströme sind die Ausnahme, nicht die Regel», betonte Rombach.

Häufig würden hohe Zellzahlen in der Milch auf Streuströme zurückgeführt. Die Thematik sei aber sehr komplex, die Ursachen könnten vielschichtig sein, wie Stallhygiene, Fütterungsfehler, mangelhafte Melksysteme oder Veränderungen bei den elektrischen Anlagen. Und weil es eben viel Unwissenheit, Vorurteile und Unsicherheiten gebe, wurde von Agridea die Plattform Streuströme geschaffen. Diese bietet Informationen, Unterlagen, Checklisten und ermöglicht Kontakte zu neutralen Experten, welche auf Betrieben Messungen von möglichen Streuströmen vornehmen. Das sei aber teuer, deshalb sollte bei Verdacht auf Streuströme vorher das Entscheidungsschema beachtet werden, welches auf der Plattform aufgeschaltet ist.

Auch PV-Anlagen würden gelegentlich für Streuströme verantwortlich gemacht. Vor dem Bau sollte das entsprechende Merkblatt auf der Plattform beachtet werden. Rombach betonte aber, dass korrekt installierte PV-Anlagen keine Streuströme verursachen. 

Weitere Informationen: www.agripedia.ch/streustroeme.ch