Ab dem 9. April sollten Schweizer Importprodukte in die USA mit 31 % Zoll belastet werden. Damit sei die Schweiz im Vergleich zu anderen US-Handelspartnern – etwa der EU – mit besonders hohen Zusatzzöllen konfrontiert, hielt der Bundesrat fest. Sowohl die EU als auch die Schweiz wollen das Gespräch suchen. Das ideale Verhandlungsergebnis wären keine Zusatzzölle, so Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Dann folgt die Kehrtwende: Die neuen Zölle werden ausgesetzt und während 90 Tagen gilt ein Universalzoll von 10 % für alle (ausser China). Vorherrschend bleibt die Unsicherheit.
11 Prozent des exportierten Käses
Die Anordnungen aus der Feder von Donald Trump treffen im Schweizer Agrarsektor insbesondere die Käsebranche. Laut Switzerland Cheese Marketing (SCM) sind die USA neben der EU der wichtigste Exportmarkt für Schweizer Käse. «2024 wurden 8774 Tonnen im Wert von 114'483'501 Franken in die USA exportiert», heisst es in einer Stellungnahme von SCM. Mengenmässig entspreche das einem Anteil von 11,1 Prozent und 15,3 Prozent des Werts der gesamten Schweizer Käseexporte.
Nicht nur Käse
«Hauptsächlich sind es Gruyère, Switzerland Swiss, Fertigfondue und Raclette, die in die USA gehen», erklärt Stefan Kohler, Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch (BOM). Ausser Käse werde Schweizer Milch in Schokolade und anderen verarbeiteten Lebensmitteln in die USA exportiert. Kohler zitiert Lorenz Hirt von der Vereinigung der Schweizerischen Milchindustrie, der von 9000 t Schokolade mit rund 1000 t Vollmilchpulver ausgeht, die nach Übersee kommen. «Dafür braucht es 7 Millionen kg Milch», rechnet Stefan Kohler vor. «Beim Käse ist rund 15-mal mehr Milchmenge betroffen.»
Sinkende Wettbewerbsfähigkeit und Nachfrage erwartet
Für SCM steht fest, dass die neuen Zölle den Export in die USA «mit Sicherheit stark erschweren» werden. Sie brächten eine spürbare Verteuerung im Zielmarkt, was die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Produkte schwächen dürfte. «Die Zollansätze für europäische Produkte, die mit Schweizer Erzeugnissen auf dem US-Markt konkurrieren, sind um 11 Prozent tiefer als jene, die der Schweiz auferlegt werden», sagt Paul Meier, Geschäftsführer von Fromarte. Der Effekt ist laut SCM für hiesige Käseexporte doppelt nachteilig, da die höheren Importzölle das Preisniveau für ausländische Ware in den USA generell anheben, was Inflationsdruck bedeute und die Kaufkraft der amerikanischen Konsument(innen) schmälere. «Höhere Preise auf der einen Seite und eine potenziell sinkende Nachfrage auf der anderen Seite», fasst SCM zusammen.
Mengen- und Preisdruck auf den Schweizer Milchmarkt
Hinzukomme ein verstärkter Importdruck aus der EU, fährt Paul Meier fort. «Insbesondere dann, wenn auch europäische Produzenten nicht mehr im bisherigen Umfang in die USA exportieren können.» Ein solches Szenario sei bereits nach dem Wegfall der Russlandexporte eingetreten. Auch Stefan Kohler sieht diese Gefahr: «Der Käse, der bisher aus der EU in die USA geht, könnte unter dem Preisdruck leiden und einen stärkeren Importdruck zu uns verursachen.» Aus Sicht von Fromarte bergen diese Faktoren ein erhebliches Risiko für spürbaren Mengen- und Preisdruck auf dem Schweizer Milchmarkt. «Wir hoffen, dass sich die Lage rasch klärt und der schlimmste Fall nicht eintritt», so Paul Meier. Dennoch müsse man sich des hohen Schadenspotenzials für die gesamte Wertschöpfungskette Milch bewusst sein.
«Man muss sich des hohen Schadenspotenzials für die ganze Wertschöpfungskette Milch bewusst sein.»
Paul Meier, Geschäftsführer Fromarte
Schweizer Käse auch anderswo weniger gefragt?
«Insgesamt ist es ein grosser Schaden, wenn 3 Prozent der Milchmenge einen neuen Absatzkanal finden müssen», bestätigt BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler. Noch nicht abschätzbar seien zudem die Folgen, wenn aufgrund der Entscheide in den USA der Welthandel insgesamt Schaden nehme und auch in anderen Ländern aufgrund einer Wirtschaftskrise die Nachfrage nach Schweizer Käse zurückgehe. Paul Meier und Stefan Kohler geben beide zu bedenken, dass neue Absatzmärkte als Ersatz für die USA nicht schnell aufgebaut werden könnten. «Jeder Wechsel ist mit Unsicherheiten verbunden und führt zu Preisdruck», schildert Kohler. «Wenn die USA ihr Vorhaben durchziehen, wird das sicher nicht ohne Schaden bleiben.»
«Wenn die USA ihr Vorhaben durchziehen, wird das sicher nicht ohne Schaden bleiben.»
Stefan Kohler, Geschäftsführer Branchenorganisation Milch
Zugang zur EU sichern
Umso wichtiger sei es, dass der Zugang zum wichtigsten Exportmarkt – der EU – sichergestellt bleibe, betont Paul Meier. «Ein Szenario, in dem dieser Zugang gefährdet ist, würde der Branche noch mehr Schaden zufügen.» Um dies zu verhindern, müssten die Verhandlungen zu den Bilateralen III mit der EU dringend vorangetrieben werden, schliesst Meier.
Der Bundesrat strebt nach eigenen Angaben eine Verhandlungslösung an. Es sind Gespräche mit den USA und die Koordination mit der EU geplant. Gegenmassnahmen sehe man derzeit nicht vor, da sie Importe aus den USA verteuern würden. Wichtig sei aber, dass die Schweiz nicht von etwaigen Gegenmassnahmen der USA getroffen werde, sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter vor den Medien.
Druck auf Schweizer Grenzschutz?
Eine Aussage von Seco-Chefin Helene Budliger Arteida an der Medienkonferenz des Bundesrates vom 3. April lässt aufhorchen. Man habe bereits zu 99,5 Prozent Null Zölle gegenüber den USA und daher entsprechend wenig anzubieten. «Es gibt aber noch einige wenige Positionen bei der Landwirtschaft, die man in einem Verhandlungsprozess anschauen könnte.» Das sei so gegenüber den USA kommuniziert worden. Seit Jahren signalisiere die Schweiz nach Übersee, dass sie sich ein Abkommen wünschen würde.
Im Schweizer Fernsehen nimmt Martin Rufer, Direktor des Schweizer Bauernverbandes, Stellung zu dieser Bemerkung. Da Donald Trump die Zusatzzölle auf Basis der Handelsbilanz der USA festgelegt hat, sei es sachfremd, bei der Schweizer Landwirtschaft anzusetzen. Laut SBV spielt der Schweizer Käseexport bei den Exportüberschüssen der USA nur eine vernachlässigbare Rolle. Zugeständnisse bei Schweizer Zöllen würden innenpolitisch schwierig, sagt Aussenhandelsexperte Stefan Legge von der Universität St. Gallen gegenüber SRF. Ihm zufolge ist es auch alles andere als sicher, dass solcherlei Kompromisse dann auch die erhoffte Wirkung seitens der USA hätten.
1