Während auf anderen Obstbaubetrieben die Apfelernte und das Mosten erst richtig losgehen, hatte Hans ­Oppikofer bereits anfangs Juli ­Saisonbeginn. Der Biobauer aus Steinebrunn TG presst kleine, grasgrüne Äpfel. Dementsprechend sauer ist der Saft, der aus der Mostpresse in den Tank fliesst. 

Vorwiegend Sauergrauech 

«Das ist Verjus. Ich verwende ihn beim Kochen als Zitronensaft- oder Weissweinersatz», erklärt Hans Oppikofer. Verjus heisst übersetzt «grüner Saft». In der Regel wird er aus grünen Trauben gepresst. «Auf den Verjus gestossen sind wir vor ein paar Jahren beim Durchblättern von Gastrozeitschriften. Wir dachten, was mit grünen Trauben geht, wird wohl auch mit grünen Äpfeln machbar sein», fährt er weiter. 

 

Verjus: Regionaler Zitronensaft

Bevor man bei uns die Zitrone kannte, wurde mit Essig oder Verjus gesäuert. Letzterer ist fruchtiger und lieblicher als Essig im Geschmack und kann überall, wo man Zitrone verwendet, eingesetzt werden. Besonders in der Spitzengastronomie ist Verjus beliebt. Im Privathaushalt ist er sicher eine spannende, regionale Alternative zum Zitronensaft oder wer es alkoholfrei mag als Weissweinersatz. 

Früher wurde der Saft auch als Verdauungs- oder als Heilmittel verwendet. Ausserdem wird Dijonsenf laut Originalrezept mit Verjus statt Essig hergestellt.

Rezept für eine Sauerkraut-Quiche mit Apfel und Verjus

 

Für seinen Verjus verwendet Oppikofer vorwiegend Sauergrauech. «Die Sorte trägt regelmässig, ihre Früchte haben eine angenehme Säure und sind nicht bitter. Zudem hat der Saft eine schöne rötliche Farbe.» Da dieses Jahr die Früchte in der Entwicklung 10 bis 14 Tage früher sind, mischt der Obstbauer für die Säure noch etwas Hord- und Schneideräpfel darunter. Für den Verjus pflückte er Früchte, die einfach zu erreichen waren, also vom Boden aus oder mit der kleinen Leiter.

Das Mosten in der DNA

Vor der Scheune, an der Sonne, hat Hans Oppikofer seine Mostpresse aufgestellt. «So schön das ist, es trocknet alles an.» Deshalb wird vor der Inbetriebnahme alles mit Wasser abgespritzt. Dann drückt er den Startknopf. Die Presse macht keinen Wank. Ein paar prüfende Blicke, dann ist der Grund gefunden: Eine Klappe bei der Mühle, die wie der
Zylinder einer riesigen Zyllis-Raffel aussieht, ist noch offen. Sobald sie geschlossen ist, rattert die Maschine munter darauf los.

«Die Presse ist relativ neu und hat deshalb einige Sicherheitsvorrichtungen. Sie stellt auch automatisch ab, wenn der Dosierkasten voll ist.» Wenn Hans Oppikofer an der Mostpresse hantiert, merkt man sofort, da steht einer, der hat das sozusagen in der DNA. Mit geübten Handgriffen macht er mit den Tüchern die Presspakete. Mehre tausendmal wird er dies während der Mostsaison, die bis November dauert, noch machen. 

Gute Saftaubeute

Auf dem Stapel mit den Presspaketen wechseln sich Holzroste und dünnere Chromstahlbleche unregelmässig ab. «Die Holzroste geben Stabilität, da sie weniger rutschen, und mit den Chromstahlblechen kann ich an Höhe und somit an Pressvorgängen einsparen. Bei grösseren Saftmengen macht das etwas aus», erläutert Hans Oppikofer das System. Noch vor dem eigentlichen Pressvorgang tropft bereits rege der Saft aus dem Stapel. 60 Prozent Ausbeute hat Oppikofer beim Verjus, also gar nicht viel weniger als beim Süssmost. Dort sind es 75 Prozent.

Testlauf zum Saisonbeginn

Die Presse drückt nicht etwa von oben nach unten, sondern genau umgekehrt. «Der Motor befindet sich unten an der Maschine, so tropft bei einem Defekt hundertprozentig kein Öl in den Saft», folgt die Begründung des Fachmanns. Nach einem einzigen Pressvorgang ist der Spass bereits vorbei. Zwischen 150 bis 300 Liter Verjus macht Hans Oppikofer jährlich. Den gewonnenen Saft pasteurisiert er und füllt ihn anschliessen in kleine Flaschen oder in Bag-in-Box von drei Litern. «Das Pressen des Verjus ist wie ein kleiner Probelauf. Ich kann schauen, ob bei der Presse alles funktioniert und allenfalls vor der Hauptsaison noch Tücher oder Pressbleche bestellen», meint der Obstproduzent, bevor er sich ans Reinigen der Maschine macht.

 

Hof Mausacker

Der Hof Mausacker ist seit mehreren Generationen im Besitz der Familie Oppikofer. Obstbau hat Tradition, dementsprechend alt sind einige der Hochstammbäume. ­Betriebsleiter Hans Oppikofer schätzt ihr Alter auf 150 bis 200 Jahre. Nebst Äpfeln und Birnen wachsen auch Kirschen und Zwetschgen auf dem Mausacker. Auf insgesamt 500 Bäumen finden sich 70 verschiedene Sorten. Letztes Jahr wurden 95 Prozent des Hochstammobstes auf dem Hof verarbeitet. 

Weitere Informationen unter: www.mausacker.ch