Ab Neujahr werden die Schlachttierkategorien bei Schafen und Rindern aufgrund des kalendarischen Alters festgelegt. Dies hat eine Überarbeitung der Preisabzüge und -zuschläge auf den Proviande-Wochenpreistabellen zur Folge.

RV gibt es nicht mehr

Einerseits entfällt bei den Ochsen OB und Rindern RG der Preisabzug für Tiere mit drei oder vier Schaufeln. Andererseits gilt der Zuschlag für Muni MA bis 600 kg Lebendgewicht wie bisher, wobei die Alterslimite bis zwei Schaufeln entfällt. Die Überprüfung der wirtschaftlichen Auswirkungen habe ergeben, dass die Produzenten aufgrund des Wegfalls der Kategorie Jungkühe RV über alles gesehen keinen Verlust erleiden, schreibt Proviande, womit sich auch eine Kompensation auf der Wochenpreistabelle erübrige.

Mit der Alterslimite von 420 Tagen für Lämmer LA ist es möglich, dass ältere Lämmer aufgrund der Tierseuchenverordnung beim Schlachten gespalten werden müssen. Um diese zu kompensieren, wird der Basispreis für Schafe SM ab Neujahr um 10 Rp. je kg Lebendgewicht und um 20 Rp. je kg Schlachtgewicht angehoben.

[IMG 3]

Abzüge für zu leichte Tiere

Auf den öffentlichen Märkten werden laut Proviande zunehmend auch untergewichtige und kleinwüchsige Tiere aufgeführt. Diese sind nur schwer abzusetzen, was namentlich bei Zuteilungen während der Übernahmeperioden für die betroffenen Händler zu Problemen führt. Um den Missbrauch der Schlachtviehmärkte für den Absatz solcher Tiere zu verhindern, hat die Kommission Märkte und Handelsusanzen folgende Anpassung der Gewichtsabzüge auf den öffentlichen Märkten beschlossen:

Kühe VK:

  • Die Gewichtsabzüge für Tiere mit weniger als 450 kg Lebendgewicht (LG) gelten neu für alle Fleischigkeitsklassen (heute nur für die Klassen A–X).
  • Gewichtsabzüge für Tiere mit weniger als 410 kg LG: 409–400 kg: –0.25 Fr./kg LG; < 400 kg: –0.50 Fr./kg LG

Jungvieh JB:

  • Neu gelten Gewichtsabzüge für Tiere mit weniger als 190 kg LG: 170–189 kg: –0.20 Fr./kg LG150–169 kg: –0.40 Fr./kg LG< 150 kg: –0.60 Fr./kg LG
  • Für JB mit 190–250 kg LG gibt es keine Gewichtsabzüge.

Konventionell gibt Abzug

Tiere aus konventioneller Produktion lassen sich kaum mehr absetzen. Deshalb gelte es auch hier, den Missbrauch der Schlachtviehmärkte zu verhindern. Deshalb wird der Preisabzug markant angehoben und auf alle Kategorien ausgeweitet:

Ab 1. Januar gilt für alle Rindviehkategorien aus konventioneller Produktion ein Preisabzug von Fr. 1.20 je kg LG.

Der Abzug für konventionelle Schafe wird ebenfalls für alle Kategorien eingeführt. Da in der Schafhaltung noch mehr konventionell produziert wird, erfolgt die Anpassung erst im Sommer, um den Produzenten Zeit zu geben. Ab 1. Juli gilt für alle Schafe aus konventioneller Produktion ein Abzug von Fr. 0.30 je kg LG.

Fehlt auf dem Begleitdokument das Label-Etikett, muss ebenfalls der Abzug für konventionelle Tiere in Kauf genommen werden.

«Sämtliche relevanten Daten sind auf der TVD ersichtlich»

Nachgefragt bei Stefan Muster ist Leiter des Geschäftsbereichs Klassifizierung und Märkte bei Proviande.

Warum werden die Schlachtviehkategorien neu nach dem biologischen Alter bestimmt?

Stefan Muster: Das Bestimmen des Alters auf den öffentlichen Schlachtviehmärkten war nicht mehr zeitgemäss. Das Aufreissen des Mauls entspricht nicht mehr dem heutigen Tierwohlstandard. Zumal diese Praxis gar nicht mehr notwendig ist, da sämtliche relevanten Daten auf der TVD ersichtlich sind. Das neue System wird dazu beitragen, dass faktisch keine Fehler mehr bei der Altersbestimmung passieren können.[IMG 2]

Gibt es Nachteile dieses Systemwechsels?

Jeder Systemwechsel hat Vor- und Nachteile. Ich denke aber, dass die Vorteile in diesem Fall überwiegen. Es ist in meinen Augen nicht zielführend, im Vorfeld eines Systemwechsels Nachteile zu suchen. Entscheidend wird sein, wenn wir Nachteile im neuen System feststellen, dass wir rasch handeln, damit wir eine Lösung im Sinne aller Beteiligten finden.

Was sind die Vorteile des biologischen Alters?

Die Bestimmung des Alters ist präziser. Bei lebendigen Tieren muss das Maul nicht mehr aufgerissen werden. Wir verwenden vorhandene Daten für die Altersbestimmung. Es werden im Bereich Banktiere Differenzierungen möglich, welche den einzelnen Kategorien besser gerecht werden. Es gibt bereits heute viele privatrechtliche Vereinbarungen, welche das biologische Alter anwenden. Es findet daher eine Harmonisierung im Markt statt. Wir konnten zudem die Kategorien SM 2 und RV streichen, die nur noch auf dem Papier vorhanden waren, aber in der Praxis nicht mehr angewendet worden sind. Dies führt ebenfalls zu einer Harmonisierung zwischen dem Handel von lebendigen und geschlachteten Tieren.

Was ändert konkret für die Produzenten? Wo müssen sie eventuell Schlachttermine anpassen?

Für 95 % aller Produzenten ändert sich nichts. Wir haben die Limiten bewusst so festgelegt. Es wird Einzelfälle geben, bei welchen die Produzenten ihre Produktionsform anpassen oder mit den Abnehmern privatrechtliche Lösungen vereinbaren müssen. Diese Praxis wird aber schon im bestehenden System angewendet. Denn auch das alte System konnte nicht allen Einzelfällen gerecht werden. Gerade dies ist aber eine der Stärken in der Wertschöpfungskette Fleisch, dass die Produzenten und Abnehmer Lösungen finden, welche über die Wochenpreistabellen hinausgehen.

Die Kategorie RV wird gestrichen. Was ist der Grund und wie wirkt sich dies finanziell aus?

Die Kategorie RV ist bereits heute eine «Papier»-Kategorie. Die Abnehmer haben zwar für diese Tiere etwas mehr bezahlt, konnten aber diese nicht zu einem Mehrpreis absetzen, da das Fleisch mit den Kühen zu Hackfleisch oder Wurstfleisch verarbeitet worden ist. Berechnungen, welche zusammen mit den Produzentenvertretern durchgeführt worden sind, haben gezeigt, dass es sich am Schluss für alle Parteien rechnet. Man streicht zwar die Kategorie RV, hat aber auf der anderen Seite die Kategorie RG angepasst, bei welcher der Produzent besser dastehen wird als heute.

Warum werden konventionelle Tiere an den öffentlichen Märkten neu mit Abzügen belegt?

Wir haben festgestellt, dass gerade in Übernahmeperioden vermehrt konventionelle Tiere auf die Märkte geführt worden sind. Da aber die grossen Schlachtbetriebe diese Tiere nicht mehr schlachten, war es für den Handel zunehmend eine Herausforderung, diese Tiere abzusetzen.

Was raten Sie Tierhaltern, die solche Tiere produzieren?

Ich bin überzeugt, die Produzenten wissen genau, was sie tun, und brauchen keine Ratschläge von mir. Proviande ist verantwortlich, dass die Bedingungen auf den Märkten attraktiv sind.

Interview Daniela Joder