«Die Produktpreise sind schon länger am Boden», sagt Michael Gautschi, Direktor von Holzindustrie Schweiz. «Und jetzt sinken langsam auch die Rundholzpreise, und zwar merklich.» Die Situation auf dem Schweizer Holzmarkt ist damit alles andere als erfreulich. Betroffen von den tiefen Preisen sei vor allem die Holzindustrie, aber zunehmend auch die Waldbesitzer. «Viele Sägereien haben Absatzprobleme», sagt Gautschi. Und weil ihre Vorräte noch gut gefüllt seien, bestehe derzeit «kein grosser Bedarf an sofort verfügbarem Holz».

Deutsche produzieren zu viel

Der Grund für die gesunkene Nachfrage und die tiefen Preise ist in den europäischen Nachbarländern, allen voran Deutschland und Österreich, zu suchen. Aufgrund der dort herrschenden Wirtschaftskrise wird kaum noch gebaut. Auch die in den letzten Jahren ausgebauten Überseemärkte, allen voran die USA und China, performen weniger als erwartet. Entsprechend tief ist die globale Nachfrage nach Bauholz. «Die grossen Holzindustrien haben aber einfach trotzdem voll weiterproduziert und grosse Mengen zu Tiefstpreisen auf den Schweizer Markt gedrückt», sagt Gautschi. «Erst jetzt nehmen einzelne Konzerne die Produktion etwas zurück.»

«Die Sägewerke wollen Schnittholz loswerden», sagt Heinz Engler, Geschäftsführer von Wald St. Gallen und Liechtenstein. Weil der Holzbau in der Schweiz noch laufe, drücke das Holz nun auf den hiesigen Markt. «Die Angebote sind zum Teil sehr günstig», so Engler. Dazu komme der Effekt des erneut erstarkten Frankens. Der Import von Holz werde dadurch im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um etwa 10 Prozent günstiger, schätzt Engler.

Viel Sturmholz aus Tirol

In Österreich sei die Situation ähnlich. Dort sei derzeit viel Sturmholz aus Tirol auf dem Markt, sagt Heinz Engler. Der grösste Teil davon bleibe in Österreich und werde von den dortigen Sägewerken aufgekauft. Dieses Holz gelange weniger in die Schweiz, allerdings hätten die durch das grosse Angebot an Sturmholz gesunkenen Preise in Österreich und Südtirol entsprechende Auswirkungen.

Lokale haben es einfacher

Den Produzenten empfiehlt Heinz Engler, auszuhalten und die Kundschaft dazu zu bewegen, weiterhin auf Schweizer Holz zu setzen. Es sei wichtig, den Abnehmern zu erklären, dass die Situation schwierig sei, man aber dennoch bewusst auf Schweizer Ware setze, sagt er. Die Herkunft Schweiz als Wettbewerbsvorteil: Funktionieren kann dies vor allem für kleinere Betriebe. «Lokale Betriebe mit einem guten Netzwerk, die auf Schweizer Holz fokussieren, haben weniger Probleme», sagt Michael Gautschi. «Ihre Ausgangslage ist eigentlich gut.» Oft würden solche Unternehmen von den Gemeinden bei Ausschreibungen berücksichtigt. Betriebe, die sich national und International orientieren und auf Massenproduktion setzen, seien den Verwerfungen am Markt dagegen stärker ausgesetzt, so Gautschi.

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Eine Entspannung scheint nicht in Sicht: «Wir gehen davon aus, dass die Situation 2024 dieselbe sein wird», meint Gautschi. Bisher gebe es in der Branche aber keinen Anstieg von Konkursen. Holzindustrie Schweiz habe Verbandsaustritte und Löschungen aus dem Handelsregister ausgewertet und keine Anzeichen dafür finden können. «Die Branche ist stabil unterwegs», sagt er. Dabei gibt es in der Schweiz eigentlich einen Mangel an Sägereiwerken. Die aktuelle Krise auf dem Markt werde darauf aber keinen grossen Einfluss haben, meint Heinz Engler. «Schwankungen gibt es immer wieder, der Markt wird wieder kommen», sagt er. Langfristig betrachtet habe der Holzbau in der Schweiz Zukunft und damit gebe es auch eine Nachfrage. Um diese mit Schweizer Holz decken zu können, brauche es langfristig mehr Einschnittkapazitäten.

Wichtige Industrie

Die Gründe für die Kapazitätsengpässe sieht Heinz Engler teilweise bei der Holzindustrie selbst. «Es läge an ihr, Investitionen zu tätigen.» Die Politik könnte hier helfen, wenn Bauverfahren vereinfacht würden und es weniger Einsprachemöglichkeiten gäbe. Bisweilen mangle es an Wohlwollen vonseiten der Gemeinden. «Man sollte nicht nur den Staub und den Lärm sehen, sondern die Bedeutung des Wirtschaftszweigs», sagt er.

Für viele Waldbesitzer dürfte die beste Strategie nun sein, ihr Holz stehen zu lassen. «Wenn 10 bis 15 Prozent mehr Schnittholz aus Deutschland kommen, braucht es weniger Rundholz aus der Schweiz», sagt Engler. «So gesehen ist das die richtige Reaktion, zu sagen, ‹solange der Preis nicht stimmt, mache ich auch nicht mehr Holz›.» Benno Schmid, Leiter Kommunikation und Politik bei Wald Schweiz, gibt dabei zu bedenken, dass es auch andere Gründe für die Waldpflege gibt: So sei ein gut gepflegter Wald stabiler. Dazu Engler: «Ein, zwei Jahre haben da keinen Einfluss.»