Einmal pflanzen, ewig ernten – so stellt man sich als Gärtnerin das Paradies vor. Mehrjährige Gemüsearten geben einen Vorgeschmack, wie so ein Paradies aussehen kann: Bei halbwegs guter Pflege kann man sie jahrelang ernten. Der Meerkohl Crambe maritima lässt sich sogar mehrfach nutzen: Ganz früh im Jahr erntet man die gebleichten Triebe, später die Blütenknospen. Wenn man ihn blühen lässt, hat man auch noch etwas für die Vase.
Von daher ist es eigentlich erstaunlich, dass dieses Gemüse in der Schweiz so wenig bekannt ist. Zumal der Anbau wirklich einfach ist. Nur die Aussaat ist schwierig, der Samen keimt oft gar nicht oder lässt sich ewig Zeit dazu. Doch dieses Problem kann man umgehen, indem man Jungpflanzen setzt. Wenn der Meerkohl einmal seinen Platz im Garten gefunden hat macht er sogar öfters Wurzelausläufer.
Ein Topf zum Bleichen
Im ersten Jahr muss man ihm noch das Unkraut vom Hals halten, später ist das nicht mehr nötig. Unter den grossen, welligen Blättern ist für das Unkraut kein Durchkommen. Im frühen Frühjahr, sobald die ersten Gänseblümchen blühen, fängt man mit dem Bleichen an. Dazu stülpt man einen grossen Topf, einen dunklen Kessel oder eine schwarze Mulchfolie über den Wurzelansatz.
Zwei bis vier Wochen später kann man die ersten gebleichten Triebe ernten. Sie kommen noch vor dem Grünspargel auf den Tisch. Der Geschmack ist schwer zu beschreiben – er erinnert nur entfernt an Kohl. Im ersten Jahr sollte man zurückhaltend ernten, in den Folgejahren sind aber bis zu drei Erntedurchgänge möglich. Nach der Triebernte lässt man den Meerkohl im Licht weiterwachsen. Die nächste Ernte folgt wenige Wochen später: Dieses Mal werden die Blütenknospen verwendet. Sie haben die Grösse von kleinen Brokkoli und können genau wie diese zubereitet werden.
Honigduft in der Luft
Meerkohl braucht viel Platz. Für eine einzelne Pflanze sollte man mindestens einen dreiviertel, besser einen ganzen Quadratmeter Platz reservieren. Idealerweise pflanzt man trotzdem mindestens zwei Pflanzen: So kann man abwechselnd mal die eine, mal die andere Pflanze in Blüte gehen lassen. Die Blüten sind nicht nur schön und bei Bienen beliebt, sondern duften auch süss nach Honig. In der Vase halten sie sich ein paar Tage. Wenn die Blüten verblüht sind, schneidet man die Blütenstängel ab und lässt den Meerkohl in Ruhe. Bis zum nächsten Jahr.
Meerkohl mag es gerne hell und sonnig. An den Boden stellt er keine grossen Ansprüche: Etwas sandig ist ihm zwar am liebsten, aber er wächst auch auf lehmigen Böden sofern sie einigermassen durchlässig sind. Sein Nährstoffhunger ist mittel: Er ist mit einer jährlichen Mist- oder Kompostgabe und ein paar Gutsch Brennnesseljauche nach der Ernte zufrieden.
Winterharter Meerkohl
Mit anderen Kohlgewächsen ist er nur entfernt verwandt. Er wird deshalb viel weniger von Kohlschädlingen und -krankheiten befallen. Meerkohl ist winterhart. Auch nach Wintern mit minus 20 Grad treibt er wieder aus. Ist er einmal etabliert, erträgt er sogar Trockenheit, obwohl ihm als ehemaligem Meeresküstenbewohner Feuchtigkeit lieber ist.
Es gibt ein paar Sorten, die sich in Farbe (weiss oder eher pinkfarbig) und Grösse unterscheiden. In der Schweiz muss man aber meistens froh sein, wenn man in einem Gartenfachgeschäft oder auf einem Setzlingsmarkt überhaupt Meerkohl findet. Um welche Sorte es sich dabei handelt, erfährt man meistens nicht.
Zwiebelröhrli für immer
Bei der Winterheckenzwiebel ist der Arbeitsaufwand sogar noch geringer als beim Meerkohl. Man muss sie nicht einmal bleichen, sondern kann fast das ganze Jahr hindurch Zwiebelröhrli von ihr ernten.
Entgegen dem Namen sind die Winterheckenzwiebeln nämlich weniger für die Zwiebelernte, sondern in erster Linie für die Ernte des Zwiebellaubs bestimmt. Die Winterheckenzwiebel Allium fistulosum ist sozusagen die winterharte Variante der Lauchzwiebeln. Die Pflanzen wachsen horstig und diese Horste können nach ein paar Jahren geteilt werden.
Kleine Zwiebelknollen
Dabei fallen die Zwiebelknollen an, die kleiner sind als die üblichen Küchenzwiebeln. Man kann auch immer wieder einzelne Zwiebelknollen ernten und so den Bestand ein wenig auslichten. Das Zwiebellaub ist dicker als Schnittlauch und dünner als Lauch, es kann wie beides verwendet werden.
Wie der Meerkohl brilliert auch die Winterheckenzwiebel mit einem frühen Austrieb. Im Frühsommer geht sie in Blüte, die Blütenknospen können ebenfalls gegessen werden, am besten roh, denn sie sind süsslich-scharf.
Wer das Knospenstadium verpasst, kann die Blüten später – kopfüber aufgehängt – trocknen und für Trockenblumengestecken verwenden. Oder sie frisch in Blumensträusse einarbeiten. Es wird kaum jemand bemerken, dass es sich da nicht um eine Zierpflanze, sondern um ein Gemüse handelt.
Wer sucht, findet Saatgut für Winterheckenzwiebeln im Internet, es gibt mit ‹Red Toga› sogar eine Sorte mit rötlich-violettem Stiel. Wer schneller zum Ziel, also den Zwiebelröhrli, kommen will, geht auf einen Spezialitäten-Pflanzmarkt und fahndet dort nach Setzlingen. Der Anbau ist leicht: Die Winterheckenzwiebel gedeiht eigentlich überall, auch auf nährstoffärmeren Böden und im Halbschatten. Sie kann bis zu 50 Zentimeter hoch werden und ebensobreite Horste bilden.
Ampfer mit zwei Namen
Beim Wort Ampfer schrecken viele Gärtnerinnen zurück. Vielleicht nannte man den Gemüseampfer Rumex patienta deshalb früher oft Mönchsrhabarber. Tatsächlich ist der Gemüseampfer mit dem Wiesenampfer, den Blacken, verwandt. Doch das Blatt vom Gemüseampfer ist zarter, sein Aroma milder und er enthält weniger Oxalsäure.
Wie bei Blacken sind seine Samen ausgesprochen keimfähig, beinahe jedes Samenkorn geht auf. Man
sollte ihn deshalb nicht in Blüte gehen lassen. Die Pflanzen wachsen schnell und wenn man sie einmal gepflanzt hat, wird man sie nur mit grosser Mühe wieder los. Es lohnt sich deshalb gut zu überlegen, wohin man ihn pflanzt. Gemüseampfer wächst auch im Halbschatten recht gut, das ist ihm lieber als die pralle Sonne.
Frühreif auf den Teller
Im Frühling und Herbst entwickelt er sich am besten. Im Sommer sollte man ihn in Ruhe lassen, da steigt der Oxalsäuregehalt an. Doch in dieser Zeit hat man ja auch anderes Gemüse zu ernten. Bevor Gemüseampfer in Blüte geht, oder wenn er einmal von Läusen befallen sein sollte, schneidet man ihn bodeneben ab. Der Neuaustrieb lässt nicht lange auf sich warten.
Gemüseampfer treibt sehr früh aus, oft schon im Februar. Man kann ihn deshalb lange vor dem ersten Spinat ernten und genau wie diesen zubereiten. Auch für Capuns und andere Gemüsewickel sind die länglichen Blätter ideal. Der Ertrag ist hoch, deshalb dürfte eine einzelne Pflanze für die meisten Haushalte reichen. Dünger macht ihn noch ergiebiger, trotzdem sollte man damit masshalten: Eine einzige Mist- oder Kompostgabe pro Jahr ist genug!
Der einzige Nachteil der Pflanze: Das Saatgut ist nicht überall erhältlich. Und vielleicht könnte man noch seinen hohen Platzanspruch bemängeln: Ein halber Quadratmeter ist das mindeste, was man ihm zur Verfügung stellen sollte. Aber dafür wird man jedes Frühjahr mit einer üppigen Ernte belohnt. Was will man mehr?