«Alleine bin ich nichts», sagt Marcel Schenk am Küchentisch im bernischen Eggiwil. Mit seiner Frau Kathrin, seinem BruderAdrian und dessen Frau Sandra bewirtschaften sie den Geissschwand als Betriebsgemeinschaft.

Alp von Madame de Meuron

Die Eltern, die insgesamt sieben Kinder, zwei Lehrlinge und im Sommer zwei Angestellte helfen tatkräftig mit. Einen Namen haben sich Schenks mit ihrem Alpkäse und als erfolgreiche Viehzüchter gemacht.

Im Talbetrieb bewirtschaften sie 25 ha, auf der Alp Rämisgummen 5 ha LN, 1 ha Ökofläche und 140 ha Sömmerungsfläche. Die auf über 1200 Metern über Meer, direkt auf der Kantonsgrenze Bern-Luzern gelegene Alp ist die grösste im Emmental. Bis zu ihrem Tod gehörte sie der legendären Berner Patrizierin Madame de Meuron, heute zwei Urenkelinnen.

87 Bewerber(innen)

[IMG 2]Seit 2002 pachtet sie die Familie Schenk. «Wir haben damals unter 87 Bewerbern den Zuschlag erhalten. Gefragt war Alperfahrung, die mein Vater nach 20 Jahren auf einer anderen Alp mitbrachte», erinnert sich Marcel Schenk gerne zurück. Heuer feierte Jakob Schenk sein 40-jähriges Alpjubiläum. Gemeinsam hält die Familie Schenk aufdem Rämisgummen 50 Kühe, 35 Rinder, 30 Kälber, ein Stier, 65 Schweine, zehn Ziegen, zwei Pferde und einen Treibhund. Zusätzlich ist die Familie während 100 Tagen für 120 Sömmerungsrinder verantwortlich.

Die Personalsuche für die Alp und den Betrieb ist manchmal eine Herausforderung, aberin den letzten Jahren hatten Schenks viel Glück mit ihren Angestellten und Lehrlingen. Sie hoffen, dass sie auch in Zukunft gutes Personal für diese interessante Aufgabe finden.

Per Zufall Raclettekäse

Die Arbeitsteilung ist klar: «Wir bleiben hier auf dem Talbetrieb, mein Bruder Adrian, Sandra und ihre Kinder schauen auf der Alp, dass ‹der Töff louft›», erklärt Marcel Schenk. Marcel und seine Familie gehen regelmässig auf die Alp und helfen, wo es nötig ist. Adrian und Mutter Margreth Schenk sind fürs Käsen zuständig, Schwägerin Sandra macht dreimal wöchentlich Butter. Dies ergibt 1,2 Tonnen pro Alpsommer.

[IMG 3]

Neben dem Alpkäse, den Mutschli und Ziegenkäse wird seit letztem Jahr auch Rämisgummen-Raclettekäse produziert. «Der ist eigentlich aus einem Zufall heraus entstanden, wir hatten nach einem super Sommer bereits den ganzen Keller voller Alpkäse», sagt Kathrin Schenk. Der Raclettekäse ist in der Produktion aufwendig. Die Milch muss thermisiert und abgekühlt werden und dem Käse müssen spezielle Trockenkulturen und Lab zugeführt werden.[IMG 4]

Nach 18 Stunden kommt der Käse ins Salzbad und kann anschliessend eingelagert werden. Nach weiteren sechs Wochen mit regelmässiger Pflege kann man ihn essen. Die Käsepflege nimmt im Sommer viel Zeit in Anspruch. Im Herbst wird der gesamte Käse in ein Lager einer ehemaligen Käserei gezügelt und muss dort auch im Winter regelmässig gepflegt werden.

[IMG 5]

13 Tonnen Alpkäse

Ihren rezenten Alpkäse – heuer sind es 13 Tonnen – vermarkten Schenks ausschliesslich direkt. «Wir haben keinen einzigen Kunden im Internet», sagt Marcel Schenk nicht ohne Stolz. Mit der Direktvermarktung ist er zusammengerechnet eine Woche pro Monat beschäftigt. Vor der Auslieferung muss der Käse bereitgemacht und vakuumiert werden, dabei helfen Kathrin Schenk, die Schwiegermutter und der Lehrling mit.

Dann liefert Marcel den Käse auf drei unterschiedlichen Touren durch die Schweiz aus, er fährt bis nach Freiburg, Basel und Aarau. Zu den Kunden gehören Hofläden, Käsereiläden, Spezialitätengeschäfte, der eine oder andere Volg sowie eine Handvoll Private. «Man lernt immer wieder Leute kennen. Wenn ich einen interessanten Laden sehe, steige ich dort aus und frage, ob sie Interesse an unseren Produkten haben», erzählt Marcel Schenk.

«Es braucht Toleranz»

In den Ferien hätten sie manchmal Diskussionen, ergänzt Kathrin Schenk amüsiert, weil Marcel quasi noch auf dem Skilift Käse, Trockenwürste und Trockenfleisch an den Mann oder an die Frau bringt. Das Fleisch stammt von eigenen Kühen. Der gelernte Metzger schlachtet sie eigenhändig und wurstet auch selbst. Die Direktvermarktung bedingt eine gewisse Flexibilität von allen, gerade weil Marcel dadurch so viel abwesend ist.

Eine Woche Ferien pro Jahr und während dem Winter alle drei Wochen einen freien Sonntag – das ist etwas, was sich die beiden Familien dank der Betriebsgemeinschaft leisten können. «Die BG gibt uns gewisse Freiheiten, bedingt aber auch klare Abmachungen und viel Toleranz. Man darf nicht immer jedes Wort auf die Goldwaage legen», sagt Kathrin. Das sei nicht immer einfach, so die gelernte Floristin.

Nur ein Bord und ein paar Ziegen

Begonnen hat auf dem Geisschwand anno dazumal alles ganz klein. Hier stand früher nur ein Häuschen, ein Stall mit ein paar Geissen, die ein Bord zum Weiden hatten. Rundherum war unproduktives Hochmoor und Wald. «Mein Grossvater hat abgeholzt und drainiert. Das muss man sich mal vorstellen, alles von Hand und dann mit dem Pferd die schweren Steine raus schleppen. Eine Wahnsinnsleistung, für die man heute angezeigt würde», sagt Marcel Schenk.

[IMG 6]

EM für Fresslust

Heuer wurde das Land das dritte Mal drainiert. «Wir holen das Beste aus unseren Böden heraus», sagt er. Dafür wird der Mist am Haufen kompostiert, die Gülle mit dem Schleppschlauchverteiler ausgebracht und Übersaaten im Frühling fördern Gräser und verdrängen Kräuter.

Ausserdem setzen Schenks mit grosser Überzeugung Effektive Mikroorganismen (EM) ein. Jede Balle wird bereits auf der Presse eingesprüht. Darauf gebracht hat sie die Mutter des aktuellen Lehrlings, die EM im Garten einsetzte. «Wir sind jetzt im fünften Jahr und merkendie Erfolge unter anderem ander viel besseren Fresslust der Kühe», sagt Marcel Schenk zufrieden.

Es gehe ein paar Jahre, bis EM überall wirke, es gehe erst ins Futter, dann in die Kuh, dann in die Gülle und so wieder in die Böden. Auch Homöopathie setzen Schenks erfolgreich im Stall ein. «Auf meinen Verkaufstouren werde ich immer wieder gefragt, warum wir nicht Bio sind. Aber es geht mit so vielen Tieren auf der Alp nicht ganz ohne Antibiotika.»

Grösse vs. Ökologie

Der Widerspruch zwischen der Forderung nach mehr Ökologie und immer grösseren Betrieben ist es denn auch, der Schenksin der aktuellen Agrarpolitik manchmal Mühe macht.

Wenn Marcel Schenk unterwegs ist, sieht er sehr viele unterschiedliche Betriebe. Wenn er dann voller Eindrücke nach Hause kommt und die 50 eigenen Kühe im Anbindestall zufrieden im tiefen Stroh liegen, «kommt mir das schon etwas vor wie im Paradies».

Mehr zur Viehzucht der Familie Schenk lesen Sie bald in einem zweiten Artikel in der BauernZeitung.

Betriebsspiegel Geissschwand

Name: Marcel und Kathrin Schenk, Adrian und Sandra Schenk

Ort: Eggiwil BE

Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaare, Eltern, zwei Lehrlinge, im Sommer zwei Angestellte, Kinder helfen viel mit

Ackerfläche: 25 ha LN, Alp Rämisgummen mit 5 ha LN und 140 ha Sömmerungsfläche

Viehbestand: 50 eigene Kühe, 35 Rinder, 30 Kälber, ein Stier, 65 Schweine, zehn Ziegen, zwei Pferde, zwei Hunde, Kleintiere, 120 Sömmerungsrinder

Betriebszweige: Direktverkauf von Alpkäse, Trockenfleisch, Trockenwürsten, Milchproduktion (Aaremilch), Sömmerung, Viehverkauf