«Früher wurde das Vieh mit Treber gefüttert. Heute findet er auch Verwendung in der Ernährung der Menschen», hielt Aurèle Meyer fest. Der Geschäftsleiter der Appenzeller Brauerei Locher stellte im Rahmen des Innovationsforum Ernährungswirtschaft, das am 30. November 2023 im thurgauischen Tänikon stattfand, sein Start-up Brewbee vor. Im Fokus der Tagung stand die Ressourceneffizienz. Diese ist bei Brewbee ein zentrales Thema: Es widmet sich dem Upcycling von Nebenströmen, die beim Brauen anfallen.
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Paradoxe Situation mit der Biogasanlage
Dabei handelt es sich vor allem um Malztreber, Bierhefe, Würze sowie Vorbier. Diese enthalten wertvolle Nähr- und Ballaststoffe und sind mit dem Wachstum der Brauerei in immer grösseren Mengen vorhanden. An Treber beispielsweise, der reich an Ballaststoffen und Proteinen ist, fallen bei der appenzellischen Brauerei mittlerweile wöchentlich bis zu 50 Tonnen an. Als Abnehmer dieses Nebenstroms galt lange die Viehzucht. «Doch diese benötigt davon ausgerechnet im Sommer weniger, wenn die Bierproduktion auf Hochtouren läuft», erzählte Aurèle Meyer. Also ging der Treber vermehrt in die Biogasanlage. Eine paradoxe Situation: Statt nun den Bauern den Treber verkaufen zu können, musste die Brauerei für die Biogasverwertung bezahlen. «Doch weitaus bedenklicher war, dass damit die Nährstoffe verloren gehen.»
In Anlagen investiert
Die unbefriedigende Ausgangslage veranlasste das Unternehmen dazu, damals noch unter der Leitung von Karl Locher, sich mit einer sinnvollen Wiederverwendung der Nebenströme auseinanderzusetzen. So kam die Idee auf, sie in die Lebensmittelproduktion einfliessen zu lassen. Dies im Sinne einer Kreislaufwirtschaft und dem Vermeiden von Food Waste. Vor einem Jahr lancierte die Brauerei Locher unter dem Label «Brewbee» Chips aus Gerstenmalz unter dem Namen «Tschipps». Diese sind aus rund 39 Prozent Malztreber aus der Bierproduktion hergestellt. Mehrere Grossverteiler nahmen die Chips, welche in verschiedenen Geschmacksvarianten erhältlich sind, schweizweit ins Sortiment auf.
In der Zwischenzeit folgten weitere Produkte mit Gerstenmalz, beispielsweise eine Tiefkühlpizza in verschiedenen Sorten, eine Müeslimischung oder plant-based Fleischalternativen in den Varianten Geschnetzeltes und Gehacktes, welche einen hohen Proteingehalt aufweisen. Aus der übrig gebliebenen Bierhefe schliesslich entsteht Fischfutter; die Brauerei unterhält sogar eine eigene Fischzucht.
Inspiration auch für andere
Der Nebenstromgehalt der Brewbee-Produkte ist unterschiedlich gross. Während die Fleischalternativen aus circa 70 Prozent Malztreber bestehen, sind es bei den Chips 40 bis 50 Prozent und bei der Pizza rund 20 Prozent. «Unter dem Strich verwerten wir jedoch mit der Pizza mehr Treber, da sie über mehr Volumen verfügt», sagt Aurèle Meyer dazu. Um den Treber zu Pulver zu verarbeiten und daraus Lebensmittel herzustellen, hat die Firma in entsprechende Anlagen investiert.
Das Ziel ist es, möglichst viele Arbeitsschritte selbst ausführen zu können. «Die Produktion ist auch als ein Standbein unseres Unternehmens gedacht», so Aurèle Meyer. Je nach Produkt erfolgt auch eine Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen. Bei der Herstellung der Chips beispielsweise wird ein Zwischenschritt von einer externen Firma übernommen. Beim Müesli besteht zudem eine Zusammenarbeit mit der Spezialitätenmühle Zwicky AG im thurgauischen Müllheim. Besonders anspruchsvoll ist die Verarbeitung bei den Fleischersatzprodukten, bei welcher die Verwertungsstufe höher ist als beim restlichen Sortiment. «Die Verarbeitung unserer Nebenströme zu genussvollen Lebensmitteln ist nur die Spitze des Eisbergs», sagte Meyer. Er hofft, dass man damit auch andere Unternehmen dazu inspirieren kann, sich mit Nebenströmen auseinanderzusetzen.
Ergiebiger Nebenstrom
Malztreber ist ein Nebenstrom, der beim Bierbrauen anfällt. Es handelt sich dabei um die wasserunlöslichen Bestandteile des Malzes, während die flüssige Lösung, die Würze, zu Bier weiterverarbeitet wird. Treber besteht aus Braugerste und enthält Ballaststoffe und Eiweiss. Schweizweit fallen jährlich rund 80'000 Tonnen Malztreber an.