Anlässlich der Vereinsversammlung von Mutterkuh Schweiz am 29. März 2023 in Brunegg haben wir Präsident Mathias Gerber einige Fragen gestellt.

Die Label wie Natura-Beef leiden etwas unter den hohen Preisen im Gesamtmarkt, sagten Sie in Ihrer Ansprache. Wie muss man das verstehen?

Mathias Gerber: Die Produzentenpreise für alle Schlachttierkategorien sind generell höher und für das Rindfleisch im Laden entsprechend auch. Für die Labels heisst das, dass sie die positiven Verkaufsargumente doppelt herausstreichen müssen, um den Markterfolg beizubehalten.

Es besteht also weniger Anreiz für Labelproduktion?

Nein, überhaupt nicht. Die Rendite in der Mutterkuhhaltung besteht darin, dass die Tiere teurer verkauft werden können und müssen. Das gute QM-Preisniveau kann sich wieder ändern.

Die Preise sind zuletzt etwas unter Druck gekommen, auch für Natura-Beef?

Die Preise für Natura-Beef sind in den letzten Jahren schrittweise höher geworden. Aktuell besteht bei den Muni ein Preisdruck, und Natura-Beef ist mit dem Munipreis gekoppelt. Die Preisformel erlaubt aber, dass nicht jede Munipreisbewegung mitgegangen werden muss. Wir haben einen Zuschlag von durchschnittlich Fr. 2.30 pro kg SG. Wenn wir ein etwas zu hohes Angebot haben, nehmen wir den Preis etwas zurück und umgekehrt.

Aber Sie rechnen nicht mit einem grösseren Einbruch à la Schweinehaltung?

Nein, mit dem rechne ich wirklich nicht. Spätestens mit dem Anfang der Grillsaison sollten sich die Preise wieder verbessern. Dem Gesamtmarkt hilft immer auch der Kuhpreis, der stützt. Man kann beim Muni gar nicht ins Bodenlose gehen, sonst werden dann die Kühe im Verhältnis extrem teuer.

Mutterkuh Schweiz hat ja kein Mitgliederwachstum mehr, macht Ihnen das Sorgen?

Eigentlich nicht, nein. Wir hatten auch im letzten Jahr 207 Neumitglieder. Aber es sind 205 ausgetreten, hauptsächlich wegen Betriebsaufgabe. Aufgrund dessen, dass nun auch Mutterkuh Schweiz in den Strukturwandel kommt, müssen wir Betriebsaufgaben beim Generationenwechsel hinnehmen.

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Gibt es auch Betriebe, die zurückgehen in die QM-Produktion?

Das gibt es höchst selten. Ab und zu gibt es aber Betriebe, welche die Kuhzahl zurücknehmen.

Wie steht es mit Weidemast, ist das eine Konkurrenz für Mutterkuh Schweiz?

Die Weidemast schauen wir nicht unbedingt als Konkurrenz an, zumal ja Natura-Beef selber eine ausgeprägte Weidemast ist. Wir würden eigentlich gerne sehen, dass noch mehr Mutterkuhtiere in die Weidemast gehen. Schon heute liefern wir Tiere als Weiderind und ins Bio-Weide-Beef der Silvestri AG. Das könnten wir gut noch ein wenig ausbauen.

Wie sieht es denn beim Programm Natura-Veal aus?

Die Entwicklung ist nicht so schnell, wie wir uns erhofft haben. Wir haben aber schon über 10 000 Tiere und viele spezialisierte Betriebe. Die eigentlichen Natura-Beef-Produzenten könnten ebenfalls vermehrt noch ein paar Natura-Veal mehr liefern. Hier war der kritische Punkt, dass das Programm jahrelangen Natura-Beef-Produzenten oft nicht ins Konzept passt, auch weil man die Kälber vier Monate früher absetzen muss als die Natura-Beef. Dafür kann man erfolgreich mit Zusatzkälbern arbeiten.

Offenbar gab es einige Sanktionen, weil die Natura-Beef-Tiere vor Ausmast von den Müttern getrennt wurden. Ist das eine zufällige Häufung oder ein Problem?

Es ist kein grundsätzliches Problem, aber man muss die Produzenten immer wieder darauf hinweisen, dass es verboten ist, Mütter und Kälber zu trennen.

Die Schlachtgewichte gingen letztes Jahr etwas zurück, was ist der Grund?

Das ist eindeutig auf die Trockenheit zurückzuführen, die Tiere hatten etwas weniger Zunahme und waren etwas schlechter gedeckt.

Was sind die grössten Herausforderungen für die Mutterkuhhalter bezüglich Klimawandel?

Man muss vonseiten der Forschung und der Politik noch vermehrt zu einer gesamtheitlichen Sicht kommen, wo man die Kreisläufe als Ganzes betrachtet und nicht einseitig den Ausstoss der Tiere, das könnte auch beispielsweise die Methandiskussion ein Stück weit entschärfen.

Der Druck auf den Fleischkonsum nimmt zu, ist das für Sie besorgniserregend?

Nicht allzu sehr, wir sind fest überzeugt, dass eine graslandbasierte Fütterung und eine Nutzung von Restflächen im Grenz- und Sömmerungsgebiet immer ein Thema bleiben wird, hier gibt es keine Alternativen zur Kuh.

Und punkto Ressourceneffizienz der Mutterkühe, seid Ihr da auf der sicheren Seite?

Wenn man bedenkt, dass drei Viertel der LN aus Gras bestehen und die Sömmerungsweiden kommen noch dazu, sind wir genau auf dem richtigen Weg. Auf guten Ackerflächen sind Mutterkühe als Ergänzung sinnvoll. Es kann aber nicht sein, dass mit Mutterkühen bestes Ackerland besetzt wird.[IMG 3]