«Die Landwirtschaft hat nicht auf die Absenkpfade gewartet, um zu handeln», stellt Pierre-Yves Perrin klar. An der diesjährigen Qualitätstagung von Swiss Granum erläuterte der Geschäftsführer des Getreideproduzentenverbands, dass u.a. mit der je nach Kultur sehr hohen Teilnahme am Extenso-Programm viel zur Risikoreduktion durch Pflanzenschutzmittel (PSM) unternommen wird. Damit und durch die kontrovers diskutierte Streichung problematischer Wirkstoffe sei die Ziellinie einer 50-prozentigen Risikoreduktion beim Grundwasser bereits überschritten. Einen entscheidenden Einfluss habe hierbei der Verzicht auf Herbizide.
Nur ein Wirkstoff
In Bezug auf naturnahe Lebensräume und Oberflächengewässer schwankt das Risiko von Jahr zu Jahr. Es wird aus den Verkaufsmengen von PSM und wirkstoffspezifischen Werten berechnet, Massnahmen wie gesicherte Waschplätze oder Pufferstreifen fliessen mit ein. «In diesem Bereich gibt es nur noch einen problematischen Wirkstoff», so Pierre-Yves Perrin, «nämlich Lambda-Cyhalothrin.» Dabei handle es sich um ein Raps-Insektizid. Es gilt also, bei diesem Wirkstoff anzusetzen, wobei Perrin vom einfachen Streichen abrät: «Wir dürfen nichts überstürzen, sonst wird die Produktion massiv beeinträchtigt. Mengen und Qualität müssen gesichert werden.» Vielmehr soll ein weniger problematischer Wirkstoff Lambda-Cyhalothrin ersetzen, wofür Forschung und Zulassung gefragt sind. So könnten die PSM-Risikoreduktionsziele im Rahmen des Absenkpfads bis 2027 erreicht werden, gibt sich Perrin zuversichtlich.
«Das Reduktionsziel ist erreicht.»
Pierre-Yves Perrin, Swiss Granum, über die Risiken durch PSM fürs Grundwasser.
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Unrealistische Ziele
Schwieriger wird es mit dem Absenkpfad Nährstoffe. «Das Bundesamt für Landwirtschaft hat dazu ehrgeizige, ja unrealistische Ziele», findet der Swiss-Granum-Präsident. Die Branche ist aufgerufen, freiwillig Massnahmen zur Zielerreichung vorzuschlagen, was sorgfältiger Überlegungen entlang der ganzen Wertschöpfungskette bedürfe. «Und jede zusätzliche Massnahme muss mit einem Zuschlag auf dem Markt vergütet werden», betont Perrin. Es stehe viel auf dem Spiel, da etwa die Stickstoffdüngung einen Einfluss auf den Proteingehalt des Getreides und damit dessen Qualität habe.
Protein geht zurück
«2023 ist ein gutes Jahr für die Ernten und die Brotherstellung», fasst Sébastien Knecht von der Firma Richemont die Analyse- und Backversuchs-Ergebnisse zusammen. Weiterhin sei zwar ein leichter Rückgang der Proteinmenge zu verzeichnen, allgemein beurteilt Knecht die Backqualität des Schweizer Weizens 2023 aber als zufriedenstellend. Erfreulich waren die durchwegs historisch tiefen Mykotoxinwerte und dass kein Auswuchs festgestellt worden ist, worüber Susanne Bräunlich von Agroscope informierte.
Sie zeigte weiter auf, dass der Proteingehalt bereits seit 2016 sinkt. «Es ist kein genetischer Effekt», sagt die Forscherin, denn der Abfall zeigt sich bei verschiedenen Sorten gleichermassen. «Die Bedingungen zur Stickstoff-Aufnahme waren in den letzten Jahren nicht ideal», erklärt Bräunlich den Trend. Eine weitere, stetige Entwicklung lässt sich beim Mahlweizen in puncto Klassenverhältnis feststellen. «Angestrebt werden 40 % Top, 40 % Klasse I und 20 % Klasse II», erläuterte Thomas Weissflog, Swiss Granum. Im Moment gehe der Trend aber zulasten von Klasse I, was ein Ungleichgewicht mit knapp 60 % Top, 27 % Klasse I und 12,7 % Klasse II in der Ernte 2023 ergibt.
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Hoffnung auf Deklaration
Im Gegensatz zum Rapsöl, bei dem die Branche früh die Mehrwerte herausgearbeitet und mit Holl ein Alleinstellungsmerkmal gefunden hat, sei die Kommunikation beim Schweizer Brot schwieriger, so Pierre-Yves Perrin. Helfen soll die neue Deklarationspflicht von Brot im Offenverkauf, die voraussichtlich per 1. Februar 2024 eingeführt wird.
