Landwirtschaftliche und Umweltverbände stehen sich auf verschiedenen Schauplätzen zunehmend feindlich gegenüber. Jüngstes Beispiel ist die Absage an eine Notfallzulassung von Gaucho, um die Viröse Vergilbung bei Zuckerrüben in den Griff zu bekommen. Die Rübenbranche sieht gelb, Pro Natura und Bird Life begrüssen den Entscheid. Ähnlich steht es beim Jagdgesetz, wo sich der Bauernverband nach der knapp verlorenen Abstimmung unversöhnlich zeigt und nicht bei der «Behebung des Eigengoals der Umweltverbände» beteiligt sein will. Derweil erscheinen die politischen Vorstösse des früheren Nein-Komitees zahnlos und beinhalten nicht wie versprochen einen Ansatz für eine verträgliche Wolfsregulierung. Unstimmigkeiten über finanziellen Mittel hinter der Nein-Kampagne verhärten die Fronten weiter.

Ein Gefühl von Ungerechtigkeit 

Es ist nun mal so, dass die Arbeit von Umweltverbänden Landwirtinnen und Landwirten Kosten und Aufwand bescheren, teilweise sogar ihre bisherige Existenz bedrohen. Schafhalter fühlen sich im Stich gelassen, weil sie ihre Tiere zeitintensiv und kostspielig schützen müssen. Rübenbauern müssen Ertragseinbussen und tiefere Zuckergehalte hinnehmen. Für beides bezahlen weder Pro Natura noch Bird Life, obwohl sie mit ihrer Haltung und ihrer Lobbyarbeit dazu beigetragen oder zumindest die einfachste und kurzfristigste Lösung (den Wolf abschiessen und die Rüben mit Gaucho schützen) bekämpft haben. In die Bresche springt der Bund mit Direktzahlungen. Das Gefühl von Ungerechtigkeit bleibt.

Umweltverbände sind auch selbst aktiv

Daran, dass Umweltverbände eine klare Haltung zum Schutz von Biodiversität und Ökosystemen vertreten, ist eigentlich nichts auszusetzen. Sie engagieren sich damit für etwas, das nicht selbst seine Stimme erheben kann und essentiell für unser Überleben ist. Ausserdem engagieren sie sich auch mit eigenen Projekten, statt nur Forderungen zu stellen. Pro Natura etwa setzte sich dafür ein, dass es überhaupt Direktzahlungen für ökologische Ausgleichsflächen gibt und hat zusammen mit Bird Life den Verein Hochstamm Suisse gegründet. Aber ihre Öffentlichkeitsarbeit ist oft darauf ausgerichtet, gesellschaftlichen Druck für ihre Anliegen aufbauen. Es sollen möglichst viele Leute den Appell «Agrarlobby stoppen» unterschreiben, das Jagdgesetz, das «tötet statt schützt» ablehnen oder die Biodiversitäts-Initiative unterstützen, um «die Insekten zu retten».

Direkt mit den Bauern reden

Statt auf Plakatwänden mit vereinfachten Botschaften die Landwirtschaft an den Pranger zu stellen, könnte man die berechtigten Anliegen des Umweltschutzes schneller und zielführender angehen, wenn man sich direkt mit den Betroffenen in Verbindung setzen würde. Wenn die Umweltverbände die «Agrarlobby» anklagen und sagen, sie seien nicht gegen sondern für Bäuerinnen und Bauern, wieso nicht mit den kantonalen Bauernverbänden in Kontakt treten, statt die langsam mahlenden Mühlen der Politik zu bemühen und doch nicht weiterzukommen? So wären Spendengelder effizienter eingesetzt.  

Mehr Glaubwürdigkeit für beide 

Vertuschung ist hier nicht das Ziel, Probleme wie das Insektensterben sollen öffentlich angesprochen werden. Aber bitte mit den nötigen Zusammenhängen, statt einzelnen Schlagworten wie «Pestizide». Eine gemeinsame Kommunikation würde die Glaubwürdigkeit von Bemühungen aus der Landwirtschaft für mehr Umweltschutz stärken, aber auch das angeschlagene Ansehen und von Pro Natura und Co. bei den Bauern könnte profitieren.

Die Lösungsfindung wird blockiert

Umweltschutz und Landwirtschaft dürfen keine Feinde sein. Vom Gezänk profitiert keine Seite, das kostet vor allem. Und zwar neben Geld auch Ansehen und die Bereitschaft, auf die Anliegen des jeweils andern einzugehen. Dann endet es so, dass die Suche nach Lösungen aus Trotz oder Beleidigung blockiert wird und beide Seiten auf eigene Faust eine Mehrheit zu gewinnen versuchen. Am Schluss sind alle Beteiligten unzufrieden und ein Abstimmungskampf artet zur argumentativen Schlammschlacht aus, bei der die Interessen der Direktbetroffenen unterzugehen drohen. 

Es bleibt dabei: Wir brauchen beides

Zusammen nach Lösungen zu suchen, wird sicher nicht einfach, denn es bleibt der Konflikt darüber, wer die Grenzen ziehen darf: Produktion oder Umweltschutz. Da aber ohne intaktes Ökosystem auf Dauer keine Kultur gedeiht und Umweltschützer wie alle andern auch essen müssen, erübrigt sich die Frage. Es braucht beides. Und damit das umgesetzt werden kann, braucht es höhere Produzentenpreise und eine Kundschaft, die sie als notwendige Begleiterscheinung einer nachhaltigen Landwirtschaft akzeptiert. Das wäre doch auch einmal eine Plakat-Kampagne unter der grünen Fahne der Umweltverbände wert.