Nur ein schwacher Sonnenstrahl schafft es durch die dichte Wolkendecke und streift die Spitze der Schangnauer Kirche. Oberhalb davon liegt der Biobetrieb von Christian und Sonya Egli-Aebischer. 1996 importierte Christian Egli-Aebischer zusammen mit vier anderen Landwirten die ersten Wasserbüffel. Der Praktikant des Nachbars hatte damals von den Büffeln aus seiner Heimat Rumänien erzählt. «Zuerst betrachtete ich die Idee, Wasserbüffel zu importieren als Witz», erzählt Egli-Aebischer und schmunzelt.
Import mit Hindernissen
Aber der ruhige Emmentaler wollte dieser etwas verrückten Idee nachgehen. Er organisierte sich und holte 15 tragende Wasserbüffelrinder und einen Wasserbüffelstier aus Rumänien in die Schweiz. «Das war nicht ganz einfach damals. Die Tiere mussten in Rumänien und in der Schweiz jeweils drei Wochen in Quarantäne», erzählt Egli-Aebischer und schaut gedankenversunken aus dem Küchenfenster. Sechs Tiere der ursprünglichen Herde wurden in der Schweiz mit der Infektiösen Bovinen Rhinotracheitis (IBR) diagnostiziert. Die Kälber, die nicht von den infizierten Muttertieren tranken, durften dennoch weiter aufgezogen werden.
Betriebsspiegel Bio-Büffelhof Rütti
Name: Sonya und Christian Egli-Aebischer mit Larissa, Leonie und Simon-Christian
Ort: Mittlere Rütti, Schangnau
Ackerfläche: 12,5 ha LN, davon 4,4 ha Pachtland. Zusätzlicher Anteil an der Gemeinschaftsalp Windbruch
Viehbestand: 9 Wasserbüffelkühe, 1 Zuchtstier, 2 Simmentaler, 6 Aufzuchtrinder, 5 Kälber
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Der Betrieb der Familie Egli-Aebischer liegt oberhalb des Emmentaler Dorfs Schangnau. (Bild sjh)
Die Käsereien wuchsen mit
Mittlerweile halten sieben Betriebe in der Region Schangnau BE und Marbach LU Wasserbüffel. Familie Egli-Aebischer setzt ihr Wasserbüffelfleisch hauptsächlich in regionalen Gastronomiebetrieben ab. Die Bergkäserei Marbach und die Hohgantkäserei Schangnau nehmen die Milch ab und verarbeiten sie unter anderem zu Mozzarella, Feta und Quark. Alle zwei Tage bringt die Familie die Frischmilch in die Käserei. «Die Käsereien haben – wie wir – klein angefangen und kreierten mit der Zeit ihr Erfolgsrezept», sagt Christian Egli-Aebischer rückblickend. «Am Anfang wurde aber sicher viel den Schweinen verfüttert», sagt er mit einem Schmunzeln.
«Am Anfang des Prozesses bekamen die Schweine sicher vieles ab.»
Christian Egli über die ersten Versuche der Mozzarella-Herstellung im Schangnau.
Schweizer Büffelmozzarella bleibt aber auch weiterhin eine Rarität: Obwohl die Zahl der Wasserbüffel seit dem ersten Import erheblich gestiegen ist, zählt die Tierverkehrsdatenbank nur rund 2000 Wasserbüffel in der Schweiz. Lediglich 20 Prozent der inländischen Nachfrage nach Büffelmilchprodukten werden mit Schweizer Ware gedeckt. «Büffelmozzarella ist ein stark saisonal nachgefragtes Produkt», betont Christian Egli-Aebischer. Über den Winter lagert die Familie die überschüssige Büffelmilch in einer Gefrierzelle auf dem Heuboden. «Die Leute essen im Winter einfach viel weniger Mozzarella», weiss der Landwirt. Das bedeutet auch, dass das Milchgeld hauptsächlich im Sommer reinkommt.
Weniger Simmentaler, mehr Wasserbüffel
Über die Jahre stellte Familie Egli-Aebischer ihren Betrieb auf Bio um, stockte ihre Wasserbüffelherde auf und baute gleichzeitig ihre Simmentalerherde ab. «Momentan haben wir noch zwei Simmentalerkühe, deren Milch wir für den Haushalt und zum Tränken der Kälber nutzen», erzählt Egli-Aebischer und rührt den heissen Instant-Kaffee in seiner Tasse.
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Die Büffelkälber werden mit Simmentalermilch getränkt. (Bild sjh)
Guter Preis, aber wenig Milch
Beim Stöbern auf Websites von Schweizer Büffelproduzenten begegnet man regelmässig der Aussage «Büffelhaltung lohnt sich». Mit einem aktuellen Büffelmilchpreis von rund 2,70 Franken pro Liter scheint dies einleuchtend. Es muss jedoch beachtet werden, dass Büffelkühe gemäss Swiss Herdbook nur eine durchschnittliche Milchleistung von 2500 kg pro Standardlaktation erbringen. Zusammen mit der ausgeprägten Saisonalität der Büffelmozzarella ist dies ein Grund, warum Familie Egli-Aebischer den 12,5 Hektaren grossen Biobetrieb als Nebenerwerb bewirtschaftet.
Sehr tiefe Tierarztkosten
«Die Büffel sind aber pflegeleicht und die Tierarztkosten stets sehr bescheiden», sagt Sonya Egli-Aebischer. Die Geburten laufen fast immer reibungslos und selbstständig ab, sagt das Betriebsleiterpaar übereinstimmend. Einzig das «Ausdrücken», also das Austreten der Gebärmutter durch die Scheide – medizinisch Uterusprolaps genannt – könne manchmal vorkommen. Dies bestätigen auch andere Wasserbüffelhalter. Auch der richtige Besamungszeitpunkt sei teilweise schwierig zu treffen, so der Landwirt. Daher laufe ein Stier in der Herde mit. Dafür ergänzte Familie Egli-Aebischer den Anbindestall im Jahr 2010 mit einem Laufstall. Das Zuhause der exotischen Bewohnern unterscheidet sich kaum von einem gewöhnlichen Milchviehlaufstall.
Der Name ist Programm
Allerdings müssen «Wasserbüffel ab einer Lufttemperatur von 25 Grad Celsius jederzeit Zugang zu Schatten und Wasser haben und sich in einem Bad oder einer Suhle abkühlen können», schreibt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Anstelle einer Suhle oder einem Bad könnten die Tiere auch geduscht werden, heisst es weiter.
Da die Büffel die diversen Abkühlungsangebote auch gern nutzen, machen sie ihrem Namen also alle Ehre. Auch das Scheren lassen sich die sanftmütigen Riesen nur ungern entgehen. «Die Büffel strecken und räkeln sich bei der Schur wohlig und schmiegen sich an deinen Körper», erzählt Sonya Egli-Aebischer – augenmerklich und verständlicherweise begeistert von ihren sanften Riesen.
Steckbrief Wasserbüffel
Wasserbüffel (Babalus bubalis) gehören der Gattung der Rinder an, sind auch Wiederkäuer, aber können nicht mit Kühen gekreuzt werden. In Europa ist der mediterrane Wasserbüffel weit verbreitet.
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Wasserbüffel sind zwar robust, aber empfindlich auf hohe Temperaturen. (Bild Conzales/Pixbay)
Milcheigenschaften:
- Eiweissgehalt 4,5 %
- Fettgehalt 8 %
- Tiefer Cholesteringehalt
- Milchmenge je Standard-
laktation 2500 kg
Melkbarkeit: gut
Trächtigkeit: 10–10,5 Monate
Zwischenkalbezeit: < 380 Tage
Erstkalbealter: 26–32 Montate
Charakter: Anhänglich, zutraulich, personenbezogen, manchmal störrisch, neugierig
Gesundheit: Sehr robust und anspruchslos, reagieren aber empfindlich auf Temperaturen über 25 Grad Celsius.
Schweizer Tierschutz vermeldet «alarmierende Zustände in ausländischen Büffelbetrieben»
Seit dem Aufdecken der «alarmierenden Zustände» in der ausländischen Büffelhaltung steht Import-Büffelmozzarella in Verruf. Ein Bericht des Schweizer Tierschutzes (STS) schilderte die ausländische Büffelhaltung:
- Wasserbüffel leben vorwiegend in Laufställen auf Spaltenböden. Nur jeder dritte Büffel in Italien hat Auslauf.
- Dokumentierte Fälle belegen, dass männliche Kälber teils verhungern oder in Gülle oder Flüssen ertränkt werden.
- Weibliche Kälber werden die ersten zwei Monate oder länger einzeln in Boxen und ohne Sichtkontakt zu Artgenossen aufgezogen.
In der Schweiz sind die Tierschutzanforderungen deutlich strenger, so der STS. Auch was die Schlachtung betrifft: «Wasserbüffel haben einen sehr starken Knochenbau. Zur Betäubung im Schlachthof genügt der Bolzenschuss nicht. Sie müssen mit der Kugel geschossen werden», schreibt der STS. Dafür muss der Schlachthof speziell für die Betäubung von Büffeln eingerichtet sein.
Importanteil rund 80 Prozent
Trotz den erheblichen Unterschieden in der Haltung ist der Import immer noch bemerkenswert. Die hiesige Büffelmilchproduktion hinkt der kontinuierlich steigenden Nachfrage nach. Nur rund 20% des Inlandbedarfs werden mit Schweizer Büffelmozzarella gedeckt.
Laut TSM Treuhand importierte die Schweiz im Jahr 2018 4896 t Mozzarella. Der Export betrug im Jahr 2019 786 t Mozzarella. Gemäss dem Geschäftsbericht von der Switzerland Cheese Marketing AG entspricht dies einem Exportanteil an der Produktion von 3,4%. Die inländische Mozzarella-Produktion belief sich im Jahr 2019 auf 23 22 t. Nach Gruyère AOP steht Mozzarella auf dem zweiten Platz der meistproduzierten Käsesorten in der Schweiz.
Branche arbeitet zusammen
Die Züger Frischkäse AG spielte in der hiesigen Büffelmilchverarbeitung eine zentrale Rolle. Mit einer Fünfjahresabnahmegarantie für die gesamte produzierte Menge lockte der Verarbeiter vor zehn Jahren interessierte Produzenten an. Auch garantierte Züger den Milchlieferanten einen festen Milchpreis. Die Bergkäserei Marbach-Schangnau bot Bauern finanzielle Unterstützung bei der nötigen Infrastruktur an, ist dem «Beobachter» zu entnehmen.