Zufrieden kauend stehen die Kühe von Peter Hunkeler an diesem kalten, verschneiten Morgen am Fressgitter und fressen Heu. Kühe, Kälber, der Muni, alle strahlen sie eine Gemütlichkeit aus. Einzig die Schutzvorrichtungen an ihren spitzen Hörnern zeigt, dass sie doch auch Temperament haben können. Doch was diese Rasse am liebsten mag ist gutes Futter, Gemütlichkeit und Ruhe. Hunkeler hält nämlich die seltenen Wagyus, eine japanische Rasse, die für ihre exklusive Fleischqualität bekannt ist.
Nur das Beste
Die Masttiere sind in einem anderen Stall untergebracht. Bis auf einen jungen Ochsen, der den Frühling spürt, liegen auch hier die meisten Rinder gemütlich in der Tiefstreu und kauen. Das liegt am ruhigen Umgang, erzählt Peter Hunkeler: «Man kann schon schnell arbeiten, aber nicht um die Tiere rum. Da muss es ruhig zu und her gehen, ich will keine gestressten Tiere», betont er. Seit 2012 setzt er auf die Wagyu-Rasse, hat die Herde seither selbst aufgebaut und sich das Wissen rund um ihre Haltung und Vermarktung angeeignet. Bei der Haltung seiner Tiere ist ihm nur das Beste gut genug: «Wenn man erstklassiges Fleisch essen will, dann müssen drei Leute alles richtig machen, der Landwirt, der Metzger und der Koch», verrät Hunkeler seine Philosophie.[IMG 3]
Eigenes Bier
Das Futter produziert er auf seinem Betrieb im luzernischen Götzental selber. Gerste, Maiswürfel und Heu im Winter, den Sommer verbringen die kostbaren Fleischproduzenten auf der Weide. Einen Mischwagen gibt es trotz der rund 150 Tiere nicht. Die Komponenten werden einzeln nebeneinander vorgesetzt, so können sie fressen worauf sie gerade Lust haben.
Peter Hunkeler ist ein Macher, dessen Kopf voller Ideen ist, die darauf warten verwirklicht zu werden. So nutzte er die Corona-Zeit, um eine Bierbrauerei aufzubauen. In Japan werden Wagyu traditionell mit Bier verwöhnt. Nun bekommen auch die Rinder von Hunkeler Bier. Selbst gebraut. Aber natürlich ist es nicht dabei geblieben. Hunkeler füllt einen Teil seines «1. Schweizer Kuhbieres» für menschliche Biertrinker in Flaschen ab. Nebenbei hat er noch eine leicht zu recycelnde Harasse aus zwei Brettern erfunden: «Was nervt mehr als das Bier, das im Auto herumklimpert? Dieses Bier klimpert nicht,» betont er lachend.
Ein Erfindergeist
Sein Erfindergeist beschränkt sich jedoch keinesfalls auf das Bier. Auch seine Kuhställe kommen nicht vom Fliessband, sondern wurden den bestehenden Gebäuden und dem Tierwohl angepasst. Grosse, leicht zu reinigende Krippen, helle, gut belüftete Liegebereiche, riesige Laufhöfe, grosszügige Tiefstreu-Liegebereiche. So hat er eine Kratzbürste patentieren lassen, die den Tieren unten am Bauch krault: «Wo sind die Tiere schmutzig? Unten am Bauch und an der Seite, dort wo keine Kratzbürste hinkommt», so Hunkeler. So stehen in den Laufhöfen nun umgedrehte Kratzbürsten an denen sich die Tiere genüsslich den Bauch kraulen lassen. Diese Idee kommt offensichtlich an.
Gut Ding hat Weile
Die Wagyu sind eine spätreife Rasse. Mindestens acht Monate lässt sie Peter Hunkeler bei den Müttern saugen. Das bedingt, dass er Mutter und Kalb in den ersten Wochen vom Stier separiert, damit er sie nicht zu früh wieder deckt. Bis zur Schlachtung werden die Tiere dann mindestens drei Jahre alt und sind imposante Erscheinungen mit über 1000 kg und einem mächtigen Gehörn. Aktuell stehen zwei schlachtreife Ochsen im Stall. Geschlachtet werden sie erst, wenn alles an ihnen verkauft ist: «Was nützt es mir, wenn einer nur die Edelstücke will und ich das Hackfleisch nicht verkaufen kann?» fragt Hunkeler. Darum habe er einige Gastronomen auch etwas «erziehen» müssen. Es gebe halbe oder ganze Tiere und nicht nur die besten Stücke.
Vorwiegend Gastronomie
Mit Blick auf die schlachtreifen Tiere rechnet Hunkeler vor: «So ein Schlachtkörper bringt knapp 600 kg auf die Waage, der Preis je Kilogramm Schlachtgewicht liegt bei rund 30 Franken». Was das Fleisch so teuer macht, zeigt er wenig später an einem Stück Trockenfleisch, das eine perfekte Marmorierung aufweist. Das Fleisch der Wagyu gilt in der Gastronomie als Delikatesse. Es sind auch vorwiegend Gastronomen, die das Fleisch kaufen. Der private Konsum sei zwar mit der Schliessung der Restaurants gestiegen, er habe aber die Verluste in der Gastronomie nicht wett machen können. Dabei ist das Fleisch zwar teuer, aber sehr naturnah und nachhaltig produziert.
Nachhaltig bis zum Schluss
Seine Tiere lässt Peter Hunkeler in der Ürmetzg in Altdorf UR schlachten, einem Betrieb, der mit viel Leidenschaft das Fleisch verarbeitet. Die Vermarktung macht Peter Hunkeler über seinen Onlineshop. Und auch beim Versand der tiefgekühlten Ware hat er sich ein besonderes Konzept einfallen lassen. Die isolierten Kisten werden von den Käufern retourniert, somit fällt kein Abfall an. Als Kühlakkus werden tiefgefrorene Mineralwasserflaschen verwendet. Auf den edlen Holzkisten ist ein selbst entworfener Wagyu-Brand, auf dem Klebeband rund um das Paket steht selbstbewusst «Wir haben noch nie Mist verkauft!».
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Reinrassige Tiere
Peter Hunkeler verkauft, wovon er überzeugt ist und steht voll hinter seiner Produktion. Mittlerweile hat er seine Herde soweit aufgebaut, dass er auch Zuchttiere verkaufen kann. Nur reinrassige Wagyu, wie er betont. Zwar werde der Wagyu auch auf andere Rassen eingekreuzt. So könne zwar das Fleisch billiger produziert und angeboten werden. Wer aber die echte Delikatesse produzieren wolle, der brauche reinrassige Tiere und genügend Geduld, bis die ersten Tiere schlachtreif sind. Ausserdem braucht es ein nicht zu knappes Startkapital, denn die reinrassigen Zuchttiere sind rar und teuer. Aber Peter Hunkeler hilft gerne mit seinem Know-how denjenigen, die mit Wagyus beginnen wollen. Denn es könnten durchaus noch mehr Landwirte einsteigen, die Nachfrage nach dem raren Wagyu-Fleisch ist grösser als das Angebot.
Weitere Informationen: www.swiss-premium-wagyu.ch
Der Wagyu
Die japanische Rinderrasse liefert das teuerste Rindfleisch der Welt. Zwischen 1975 und 1997 wurden 220 Tiere vorwiegend in die USA exportiert. Die Population ausserhalb Japans stammt von diesen wenigen Tieren ab. Das Fleisch gilt als das Zarteste und Geschmackvollste. Das intramuskuläre Fett, das die Tiere einlagern, schmilzt bereits bei Zimmertemperatur und sorgt für ein besonderes Geschmackserlebnis.