Vor genau einem Jahr erreichte die Krise auf dem Schweizer Schweinemarkt ihren Höhepunkt. Die Nachfrage vermochte die Überhänge auf allen Stufen kaum mehr aufzunehmen. In letzter Sekunde konnten Tiere exportiert und eine Einfrieraktion initiiert werden. Die Lage hat sich seitdem entspannt. Noch immer aber ist die inländische Produktion zu hoch. Seit vergangenem Frühling ist der Berner Andreas Bernhard Suisseporcs-Präsident und somit höchster «Söieler». Und eingeführt wurde ein neues indexiertes Jagerpreismodell.
Andreas Bernhard, wie beurteilen Sie die aktuelle Situation im Schweinemarkt?
Andreas Bernhard: Der Markt ist ausgeglichen, aber nicht kostendeckend, wegen einem ungenügenden Schlachtsauenerlös. Solche Preisphasen sind insbesondere für den Zuchtbetrieb hart. Für bessere Preise ist der Markt zu gut versorgt. Die Inlandproduktion ist rund 5 Prozent zu hoch. Wir leiden unter einer anhaltend strukturellen Überversorgung. Nur wenn wir langfristig 90 Prozent des konsumierten Schweinefleisches produzieren, haben die Schweinehaltenden ihre Kosten gedeckt. Wir haben zu viele Zucht- und Mastplätze in der Schweiz.
Wie sieht Suisseporcs den Schweinemarkt über die Festtage?
Wie jedes Jahr haben wir reduzierte Schlachtungen über die Festtage. Konsumentinnen und Konsumenten können feine und preiswerte Schweinefleischprodukte geniessen. Aufgrund der Einstallungen wird ab Neujahr das Angebot an Schlachtschweine voraussichtlich ansteigen. Wir sind aber nicht in derselben Situation wie vor einem Jahr. Aus heutiger Sicht können die Schweine laufend geschlachtet werden, wenn sie von den Produzenten rechtzeitig verkauft und nicht zu schwer gemacht werden.[IMG 2]
Was heisst das konkret für die Mäster?
Es ist wichtig, dass die Schlachtungen durch die Produzenten etwas vorgezogen werden, um die fehlenden Arbeitstage auszugleichen. Sie müssen also ihre Schlachtschweine rechtzeitig anmelden und die Schlachtgewichte bereits jetzt um zwei bis vier Kilo senken.
Wie ist das neue, indexierte Jagerpreismodell angelaufen?
Die Einstallungen waren seit Anfang Oktober bedeutend höher als die Zielmengen. Der Einbezug von messbaren Indikatoren wird von den Schweinehaltenden begrüsst. Die Indexierung hat Preisschwankungen ausgelöst, welche logisch und erklärbar sind. Es wird sicht-bar, dass der Schlachtschweinepreis für die Erlösaufteilung zentral ist. Wichtig ist, dass die Schweineproduzenten die Preisfestlegung verstehen und erkennen, wie kostendeckende Preise möglich sind. Mitglieder und Gönner der Suisseporcs können das aktuelle Preisblatt jeweils am Dienstagmittag im Mitgliederbereich der Suisseporcs-Website abholen. Die Fachkommission Markt wird das Modell nach der Einführungsphase analysieren und wenn nötig Korrekturen vornehmen.
Braucht es weitere Instrumente oder genügt das indexierte Jagerpreismodell, um nachhaltig kostendeckende Schweinepreise zu haben?
Das können wir zum heutigen Zeitpunkt nicht beurteilen. Wir müssen weiterhin die Produktivitätssteigerung, den Konsum, aber auch den natürlichen Strukturwandel bei den Zuchtbetrieben beobachten.
«Schlussendlich entscheiden die Produzenten.»
Suisseporcs-Präsident Andreas Bernhard über weitere Markt-Massnahmen.
Suisseporcs als Produzentenverband erarbeitet intensiv Lösungen für einen gesunden Schweinemarkt. Sollte dies nicht dem freien Markt überlassen werden?
Der Zentralvorstand und die Geschäftsstelle sehen es als ihre Aufgabe, Überlegungen und Verbesserungsvorschläge zu machen. Nichts zu tun und die nicht kostendeckenden Preise einfach zu akzeptieren, wäre aus unserer Sicht falsch. Ideen müssen jeweils breit gestreut und die Diskussionen unter den Produzenten angeregt werden. Schliesslich entscheiden die Produzenten bzw. die Suisseporcs-Delegierten, welchen Weg man in Zukunft geht.
In der Branche sind bereits weitere Ideen für eine Gesundung des Marktes durchgesickert. Welche stehen aktuell im Vordergrund?
Einerseits sind wir an der Prüfung des Modells Stilllegung Zuchtschweineplätze, welches durch die Produzenten selbst finanziert werden soll. Allerdings zeigten die ersten Abklärungen, dass der Weg zum Ziel komplex ist und dass eine Umsetzung bis zu zwei Jahre dauern kann. Es lohnt sich also nicht, auf den Beitrag zu warten. Andererseits möchten wir mit Proviande im Frühjahr 2024 ein Branchentreffen organisieren, um die Möglichkeiten für eine Branchenlösung auszuloten.
Wird der Suisseporcs-Zentralvorstand über das weitere Vorgehen entscheiden?
Nein. Unsere Geschäftsstelle und die entsprechende Arbeitsgruppe werden dem Zentralvorstand die ausgearbeiteten Ideen und Vorschläge unterbreiten. Dieser wird entscheiden, welche Modelle und Massnahmen den Delegierten zum Beschluss vorgelegt werden. Für die Meinungsbildung werden wir im Februar in allen Regionen Informationsanlässe durchführen.
Bald ist Weihnachten. Was sind Ihre Wünsche für die Schweinebranche?
Es ist wichtig, dass die ganze Wertschöpfungskette den schrumpfenden Markt mitträgt; auch die vor- und die nachgelegte Stufe müssen ihren Beitrag zu einer konsumgerechten Produktion beitragen. Ob wir dies ohne jegliche Massnahmen, zum Beispiel mit einer finanzierten Stilllegung von Zuchtsauenplätzen oder mit einer Branchenlösung erreichen, wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Am Schluss entscheiden die Schweineproduzenten, auf welchem Weg wir in die Zukunft gehen werden. Bei einem langfristig rückläufigen Markt wünsche ich mir, dass Produzenten offen sind für neue Lösungen. Diese sollen selbstverständlich tragbar, effizient und effektiv sein müssen. Deshalb brauchen wir für die Meinungsbildung, Erarbeitung und Entscheidungsfindung die nötige Zeit.
Zur Person
Der 60-Jährige Andreas Bernhard aus Alchenstorf BE ist seit Mai Suisseporcs-Präsident. Anfang Jahr übergab er den Abferkel- und Mastbetrieb mit Ackerbau an Sohn Simon. Bernhard führte mehrere Jahre eine Landi, war Regionalpräsdient der Fenaco Mittelland und während zwölf Jahren Gemeindepräsident.