In einer Medienmitteilung erhebt der Verein Faire Märkte Schweiz (FMS) den Vorwurf, unter dem Deckmantel einer Partnerschaft entstehe im Tessin gerade ein «Mühlen-Kartell». Die Groupe Minoteries SA (GMSA) und die Mulino Maroggia SA hätten in einer wettbewerbsrechtlich «hochproblematischen» Gebietszuteilung das Tessin untereinander aufgeteilt. FMS sieht den Wettbewerb in Gefahr, ebenso die regionale Produktion und Versorgung.

Es drohten ein Preisdiktat und mehr Komplexität statt der versprochenen Vereinfachung und schlankerer Prozesse. Man prüfe eine Anzeige bei der Wettbewerbskommission.

Bekenntnis zur Regionalität

«Wir möchten anmerken, dass FMS-Präsident Stefan Flückiger im Vorfeld seiner Veröffentlichung nie direkt mit uns Kontakt aufgenommen hat», sagt Esther Nussbaumer, Leiterin Kommunikation der GMSA auf Anfrage der BauernZeitung. Aus ihrer Sicht wirft dieser Umstand Fragen zur Sorgfalt und der Ausgewogenheit der Recherchen von FMS zum vermuteten «Mühlen-Kartell» auf.

Nussbaumer betont das Bekenntnis der GMSA zur regionalen Landwirtschaft und kurzen Lieferketten als Beitrag zu nachhaltigen Marktstrukturen. «Unsere Zusammenarbeit mit der Mulino Maroggia SA basiert auf einer sorgfältigen Analyse», versichert sie. Das Ziel seien optimierte Transportwege, die stärkere Verfügbarkeit regionaler Produkte und eine bessere Versorgungssicherheit für Kund(innen) in der Bäckereibranche. «Im Zentrum stehen für uns dabei stets die Qualität, Regionalität, Nachhaltigkeit und Kundennähe.»

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Beide Mühlen halten fest, trotz der Partnerschaft unabhängige Unternehmen zu bleiben. Zusammengearbeitet werde in den Bereichen Logistik, Produktion und Vertrieb. Die Koordination der Lieferungen erfolgt künftig über ein gemeinsames Logistikzentrum in Maroggia.

Die GMSA versorgt die Regionen Bellinzona, Riviera, Laventina und das italienischsprachige Graubünden, die Mulino Maroggia den Sottoceneri.

Statt Leerfahrten koordinieren

Es gebe aber keine Aufteilung der Kunden, sagt Alessandro Fontana, Inhaber der Tessiner Mühle gegenüber dem «Corriere del grano Ticino». «Wir haben einfach festgestellt, dass sie mit einem vollen LKW aus dem Norden kommen und mit einem leeren zurückkehren und wir umgekehrt.» Man habe zu 80 Prozent dieselben Kunden und habe sich daher nun gemeinsam organisiert: «Die GMSA geht zurück in den Norden und beliefert unsere Kunden mit unseren Produkten, die Mulino Maroggia tut dasselbe für die GMSA mit ihren Produkten im Sottoceneri», so Fontana. Die Lieferungen würden in einer einzigen Sendung zusammengefasst, was auch Ressourcen spare und die Umwelt schone.

Der Tessiner erhofft sich sogar, dass das in der Deutschschweiz geschätzte Vallemaggia-Brot aus regionalem Getreide künftig ganz im Südkanton hergestellt werden kann, statt das Mehl in der Innerschweiz zu mahlen. «So können wir die Landwirte ermutigen, mehr Getreide anzubauen.» FMS hingegen befürchtet, durch die Mühlen-Kooperation könnten Produktionsmengen verlagert oder zentralisiert werden, was durch schwindende Absatzmöglichkeiten die Existenz lokaler Getreideproduzenten gefährde.

Planet und Verkehr

Wenn Unternehmen aus demselben Sektor in dieser Weise zusammenarbeiten, könnten alle profitieren, ist Alessandro Fontana überzeugt. «Vielleicht sollte man daran denken, dass wir in einem verkehrsüberlasteten Kanton und auf einem Planeten leben, der nach Hilfe schreit», lässt er sich im «Corriere» zitieren.