«Ich habe mich bewusst vor einiger Zeit dazu entschieden, auf Facebook und Instagram regelmässig über meinen landwirtschaftlichen Betrieb zu berichten. Dies macht mir bis heute Freude», erzählte Gastgeberin Rahel Osterwalder anlässlich des Ostschweizer Direktvermarkterstamms, der vor einer Woche auf ihrem Hof Waldau im thurgauischen Aadorf stattfand.

Vorhandene Kontakte bringen Startvorteil

Auf dem Programm der Abendveranstaltung, die unter anderem vom BBZ Arenenberg, vom Strickhof und vom Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen (LZSG) organisiert worden war, stand der Umgang mit den sozialen Medien im Fokus.

Eingangs führte Rahel Osterwalder die rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der ganzen Ostschweiz durch ihren Betrieb mit 19 Hektaren, den sie 2018 von ihren Eltern übernommen hatte. Nebst Mais, Getreide, Raps, Kunstwiese und Sonnenblumen baut sie verschiedene Beerenkulturen an, hält Schafe und investierte in einen mobilen Hühnerstall. Zudem hat sie einen Hofladen eingerichtet. «Anfangs war dies ein kleiner Kühlschrank, in dem gerade mal sechs Eierschachteln Platz hatten», erzählt die Landwirtin.

Landwirtschaft ist eine der fotogensten Branchen

Heute ist der Laden einige Quadratmeter gross und hat rund um die Uhr geöffnet. Im Angebot sind etwa Eier, Sirup, Brot und Konfitüren vom eigenen Hof sowie weitere regionale Produkte wie Joghurt, Teigwaren und Honig. Indem Osterwalder Fotos und Geschichten aus ihrem Betriebsalltag auf Facebook, Instagram und ihrer Website postet, erhalten mögliche Kunden einen regelmässigen Einblick. Der Vorteil sei, dass sie gut vernetzt ist, stellte die Thurgauerin fest: «Da ich durch frühere Auslandaufenthalte bereits zahlreiche Facebook-Freunde hatte, war es naheliegend, dieses Medium auch für meinen Betrieb zu nutzen.»

Laut Untersuchungen nutzen heute mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung regelmässig soziale Medien. 6,5 Millionen verwenden Whatsapp, 5,5 Millionen Youtube, 3,87 Millionen sind auf Facebook und 2,5 Millionen auf Instagram aktiv, wobei Letzteres vor allem von Jungen genutzt wird. «Ein hoher Anteil der Bevölkerung ist über diese Kanäle erreichbar. Davon kann auch die Landwirtschaft profitieren», sagte Véronique Keller vom Strickhof, die den Anlass moderierte.

«Es gibt viel Positives zu berichten»

Dies bestätigte auch Rahel Brütsch, die mit ihrer Familie einen Landwirtschaftsbetrieb mit Ölmühle bewirtschaftet und vor einem Jahr ein Kürbiskernkochbuch herausgegeben hat. Die Schaffhauserin betreibt bereits seit Jahren auf Facebook einen Businesskanal, hat eine Website mit einem Onlineshop für Kürbiskernöl und ist seit einem Jahr auch auf Instagram aktiv, wobei alle Kanäle miteinander verlinkt sind. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass auf dem Shop Bestellungen eingehen, sobald sie einen neuen Beitrag gepostet hat, beispielsweise ein neues Kochrezept. «Doch die sozialen Medien alleine bringen noch keinen Erfolg. Das Allerwichtigste ist die Begeisterung für das eigene Produkt», betonte Brütsch in ihrem Inputreferat.

Darüber hinaus empfehle es sich, auch generell gut vernetzt zu sein, nicht nur virtuell, sondern auch via persönliche Kontakte. Brütsch sieht in der Nutzung dieser Kanäle für die Landwirtschaft viel Potenzial: «Es gibt so viel Positives zu berichten.» Einen weiteren Aspekt brachte Peter Schäublin, Inhaber einer Werbeagentur aus Thayngen SH, ein: «Die Landwirtschaft ist eine der fotogensten Branchen.» Es seien aber nicht nur einfach schöne Bilder und Geschichten gefragt, sondern vor allem auch authentische. Dabei dürfe es auch gerne aussergewöhnlich und überraschend sein, das bleibe bei den Lesern und Zuschauern hängen. «Zudem ist es wichtig, dass darin Menschen vorkommen. Damit erreicht man einen höheren Rücklauf», so Schäublin.

Für Konsumenten ist auch Alltägliches neu 

Beim anschliessenden Erfahrungsaustausch wollte Véronique Keller wissen, welche Themen sich am besten eignen würden. Rahel Osterwalder meinte dazu: «Der landwirtschaftliche Alltag bietet viel Interessantes, das den Kunden unbekannt ist.» Rahel Brütsch empfahl, Alltagserlebnisse aufzuschreiben und Ideenlisten zu erstellen.

Wie lange sollen die Beiträge sein? «Knapp und knackig», antwortete Peter Schäublin, «am besten mit einem Bild im Mittelpunkt und einem Link auf die Website.» Zu beachten sei zudem, dass manches Motiv, welches für Bauern selbstverständlich ist, für Konsumenten neu und überraschend sein kann. Zeitaufwand? Brütsch gab an, täglich eine halbe Stunde für die Pflege der sozialen Medien zu verwenden, Osterwalder derzeit etwa eine Stunde wöchentlich.

Verschiedene Medien miteinander verlinken

Véronique Keller fragte ausserdem, ob es nicht einfach reiche, eine Website zu betreiben. Osterwalder erzählte, sie hätte mit Facebook angefangen und erst später eine Website erstellt. Diese sei jedoch mit Kosten verbunden, was sich nicht bei jedem kleinen Hofladen lohnt. Brütsch sagte, die Website sei für ihren Betrieb vor allem wegen dem Onlineshop wichtig. «Eine Website bietet mehr Fülle, Medien wie Facebook und Instagram dafür mehr Häppchen», fasste Schäublin zusammen. «Beides lässt sich gut miteinander verbinden.»

 

Tipps für Einsteiger

Dies sind Ratschläge der Referent(innen) für die Präsentation eines Betriebs in den sozialen Medien:

  • Begeisterung für die eigenen Produkte zeigen
  • Geschichten erzählen
  • Interessant sind auch Kleinigkeiten, Alltägliches
  • Beitragslänge: Kurz und knackig
  • Sich vernetzen und eine Community aufbauen
  • Auf Gegenseitigkeit setzen: Auch bei anderen liken und kommentieren
  • Bilder und Filme einbinden
  • Kosten minimieren: Möglichst viel selber machen, auch die Homepage. Die heutigen Webdesigntools sind nicht mehr nur für Profis.