Die Brotweizenernte 2020 schätzt Swiss Granum auf 377 000 bis 393 000 Tonnen. Das sind rund 20 000 t weniger als 2019. «Wir haben noch nicht alle Detailzahlen über die Ernte 2020», sagt Pierre-Yves Perrin, Geschäftsführer des Schweizerischen Getreideproduzentenverbandes (SGPV). Die tiefere Brotgetreidefläche dieses Jahr und die Reduktion der IP-Suisse-Menge habe dazu beigetragen, die Erntemenge zu reduzieren.

Das Minimum deklassieren

Der SGPV schreibt für die Ernte 2020 bis zum 7. September eine Deklassierung von 20 000 Tonnen Brotgetreide aus. «Diese 20  000 t sind eine Grössenordnung», betont Perrin. Der SGPV werde nicht mehr deklassieren als nötig sei. «Das Ziel ist und bleibt, Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen», betont der SGPV-Geschäftsführer, um einen Preisdruck auf die Produzentenpreise zu vermeiden. Uniterre kritisiert aber genau diese Deklassierung, denn sie bedeute am Ende Einkommensverluste für die Brotweizenproduzenten. Denn die Getreidebauern finanzierten die Deklassierung mit Fr. 4.63 Abzügen je 100 Kilo Weizen selber.

Stabilität dank Beiträgen

«Der Getreidemarkt verläuft nicht so einfach wie ihn Uniterre beschreibt», betont Pierre-Yves Perrin. «Es ist völlig klar, dass Überschüsse auf dem Brotgetreidemarkt einen riesigen Preisdruck ausüben können», weiss er. Getreide habe eine unelastische Nachfrage, das heisse, tiefere Preise erhöhten die Nachfrage nicht. «Dank den Beiträgen haben die Produzenten eine Preissicherheit», erklärt Perrin. «Nur dank Produzentenbeiträgen können wir die Marktentlastungsmassnahmen, das sind Exportförderung und wenn nötig Deklassierung, finanzieren», führt er aus. «Das Ganze ist im Sinne der Produzenten», erläutert der SGPV-Geschäftsführer. «Ohne Produzentenbeiträge keine Mengensteuerung und dann wären die Erlöse der Produzenten 8 bis 10 Franken je 100 Kilo tiefer», schätzt Perrin. Uniterre klagt in der Medienmitteilung, nur 85 Prozent des Bedarfs würden mit Schweizer Weizen gedeckt. Druck auf Menge und Preise übten 70 000 Tonnen ­importiertes Brotgetreide und 120 000 Tonnen industrielle Import-Backwaren aus. Uniterre fordert, dass die inländische Produktion bevorzugt zu behandeln sei.

Priorität Schweizer Getreide

«Die Informationen von Uniterre sind falsch», korrigiert Pierre-Yves Perrin. In den letzten Jahren sei weniger importiert worden. Die Verarbeiter hätten Schweizer Getreide Priorität gegeben, weil Menge und Qualität stimmten. «Die Verarbeiter haben beispielsweise 2019 nur 42 000 t (mit einem Grenzschutz von 23 Franken je 100 Kilo und nicht zollfrei) importiert, vor allem in Bio-Qualität», betont Perrin. Das habe geholfen, die Überschüsse der Ernte 2017 bis 2019 zu reduzieren. Wegen den Importen von Fertig-Backwaren sei die Branche auch tätig, um diese zu reduzieren. Einerseits im Parlament, um eine Deklaration des Produktionslandes der Backwaren vorzuschreiben und und anderseits im Verein Schweizer Brot, welcher eine Marke «Schweizer Brot» vorbereite. Ziel dieser Massnahmen sei es, dass die Konsumenten bewusst Schweizer Brot- und Backwaren wählen könnten, was heute wegen der fehlenden Herkunftsdeklaration unmöglich sei.

Dauerthema Grenzschutz

Uniterre verlangt weiter eine Anhebung der Schwellen- und Richtpreise. Unterstützt der SGPV diese Forderung? «Für die heutige Situation ist der SGPV nicht verantwortlich, denn das waren politische Entscheide», erinnert sich Perrin. Der SGPV kämpfe seit Jahren für einen besseren Grenzschutz bei den Brot- und Futtergetreide. Die Antwort des BLW laute: Die Branche muss sich selber organisieren. «Beim Brotgetreide haben wir dank der Nachfolgelösung Schoggigesetz (Exportunterstützung) erreicht, dass die Richtpreise stabil sind auch wenn die Importpreise tiefer sind», weist Perrin auf einen Erfolg hin. Bei den Futtergetreiden habe man versucht, die Produzentenpreise um fünf Franken je 100 Kilo zu erhöhen und die Mehrkosten auf die Konsumenten zu überwälzen, aber leider seien die Grossverteiler noch nicht dafür bereit gewesen. «Das Dossier liegt auf dem Tisch und wir verfolgen diese Idee weiter», betont der SGPV-Geschäftsführer.

Entlastungsmassnahmen steuern Menge und Qualität

Weiter verlangt Uniterre für Brotgetreide Kaufverträge mit Mengen, Preis, Qualität und Auszahlungsmodus. «Bei den Ölsaaten haben wir ein System von Verträgen einerseits mit den Verarbeitern, die uns eine Zielmenge angeben, und anderseits mit den Produzenten, welche diese Zielmengen produzieren», erklärt Perrin. Das funktioniere gut, weil die Anzahl Verarbeiter und Kulturen begrenzt seien. Beim Brotgetreide habe man verschiedenen Labels, Qualitätsklassen, Kulturen und knapp 50 Verarbeiter. «Verträge bedingen, dass wir genau wissen, was die Verarbeiter wünschen, was leider unmöglich ist», weiss Perrin. Deshalb führe der SGPV nach der Ernte Marktentlastungsmassnahmen durch. «Das erlaubt uns Menge und Qualität des Brotgetreides auf dem Markt zu steuern», erläutert Perrin.

Offen für neue Ideen

Der SGPV sei bereit, über den Getreidemarkt zu diskutieren und neue Ideen zu prüfen. «Die Forderungen von Uniterre sind plakativ und einfach zu verstehen; leider fehlen von der Branche ­akzeptierte und politisch getragne Lösungsansätze», schliesst Pierre-Yves Perrin.