Der Lindenberg mit der Alpwirtschaft Horben ist zu allen Jahreszeiten ein beliebtes Naherholungsgebiet. Besonders wenn der Nebel ins Seetal und ins Reusstal kriecht, suchen Sonnenhungrige Zuflucht auf dem 800 Meter hohen Hügelzug mit freier Sicht auf die Innerschweizer Berge. In den Sommermonaten weiden jeweils rund 250 Stück Jungvieh auf den 50 Hektaren Wiesland. Eigentümerin ist die Alpgenossenschaft Horben, sie wurde vor 100 Jahren gegründet.
Bewegte Geschichte des Lindenbergs
Ursprünglich gehörte das Gut samt Schloss, Schlosskapelle, Restaurant und drei Scheunen dem Benediktinerkloster Muri. Nach der Klosteraufhebung im Jahr 1841 wurde der Besitz Horben verstaatlicht, an Private verkauft und wechselte zweimal die Hand. Den letzten Eigentümern fehlte das Geld, um die Gebäude zu unterhalten, sie mussten das Gut etappenweise veräussern: Die Kapelle ging 1909 an die Pfarrei Beinwil/Freiamt, das Schloss und die Wirtschaft 1913 an die Familie Borsinger. Als auch noch der Bauernhof mit den Weiden zum Verkauf stand, erwarb ihn 1923 die Alpgenossenschaft Horben. Sie war von Bauern gegründet worden, mit dem Ziel, die Braunviehzucht zu fördern.
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Heute noch 37 Genossenschaftler
Der Genossenschaft gehörten damals 70 bis 80 Mitglieder an, heute sind es noch 37. «Gemäss den aktuellen Statuten müssen sie selber Bauern sein oder einen Hof bewirtschaften», erklärt Willi Köpfli. Er ist seit 2001 Präsident der Alpgenossenschaft und hat die Geschichte anhand von internen Unterlagen zusammengefasst. «Über die Neuaufnahme von Mitgliedern entscheidet die Generalversammlung, es besteht kein Anspruch darauf.» Finanzielle Verpflichtungen sind damit nicht verbunden, und es besteht auch keine Solidarhaftung mehr.
167 Normalstösse
Die Alp Horben ist ein direktzahlungsberechtigter Sömmerungsbetrieb mit 167 Normalstössen, das entspricht etwa 250 Stück Jungvieh. 60 bis 70 trächtige Rinder werden von den Bauern jeweils schon im August nach Hause geholt. Dadurch und wegen der tiefen Lage resultiert eine lange Alpzeit von 130 bis 170 Tagen. Ursprünglich war die Sömmerung dem Braunvieh vorbehalten, in den 1980er- und 1990er-Jahren kam es zu einer Öffnung auch für andere Rassen.
20 Senderhalsbänder für Rinder
Die Tiere von rund 40 Betrieben stammen zu rund 90 Prozent aus der nächsten Umgebung. Vorrecht haben immer die Genossenschafter, bei freien Plätzen ist auch Vieh von Nichtmitgliedern zugelassen. «Die Plätze sind begehrt, wir haben meistens zu viele Anmeldungen», so Köpfli. Die Mitglieder profitieren von einer Vergünstigung von 40 Rappen pro Tag und Rind, sie zahlen, abgestuft nach Alterskategorie, Fr. 1.60, Fr. 1.80 oder Fr. 2.–. Jeden Sommer werden etwa 150 Tiere besamt. Dieses Jahr bietet die Genossenschaft erstmals 20 Senderhalsbänder für Rinder mit schwachem Brunstverhalten an. Sie melden der Hirtschaft via App von der Norm abweichende Aktivitäten. Die Alp verfügt über eigenes Wasser, 1947 wurde eine neue Quellfassung mit Reservoir erstellt. Seither muss nur noch in sehr trockenen Sommermonaten ausnahmsweise Wasser zugeführt werden.
Einnahmen werden investiert
Finanziell steht der Alpbetrieb dank Einnahmen aus der Sömmerung, Pachtzins des Restaurants und Direktzahlungen gut da. Köpfli betont, dass das Geld immer in der Genossenschaft bleibt und investiert wird. So wurden in den vergangenen 20 Jahren beide Scheunen komplett zu Laufställen mit vorgelagerten Futterplätzen umgebaut. Auf einem der Ställe ist bereits eine Photovoltaikanlage installiert, beim zweiten ist es noch dieses Jahr vorgesehen. Erhebliche Mittel wurden ausserdem für den Ausbau des Restaurants aufgewendet. [IMG 3]
«Wir sind nicht gegen den Windpark.»
Gemäss Willi Köpfli stört aber der Standort nahe beim Restaurant.
Vor einer Woche hielt die Genossenschaft ihre 100. Generalversammlung mit Mittagessen für Gäste ab. Am 14. August gibt es zusätzlich ein internes Jubiläumsfest für die Mitglieder mit Familienangehörigen samt Grosskindern.«Vor 100 Jahren haben die Genossenschaftsgründer zukunftsgerichtet gehandelt. Jetzt sind unsere Kinder und Grosskinder die Zukunft», meint Willi Köpfli. Und er hofft wohl auf anhaltende Kontinuität – denn im ganzen Jahrhundert gab es lediglich sechs Präsidenten und vier Wirte.
Konflikte um Wirtshaus und Windkraft
Nach dem Kauf des Alpbetriebs im Jahr 1923 wollte die Genossenschaft im früheren Pächterhaus eine Wirtschaft betreiben. Die Geschwister Borsinger als Schlossbesitzer pochten jedoch auf das Servitut, wonach auf dem ganzen Areal Horben kein Restaurant errichtet werden durfte.
Jahrzehnte mit Spannungen
Das führte zu erheblichen nachbarschaftlichen Spannungen über Jahrzehnte. Erst ein 2019 unterzeichneter neuer Dienstbarkeitsvertrag beendete den Konflikt. Für Genossenschaftspräsident Willi Köpfli steht fest: «Der Horben ist auch ein Ort für die Bevölkerung, und das soll so bleiben.»
Schattenwurf stört
Das Ansinnen für einen Golfplatz auf dem Gelände vor einigen Jahren fand bei den Mitgliedern kein Gehör. Zurzeit gibt das Windparkprojekt auf dem Lindenberg viel zu reden. Eine Anlage nahe beim Restaurant lehnten die Genossenschafter ab. «Die Beeinträchtigung für die Gartenwirtschaft durch den rotierenden Schattenwurf wäre zu gross», erklärt Köpfli und präzisiert: «Wir sind nicht gegen den Windpark. Gegen Zufahrt und Zuleitungen durch unser Land haben wir nichts einzuwenden.»Der Schlossherr hingegen bekämpft unter Berufung auf ein Gutachten der Denkmalschutzkommission das gesamte Projekt.