Seit Anfang 2024 werden rund ein Drittel aller männlichen Bio-Küken aufgezogen. Bis im Herbst werde sich dieser Anteil auf über 50 Prozent erhöhen, teilte Bio Suisse am Montag an einem Medienanlass zum Ausstieg aus dem Kükentöten mit. 2021 hatte die Delegiertenversammlung der Bio Suisse beschlossen, diesen bis 2026 durchzusetzen. Bis Anfang Jahr erfolgte der Ausstieg in den meisten Fällen über den Weg der Bruderhahnaufzucht. Stand Anfang 2024 handelte es sich bei 90 Prozent der aufgezogenen Bio-Hähne um Bruderhähne.

Herausforderung für Betriebe

Da die Hähne der leistungsstarken Legehuhnrassen aber nur langsam Fleisch ansetzen, entsteht laut Bio Suisse nicht nur ein wirtschaftlicher Zielkonflikt. Zum Thema wird angesichts der Debatten um Klimaschutz und Nahrungskonkurrenz auch die Öko-Effizienz. Zwar fällt der Futterverbrauch der jährlich rund 500'000 Hähne angesichts der 80 Millionen in der Schweiz gemästeten Poulets kaum ins Gewicht, dennoch setzt Bio Suisse aktuell verstärkt auf das Zweinutzungshuhn als mögliche Alternative zur Bruderhahnaufzucht.

Für die betroffenen Betriebe ist die Umstellung eine Herausforderung. «Bio-Bäuerinnen und Bauern, die neuerdings Zweinutzungshühner halten oder Bruderhähne aufziehen, betreten Neuland», sagt Bio-Suisse-Sprecher David Herrmann. «Sie arbeiten mit neuen Tieren, die sich anders verhalten und andere Bedürfnisse haben». Die Bio-Eierproduzenten müssten sich ebenfalls mit veränderten Bedingungen zurechtfinden und ihre Kalkulationen anpassen.

«Etwas Pioniergeist»

Um die Mehrkosten abzufedern, werde auf Bio-Betrieben immer häufiger der verlängerte Umtrieb praktiziert – statt einem Jahr bleiben die Legehennen 18 Monate und länger auf dem Hof. «Diese verlängerte Amortisation ist wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll», so Bio Suisse. «Es braucht etwas Pioniergeist», sagt Sonja Müller, Leiterin Beschaffung bei der Ei AG, die mit der Zweinutzungsrasse Lohmann Dual arbeitet.

Gallo Suisse folgt

Bio Suisse unterstützt die Umstellung mit Kommunikation und Werbung unter dem Label «Hahn wie Henne». Damit werde sichergestellt, dass «die Vorteile des Bio-Eis mit der Knospe rasch erkannt» würden, so die Mitteilung. Das Fleisch gehe vor allem in die Verarbeitung zu Nuggets, Bratwürsten oder Geschnetzeltem. Nicht nur bei Bio Suisse ist der Ausstieg aus dem Kükentöten Thema. Der Branchenverband Gallo Suisse will Ende August über eine Branchenlösung informieren.

 


«Bei den Hybriden gab es viel mehr Abgänge»

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Christian und Rita Gerber-Breitenstein halten auf dem Egghof in Oltingen BL 2000 Dual-Legehennen für den Abnahmepartner Ei AG. Gebaut wurde der Stall 2022. Die Idee zur Eierproduktion sei im Rahmen der Umstellung auf Bio gekommen, sagt Christian Gerber, der mit seiner Frau daneben noch Milchwirtschaft mit 32 Milchkühen, sechs Mastkälbern und Aufzucht sowie Ackerbau und 287 Hochstammobstbäumen betreibt.

In diesem Jahr probieren sie es mit dem verlängerten Umtrieb. «Wir waren etwas spät dran», erklärt Gerber die Gründe. Nun hofft er, dass die Produktion der Hennen in der wichtigen Vorweihnachtssaison nicht allzu stark absackt. Denn die Herde habe ihren Peak bereits überschritten. Er setzte darauf, dass die Kurve relativ flach zurückgehe. Ein Vorteil beim verlängerten Umtrieb sei, dass der Stall weniger oft mit dem Hochdruckreiniger geputzt und desinfiziert werden müsse. Das nächste Mal so weit ist es voraussichtlich vor Weihnachten. Im Januar empfangen Gerbers dann die neue Herde. Anstatt einheitlich braun werden die Legehennen bunt gemischt sein. «Die Farbe hat gegenüber den anderen Zuchtzielen keine Priorität», sagt Sonja Müller, Leiterin Beschaffung bei der Ei AG.

Die Genetik der Rasse werde ständig weiterentwickelt. Ziel seien gute Resultate sowohl bei der Legeleistung als auch beim Fleischzuwachs, ausserdem eine lange Nutzungsdauer. «Das Aussehen hat demgegenüber keine Priorität», sagt Müller. Er sei immer noch dabei, Erfahrung zu sammeln, so Gerber. Ein Vorteil der Dual-Legehennen sei die Robustheit. Zuletzt hatte er eine gemischte Herde. «Bei den Hybriden gab es viel mehr Abgänge», erzählt Gerber.