Ein stattlicher Riegelbau im Zürcher Weinland: Wo heute ein Treuhandbüro eingerichtet ist, wurden einst Tiere untergebracht. Wer eintreten will, tut dies noch immer durch die ursprüngliche, hölzerne Stalltüre. Als Klingel dient eine alte Glocke. Hier, im Stallteil ihres Elternhauses in Flaach, arbeitet Sara Fazan mit ihrem Team von fünf weiteren Frauen sowie einem Mann, ihrem Bruder Simon Brandenberger.
Als junge Frau im Welschland
Ihre berufliche Laufbahn begann die Bauerntochter mit einer KV-Lehre in der Landi. Im Anschluss daran zog es sie ins Welschland zu ihrem heutigen Mann. Ihre Begegnung war dem Umstand zu verdanken, dass ihr Bruder Boris einst gemeinsam mit Xavier Fazan die landwirtschaftliche Schule in Cernier NE besucht hatte. Sara Fazan, die damals noch Brandenberger hiess, absolvierte dort die Bäuerinnenschule, kam zurück in die Deutschschweiz und stieg bei der Treuhandstelle des Zürcher Bauernverbands (ZBV) ein, mit Ueli Maurer als Chef. «Das passte zu mir, Ich liebe Zahlen und bin kontaktfreudig», meint Fazan. Es folgten Weiterbildungen zur Agrotreuhänderin und Betriebswirtschafterin. 2007, nach zehn Jahren beim ZBV, machte sie sich selbstständig und gründete an ihrem Wohnort die Firma Opifer GmbH.
Im Mittelpunkt ist der Mensch
«Buchhaltungen sind das klassische Tagesgeschäft», beschreibt Sara Fazan ihr Arbeitsgebiet. «Darauf aufgebaut sind Beratungen, beispielsweise zu steuerlichen Fragen, Hofübergaben oder Pachtverhältnissen. Dabei interessiert mich immer auch der Mensch, die Bauernfamilie, das Gesamtkonzept des klassischen Familienbetriebs.» Viele Kunden betreut sie seit Jahren, zu den Familien sei eine Nähe entstanden.
Die Beratungen finden per Telefon, in ihrem Büro oder auf dem Betrieb statt. Nicht selten kommt auch Persönliches zur Sprache, immer öfters wird sie auch bei Konflikten hinzugezogen. Nicht unbedingt, weil diese häufiger auftreten, sondern weil man heute eher darüber redet, wie sie sagt.
Nur scheinbar ein einziger Ausweg
In solchen Fällen bietet die 47-Jährige ihre Rolle als Mediatorin an. Sie sieht darin ein grosses Potenzial, um Lösungen zu finden, und hat eine entsprechende Weiterbildung absolviert. Wird sie angefragt, sucht Sara Fazan mit den beteiligten Konfliktparteien den Kontakt, kommt zunächst mit den Einzelnen ins Gespräch, bevor sich alle an einen gemeinsamen Tisch setzen.
Selbst wenn die Geschichte verkachelt wirkt, sind Lösungen nicht unmöglich. Beispielsweise bei einem Generationenkonflikt, bei dem es scheinbar nur den Ausweg gibt, dass eine der beiden Parteien den Hof verlässt. «Manchmal kann die Vermittlung dabei helfen, es nochmals zu probieren und Verständnis füreinander aufzubringen», so die Mediatorin. Das Knifflige, in komplexen Situationen Lösungen zu erarbeiten, fasziniere sie.
Frauen sind heute selbstbewusster
Mediation kann auch präventiv von Nutzen sein. Etwa bei einer Hofübergabe, indem die Beteiligten ihre Wünsche, Ängste und Sorgen auf den Tisch bringen. «Häufig kommt der Anstoss dazu von den Jungen», stellt Fazan fest. «Diese legen heute auch vermehrt Wert darauf, sich gut zu informieren und vorzubereiten.» Das hänge nicht zuletzt auch damit zusammen, dass die Anforderungen und der administrative Aufwand für Landwirtschaftsbetriebe zugenommen haben.
Dazu kommt, dass Steuerrecht, Bodenrecht und Pachtrecht heute komplexer sind. Dadurch sei ebenfalls die Tätigkeit als Agrotreuhänder(in) anspruchsvoller geworden, aber auch vielseitiger. Um so wichtiger ist es laut der Unternehmerin, eine Ahnung davon zu haben, was Bauern beschäftigt. In ihrem Team haben alle einen landwirtschaftlichen Hintergrund.
In den gut zwei Jahrzehnten, seit Sara Fazan in der Branche tätig ist, hat sich die Rolle der Frau in der Landwirtschaft merklich gewandelt. «Früher stand die Bäuerin mehr im Hintergrund», so die Weinländerin. «Heute sind viele Frauen gut ausgebildet und treten selbstbewusster auf.» Wichtiges berede das Bauernpaar häufig gemeinsam, bei bedeutenden Terminen trete man zu zweit auf. Auch im Agrotreuhandbereich seien immer mehr Frauen tätig, wenn auch noch selten in leitenden Positionen. Nur ab und zu komme es vor, dass sich jemand für eine Hofübergabe explizit einen männlichen Treuhänder wünscht.
Frauenteam hat sich bewährt
Ist es Zufall, dass sie vor allem Frauen angestellt hat? Geplant habe sie das nicht, meint die Unternehmerin. Es sei so gekommen, weil sie Teilzeitpensen anbiete. «Ein Frauenteam hat sich jedoch bewährt», sagt sie. «Wir pflegen einen guten Austausch untereinander, was sehr bereichernd ist.»
Auch die Tatsache, dass alle Mütter sind, habe Vorteile. So sei Verständnis vorhanden, wenn zum Beispiel ein Kind zu Hause krank ist. Fazan ihrerseits hat eine Tochter im Teenageralter und arbeitet zwischen 60 und 80 Prozent. Zum Ausgleich pflegt sie den nahen Weinberg der Familie, hält einige Hühner und ist mit dem Hund unterwegs.
«Mediation hat ein grosses Potenzial.»
Sara Fazan, Agrotreuhänderin.
Tipps von der Treuhänderin
Sara Fazan gibt Ratschläge für eine gute Zusammenarbeit mit einem Agrotreuhandbüro:
Planung: Vorhaben (z. B. Hofübergabe, Steuerabschlüsse) frühzeitig planen und auf Treuhänder(in) zugehen.
Austausch: Der Kontakt mit dem Treuhandbüro muss sich nicht auf den jährlichen Buchhaltungsabschluss beschränken. Man darf gerne während dem Jahr anrufen und Aktualitäten besprechen.
Frauen: Sie haben oft ein grosses Wissen. Gerade die ältere Generation kann sich bei Gesprächen ruhig mehr getrauen, sich zu äussern und einzubringen.
Ängste: Auch Ängste dürfen angesprochen werden. Nicht immer sind sie begründet und oft finden sich dafür Lösungen.