Seit Jahren wird den Detailhändlern vorgeworfen, auf Kosten der Bauern hohe Gewinne mit Fleisch zu erzielen. Nun hat Aldi Suisse die Preise gesenkt, und umgehend stand im «Blick», dass die IP-Suisse-Bauern darüber jubeln würden. Gefragt nach unserer Meinung hat man zwar nicht. Jubel oder Verrufen reicht einmal mehr nicht, die Lage ist komplexer und ist nicht einfach mit gut oder schlecht einzustufen.

Diese Preissenkung könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein; wichtig ist, dass der Druck nicht bei uns Bauern ankommt. Es ist aber auch ein Irrtum, zu glauben, dass sinkende Fleischpreise an der Verkaufsfront automatisch zu weniger Einnahmen für uns Bauern führen. Die Wertschöpfungskette muss transparent bleiben, und wir müssen aktiv mitwirken, um sicherzustellen, dass alle fair behandelt werden. Vertrauen allein reicht nicht, Kontrolle ist nötig. Nur so können wir sicherstellen, dass der Preisdruck nicht einseitig zu unseren Lasten geht. Durch enge Zusammenarbeit mit den Detailhändlern können wir dafür sorgen, dass die Interessen der Landwirte gewahrt bleiben.

Coop und Migros grösste Abnehmer

Auch der Einkaufstourismus spielt eine Rolle. Viele Schweizer kaufen Fleisch im Ausland, weil es dort günstiger ist. Eine Preissenkung könnte diesen Trend bremsen, was der heimischen Landwirtschaft zugutekäme. Wenn mehr Schweizer Fleisch verkauft wird, könnte das unsere Produktion sichern. Ob dies das Hauptziel der Preissenkungen ist oder ob es vor allem um Kundenbindung geht, bleibt jedoch offen. Sollte die Nachfrage nach Schweizer Fleisch steigen, wäre das ein wichtiges Signal.

Abo Die Ansage ist klar: Aldi Suisse will Marktvolumen gewinnen. Mit tiefen Preisen, schlanken Strukturen und langjährigen Partnerschaften mit den Bauern soll das gelingen. CEO Jérôme Meyer fordert die Landwirte auf: «Es ist wichtig, dass die Produzenten hart bleiben, auf ihre Preise und Qualität bestehen.» Detailhandel «Gute Qualität ist nur möglich, wenn die Bauern zufrieden sind» Friday, 20. September 2024 Coop und Migros sind weiterhin die grössten Abnehmer von Schweizer Fleisch. Sie bieten bereits viele Produkte an, die auf höheren Standards wie Bio oder IP-Suisse basieren. Diese Produkte haben ihre eigene Preisstruktur und stehen für mehr Nachhaltigkeit und Tierschutz. Genau hier setzt IP-Suisse an: Wir fördern alternative und nachhaltige Produktionsmethoden, die unseren Handelspartnern Wettbewerbsvorteile verschaffen. Konsumenten sind heute bereit, für Qualität und höhere Standards mehr zu zahlen.

Es geht um faire Zusammenarbeit

Ein interessanter Punkt ist auch das Sortiment. Während Aldi etwa 3000 Artikel führt, bieten grosse Migros-Filialen das Zehnfache an. Diese riesige Auswahl hat die Konsumenten verwöhnt. Vielleicht führt die Preissenkung dazu, dass auch die anderen Detailhändler ihr Sortiment straffen. Weniger, aber besser – das wäre ein Vorteil für Konsumenten und Produzenten.

Für uns Bauern bedeutet die Preissenkung Chancen, birgt aber auch Risiken. Wichtig ist, dass wir die Entwicklung aktiv mitgestalten, damit die Preisanpassungen nicht auf unsere Kosten gehen. Es geht nicht um Gewinner oder Verlierer, sondern um eine faire Zusammenarbeit. Transparenz und Kontrolle der Wertschöpfungskette sind essenziell, um sicherzustellen, dass niemand benachteiligt wird. Mitgestalten bedeutet auch Verantwortung übernehmen.

Ein nachhaltiger, fairer Markt liegt im Interesse aller. Nur durch partnerschaftlichen Dialog mit den Detailhändlern können wir sicherstellen, dass die Bauern als gleichwertige Akteure anerkannt werden. Gemeinsam können wir die Preissenkung so gestalten, dass sie allen Beteiligten zugutekommt – Landwirten, Händlern und Konsumenten.