Kilian Baumann, Präsident der Kleinbauern-Vereinigung, blickte an der Jahresversammlung am 30. April auf ein turbulentes Jahr 2021 zurück. Zu Gast war man auf dem Biohof Enderlin in Winden TG. Das letzte Jahr war  geprägt von der Abstimmung über die Pflanzenschutz-Initiativen. Die Kleinbauern-Vereinigung hatte sich mit einer eigenen Kampagne für die Pestizidverbots-Initiative stark gemacht.

Hartnäckigkeit lohnt sich

Bunt und vielfältig soll es sein: Die Organisation «Landwirtschaft mit Zukunft» setzt sich für eine alternative Landwirtschaft ein. (Bild Landwirtschaft mit Zukunft) Landwirtschaftspolitik «Landwirtschaft mit Zukunft» demonstriert für Pestizid-Ausstieg und mehr Biodiversität Sunday, 6. June 2021  Auch wenn die Initiative am 13. Juni abgelehnt wurde, sprach Kilian Baumann von einer erfolgreichen Kampagne. «Der öffentliche und mediale Druck, den der Abstimmungskampf auslöste, hat in der Politik Einiges bewegt. Das zeigt sich jetzt im verabschiedeten Massnahmenpaket des Bundesrates.» Viele Punkte, welche die Initiativen forderten, seien aufgenommen worden. So zum Beispiel, dass die Risiken des Pestzideinsatzes bis 2027 um 50 Prozent reduziert werden müssen. «Das Kämpfen hat sich gelohnt und geht weiter», lautete das Fazit des Berner Grüne-Nationalrates.

Die Kleinbauern-Vereinigung hat auch als Organisation vom Abstimmungskampf profitiert. Die Mitgliederzahlen sind im vergangenen Jahr gestiegen, auch innerhalb der Landwirtschaft.

«Die Landwirtschaft war bei der Abstimmung über die Agrar-Initiativen nicht so geschlossen, wie es von den Gegnern gerne ausgelobt wird.»

Kilian Baumann, Präsident Kleinbauern-Vereinigung

Der Wunsch, dass es bezüglich Nachhaltigkeit auf dem politischen Parkett schneller vorwärts gehe, sei vorhanden und motiviere, sich weiterhin so hartnäckig zu engagieren. 

MTI: Wahl zwischen Initiative und keinem Fortschritt

Hingegen bedauerte Kilian Baumann, dass der indirekte Gegenvorschlag gegen die Massentierhaltungs-Initiative (MTI) im Parlament keine Chance hatte. «Jetzt hat das Stimmvolk die Wahl zwischen der Initiative und keinem Fortschritt.»

Als erfreulich und wertvoll bezeichnete er die Wahl von Barbara Küttel, Co-Geschäftsführerin Kleinbauern-Vereinigung, zur Co-Präsidentin der Agrarallianz. Ebenso bedeutend sei die Mitgliedschaft der Kleinbauern-Vereinigung in der Arbeitsgruppe Landwirtschaft der Klima-Allianz.

Positives Jahresergebnis

Barbara Küttel konnte den anwesenden Mitgliedern eine erfreuliche Rechnung präsentieren. «Dass wir letztes Jahr in der Öffentlichkeit so präsent waren, widerspielt sich in unseren Finanzen», führte Küttel aus. Letztes Jahr resultierte ein Gewinn von 115'000 Franken. Auf der Ertragsseite fielen die höheren Mitglieder- und Gönnerbeiträge sowie die Spenden ins Gewicht.

Das Vereinsvermögen konnte um über 100'000 Franken gesteigert werden und betrug Ende 2021 414'000 Franken. Küttel bemerkte, dass der Entscheid, eine eigene Kampagne zu fahren, auch mit einer gewissen Unsicherheit verbunden war. «Wir wussten nicht, wie die Kampagne ankommt und waren überrascht über die grosse, positive Resonanz.»

Agrarpolitik bleibt ein Kernthema

Patricia Mariani, Co-Geschäftsleiterin, gab einen Ausblick auf laufende und zukünftige Projekte. «Die Agrarpolitik bleibt unser Kernthema», hielt Mariani fest.

«Wir hätten da schon die eine oder andere Idee, wie die heutige Agrarpolitik zu einer gesamtheitlichen Ernährungspolitik weiterentwickelt werden könnte.»

Patricia Mariani, Co-Geschäftsleiterin Kleinbauern-Vereinigung

Man werde dran bleiben und den politischen Druck aufrecht erhalten.

Abo Kontinuität statt Auflösung jahrzehntelager Arbeit in Nichts: Landwirtschaftsbetriebe können durch die ausserfamiliäre Nachfolge intakt bleiben. Nachfolgeregelung Ausserfamiliäre Hofübergabe: «Es braucht mindestens zwei Jahre» Monday, 8. November 2021 Es gebe viele Themen, die im Getöse der agrarpolitischen Diskussionen untergingen, denen man sich aber ebenfalls widme. Dazu zählte Mariani den Strukturwandel in der Landwirtschaft. Hier engagiert sich die Kleinbauern-Vereinigung sehr erfolgreich mit dem Projekt ausserfamiliäre Hofübergabe. Mariani berichtete, dass derzeit 16 gemeldeten Betrieben 130 Suchende gegenüber stehen. 

Ein neues Projekt, das dieses Jahr startet, ist das «Höfenetzwerk» mit dem Ziel, den bäuerlichen Mitgliedern eine stärkere Sichtbarkeit gegen aussen zu geben. «Einerseits wollen wir interessierte Konsument(innen), aber auch die Betriebe untereinander besser vernetzen», erklärte Mariani. Das Projekt Alpomat in der Stadt Zürich geht ins vierte und letzte Pilotjahr. Ab 2023 soll der Alpomat kostendeckend, ohne Unterstützung der Kleinbauern-Vereinigung betrieben werden. Die Idee wäre, dass dieses Modell in weiteren Schweizer Städten angewendet wird.

Notwendigkeit für Veränderungen

Prix Climat Finanzielle Unterstützung für landwirtschaftliche Klima-Imagevideos gesucht Friday, 8. October 2021 Stephan Tschirren, Geschäftsstelle, leitete zum interaktiven Teil über. «Die Notwendigkeit für Veränderungen ist gross und wird immer grösser. Es braucht einen grundlegenden Systemwandel, damit wir weiterkommen und die Landwirtschaft zukunftsfähig ist.» Eigentlich wären viele Ideen da, stellte Tschirren fest. Oftmals scheitere es an den Rahmenbedingungen und Möglichkeiten – sprich an Zeit und Geld. 

Dann war es an den Mitgliedern, in kleineren Gruppen zu diskutieren, wo es Chancen für Innovationen gäbe und welches Gründe sind, weshalb man sie nicht anpackt. Es entstand ein reger Austausch und nach einer halben Stunde war die vorbereitete Wand mit Post-it-Zetteln übersät. Dann war es Zeit fürs Mittagessen. Den Abschluss bildete die Betriebsbesichtigung durch Betriebsleiter Christian Enderlin.