Als Kind war ich oft dabei, wenn wir die Restaurants und Spitalküchen der Region anfuhren und dort Milchkannen voll «Söitränke» holten. Unsere Schweine waren noch das, was sie seit ihrem Zusammenleben mit dem Menschen immer waren, Restefresser. Wir Kinder hatten dann vor dem Kochen der Suppe die Aufgabe, das versehentlich hineingeworfene Besteck herauszusuchen oder hunderte von Jogurtbechern aufzureissen und in den Schweinetank zu kippen, wobei wir das eine oder andere auch noch selbst zum Zvieri assen. Die fertig gekochte Schweinesuppe roch, je nach Speiseplan der Restaurants, immer etwas anders, den Schweinen wars egal, ihnen mundete das Mahl hörbar.

Ich erinnere mich noch gut an unsere eine Sau, die gewichtsmässig in meiner Kindheitserinnerung näher bei Elefant als bei Schwein lag, jedenfalls füllte sie ihr kleines, mit viel Stroh eingestreutes Schlafhäuschen vollständig aus. Aber dort lag sie eh nur im Winter und zum Ferkeln, sonst schlief sie meistens draussen im riesigen Auslauf und manchmal sogar auf der Weide. Ungemütlich wurde es nur, wenn sie Ferkel hatte, da musste man jeweils die Beine in die Hand nehmen und über den Zaun verschwinden, wenn sie angerauscht kam. Waren die Jungtiere gross genug, zügelten sie in den Maststall und mit der Sau machten wir eine Fahrt ins Nachbardorf zum Eber.

Es hat sich viel geändert

Das alles ist heute nicht mehr denkbar, verboten, unrentabel. Die Schweinezucht wurde in den vergangenen Jahren durchrationalisiert wie sonst kaum ein Betriebszweig. Wer nicht Schritt halten wollte oder konnte, der blieb auf der Strecke. Schlachthöfe wurden grösser, die Lastwagen auch, kleine Schweineposten wurden unverkäuflich. Genormt von der Zeugung bis zum Kotelett, blieb keine Möglichkeit mehr für Vielfalt oder Mehrwert. Die Erhöhung der Produktivität vernichtet den Arbeitsverdienst, das wissen die Ökonomen, die Schweinebranche hat es in den vergangenen Jahren schmerzhaft erfahren.

Ein berühmter Schweineexperte, der heute den Ruhestand geniesst, eröffnete jeweils seine Referate mit den Worten: «Wo Schweine, da Scheine» und fügte dann auch gleich hinzu, man möge das nicht in der Zeitung schreiben, da es Begehrlichkeiten wecken könnte. Doch es war kaum zu übersehen, dass die Höfe, die Schweine hielten, tendenziell die etwas grösseren Autos und teureren Traktoren fuhren als andere. Mit grosser Zuverlässigkeit kam nach der preislichen Talsohle auch wieder der Scheinesegen. Und natürlich wurden sie irgendwann geweckt, die Begehrlichkeiten. Und so wurden die Ställe grösser, die Anzahl abgesetzter Ferkel pro Sau stieg und das Futter wurde immer ausgeklügelter, um die auf die Spitze getriebene Genetik noch bedienen zu können. Heute ist es so weit, dass sich gar eine Fütterung mit einheimischem Biofutter kaum mehr bewerkstelligen lässt.

In guten, aber nicht in schlechten Zeiten

Somit wurde aber auch weitgehend die Möglichkeit vernichtet, mit Schweinen einen Mehrwert zu erwirtschaften. Futter, Ställe, Genetik, alles ist genormt. Schweinefleisch ist immer günstig, wird tendenziell als ungesund wahrgenommen und wer es isst, der schaut mehr auf den Preis denn auf das Tierwohl. So schmolzen denn auch die Mehrpreise für Labelfleisch bald wie Schweineschmalz an der Frühlingssonne. In der Folge wird zwar in vielen Ställen Tierwohl produziert, verkaufen lässt es sich jedoch nicht. Doch die Schweinehalter wissen, Tierwohl dient auch den Betreuern und der Tiergesundheit. So verschwanden denn auch mit dem Verbot der Spaltenböden weniger Ställe als erwartet. Wer bis heute Schweine hält, der hat sich spezialisiert, hat sich mehrfach bewusst für die Schweinehaltung und die damit verbundenen Investitionen entschieden. Vielfach haben sich diese Betriebe auch in eine Abhängigkeit von Futterlieferanten, Handelsfirmen, Medikamentenherstellern und Genetiklieferanten begeben. «Wo Schweine, da Scheine» und davon wollen mittlerweile viele etwas abbekommen. In guten, nicht aber in schlechten Zeiten.

So ist denn die Reduktion der Produktion leichter gesagt als getan. Während früher das Mastchrömeli halt leer blieb und die Sau den Sommer auf der Weide verbrachte, sind heute Löhne, Hypotheken und Futterrechnungen zu bezahlen. Ja es kommt oft das gesamte Einkommen aus dem Schweinestall. Und die besseren Zeiten werden kommen, das ist sicher. Die Frage ist nur wann und ob es noch Betriebe gibt, die freiwillig aufgeben, oder ob es bis zum bitteren Ende geht.