«Also bis Ende Jahr reicht es sicher. Und in zehn Jahren wird es Barto auch noch geben.» Diese Aussage von Christian Schönbächler, VR-Präsident der Barto AG, liess an der GV von letzter Woche aufhorchen.

Negative Erfolgsrechnung

Grund für diese Aussage waren die Resultate der Erfolgsrechnung von 2023. In dieser präsentierte Geschäftsführer Jürg Guggisberg neben den Erfolgen vom vergangenen Jahr auch die aktuellen Zahlen aus der Buchhaltung. Laut dieser verfügt die Barto AG über flüssige Mittel von 2,5 Millionen Franken, dem gegenüber steht ein jährlicher Verlust von 2,8 Millionen Franken (Vorjahr: 1,8 Millionen), darin enthalten sind bereits die jährlichen Einnahmen von rund 0,1 Millionen Franken.

Lukas Kilcher, Direktor der Agridea, die sich finanziell am Projekt beteiligt und Aktien hält, war besorgt über die Zahlen. «Dieses Verhältnis lasse einem die Sorgenfalten auf der Stirn stehen», war sein Kommentar. Er fragte, wie man in Zukunft gedenke, dies zu ändern.[IMG 2]

Einsparungen im Budget

Jürg Guggisberg lieferte die Antworten: So habe man bei der Budgetplanung 2024 «zurückbuchstabiert», und bei der Planung sei «jeder Franken zweimal umgedreht worden». Das Budget stehe nun für das erste halbe Jahr und weise deutliche Minderausgaben auf. Man spare zum Beispiel beim Marketing und bei der Entwicklung. Gerade bei diesen zwei Posten habe man im Jahr 2023 deutliche Mehrausgaben gehabt.

Die konkreten Vorschläge, an denen man zurzeit intensiv arbeite, würden dem Verwaltungsrat an einer separaten Sitzung am 26. April vorgestellt.

«Das lässt einem die Sorgenfalten auf der Stirn stehen»

Lukas Kilcher, Direktor der Agridea, kommentiert die Erfolgsrechnung der Barto AG

Über 5000 Nutzer

Hervorgehoben wurden an der GV auch die Erfolge von Barto. So kann das digitale Planungs- und Auswertungstool laut Christian Schönbächler einen wesentlichen Beitrag zur Auflösung von Ziel- und Spannungskonflikten in der Schweizer Landwirtschaft beitragen.

Man sei nun sechs Jahre auf dem Markt und biete mittlerweile ein ganzes Paket an Werkzeugen an, welche es Bäuerinnen und Bauern erlaubten, den Betrieb zu planen und zu managen. Die positiven Rückmeldungen zahlreicher Landwirte stimmten ihn zuversichtlich.

«Unser Ziel ist es, den Landwirten weniger schlaflose Nächte zu bescheren», fasste Jürg Guggisberg den Hauptnutzen von Barto zusammen. Diesen Erfolg gab es auch in Zahlen, erst kürzlich habe man den 5000. registrierten Nutzer gefeiert, einen Landwirt aus dem Zugerland. Und die Anzahl Nutzer nehme weiterhin zu, bemerkte Guggisberg. Gerade in den letzten zwei Jahren sei ein starker Anstieg verzeichnet worden, und man sei zuversichtlich, dass man bald die 10 000er-Grenze knacke.

Um diesen Anstieg zu beschleunigen, arbeite man unter anderem mit den Landis zusammen. «Menschen kaufen bei Menschen», fasste es Jürg Guggisberg zusammen.

Verkaufspunkt Landi

An 37 Landi-Standorten verfüge man über eine Person, die eine intensive Barto-Schulung absolviert habe, als Anlaufstelle bei Fragen diene und auch Neukunden anwerbe. Auch habe man einen eigenen Supportservice auf die Beine gestellt. «Wir haben festgestellt, dass bei eigenem Supportservice ein Erfahrungsaufbau möglich ist und Rückmeldungen besser genutzt werden können», fasste der Geschäftsführer die dahinterstehenden Überlegungen zusammen. Die Kehrseite dieses Services liege aber in den höheren Personalkosten. Im Vergleich zum Jahr 2022 stiegen diese 2023 um rund 175 000 Franken an.

«Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer»

Jürg Guggisberg, Geschäftsführer Barto AG, zu den Zielen.

Ebenfalls zufrieden sei man mit der geografischen Verteilung der Nutzerinnen und Nutzer. Gemäss Jürg Guggisberg befinden sich diese mehrheitlich im Mittelland, so wird Barto zum Beispiel von rund 18,3 % aller Betriebe in Baselland und 15,6 % aller Betriebe im Kanton Zürich genutzt.

Unterstützung der Aktionäre

Es braucht laut Christian Schönbächler nun die Unterstützung aller Aktionäre. An diese wandte er sich mit den Worten: «Wir sind auf ihre fachliche, personelle und finanzielle Unterstützung angewiesen. Auch möchte ich sie dazu motivieren, digitale Tools exklusiv anzubieten.» Der Schlüssel zum Erfolg, liege in der Anzahl Nutzerinnen und Nutzer. Er sei zuversichtlich, dass man mit gemeinsamem Einsatz bald die geforderte Grenze knacken könne.


 

«Die Plattform ist für alle Akteure der Branche und Behörden zugänglich»

Barto stützt auf die Bausteine von 365 Farmnet ab. Wurde diese Lösung nicht ursprünglich für die europäische Landwirtschaft konzipiert?

Ulrich Ryser: Der digitale Hofmanager Barto basiert auf der technischen Plattform 365 Farmnet. Mit Beginn der Kooperation hat Barto alle Marktaktivitäten in der Schweiz in die Hand genommen, inklusive Präsentation, Vertrieb, Schulung, Support etc. Barto ist heute an die Gegebenheiten und Besonderheiten in der Schweiz angepasst und bietet unabhängig von 365 Farmnet selbst entwickelte Bausteine für Schweizer Landwirtinnen und Landwirte an.

Warum hatte man das Gefühl, dass so etwas passend für die Schweizer Landwirtschaft sein könnte?

365 Farmnet bietet Standardfunktionalitäten für den landwirtschaftlichen Betrieb an, die überregional sehr ähnlich sind. Die Plattform deckt, im Gegensatz zu vielen anderen Anbietern, die ganze Landwirtschaft ab, also Tiere und Pflanzen. Sie stellt die Bauernfamilie ins Zentrum und basiert auf dem Modell der «Coopetition». Das heisst, die Plattform ist für alle Akteure der Branche und Behörden zugänglich, vergleichbar mit einem Smartphone und dessen Apps. Entscheidend für die Schweizer Betriebe sind die regional spezifischen Anforderungen und die Unterstützung in der täglichen Arbeit. Angefangen mit vollumfänglich integrierten und umfangreichen Schweizer Stammdaten über die Integration der Kantonssysteme bis zur Suisse-Bilanz, um nur einige Beispiele zu nennen. Dies ist nur durch gute und regional ausgeprägte Marktkenntnisse in der Schweiz möglich. Man kann also sagen: Barto hat 365 Farmnet helvetisiert und an die Gegebenheiten der Schweiz angepasst.[IMG 3]

Ist es korrekt, dass es hier schon sehr bald zu einer Änderung kommt – konkret zu einem Rückzug des Angebots von 365 Farmnet?

Claas hat aus strategischen Gründen entschieden, dass 365 Farmnet in Claas connect aufgehen wird, und dies an der Agritechnica 2023 kommuniziert. Die Barto AG ist überzeugt von Barto als Lösung für Schweizer Landwirtinnen und Landwirte und von der wichtigen Rolle, welche der digitale Hofmanager für eine nachhaltige und trotzdem produktive Landwirtschaft einnimmt. Unabhängig von Entwicklungen bei Claas entwickelt deshalb die Barto AG den digitalen Hofmanager Barto weiter. Der Betrieb und die Weiterentwicklung in der Schweiz sind sichergestellt. Die Barto AG ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Branche mit zehn Minderheitsaktionären: Identitas AG, Agridea, Fenaco, Swissherdbook, Braunvieh Schweiz, Holstein Switzerland, Mutterkuh Schweiz, Swissgenetics, Laveba und Schweizer Milchproduzenten. Gemeinsam geht das Barto-Aktionariat in eine finanzielle Vorleistung für die Branche und baut eine digitale Basisplattform auf, deren Nutzung sämtlichen Akteuren inklusive Behörden offen steht.

Kommentar von  Viktor Dubský

Wann ist «zu viel» zu viel?

Stellen Sie sich vor, Sie bauen ein Gebäude. Ob Haus, Stall oder Scheune, das spielt keine Rolle. Sie erstellen ein Budget und legen los. Während des Baus tauchen dann Komplikationen auf – die Kosten steigen und steigen ins Unermessliche. Hätten Sie das zu Beginn geahnt, hätten Sie wahrscheinlich nie begonnen. Jetzt sind Sie aber dran und bauen weiter. In der Psychologie bezeichnet man dieses Verhalten als «eskalierendes Commitment ». Man hat einen Entscheid gefällt und hält nun aus verschiedenen Gründen weiterhin beharrlich daran fest, gefangen in einer Spirale aus wiederkehrenden und steigenden Kosten. Den Stecker zu ziehen, erscheint nicht als Option. Ist Barto in einer solchen Spirale gefangen? An der Generalversammlung vom letzten Freitag sorgte die finanzielle Situation für Unwohlsein. Die Erlöse decken die anfallenden Kosten bei Weitem nicht. Gemäss dem Vorstand braucht es mehr Nutzerinnen und Nutzer, damit Barto endlich erfolgreich wird. Aber wird man die erforderliche Grenze je erreichen? Es ist schwierig, das abzuschätzen. In der Schweiz gibt es relativ wenige Bauruinen – Barto könnte eine werden.[IMG 4]