Anni, Marie, Frieda, Amalie und Rosa: Bei diesen fünf Damen handelt es sich um Bio-Apfelsäfte von Debora und Christoph Bär. Als die beiden vor einigen Jahren sortenreinen Apfelsaft produzierten, studierten sie an einem Namen herum. «Der Saft war lieblich und süss, und so kam eines Abends die Idee auf, den Saft nach Grossmutter Anni zu benennen, die uns lieb und warmherzig in Erinnerung ist», erzählte Debora Bär an zweiten Agro-Food-Treff, der vor einer Woche auf ihrem Betrieb, dem Mostgut, im thurgauischen Opfershofen stattfand und unter anderem vom Kompetenznetzwerk Ernährungswirtschaft organisiert wurde.
Die eigenwillige Grosstante
Der süsse Apfelsaft aus der Sorte Pinova passe charakterlich bestens zu Anni, so Debora Bär weiter. Auf den ersten folgten weitere vier Säfte aus einzelnen Sorten, von süss über kräftig, herb bis leicht säuerlich. Auch für diese fanden sich passende Vorfahrinnen: Aus der Sorte Opal entstand ein vollmundiger Saft, der nach Marie, einer soliden Urgrossmutter, benannt ist. Frieda heisst der Saft aus der Sorte Rewena, benannt nach einer Grosstante, die für ihre Eigenwilligkeit bekannt war.
Topaz liefert den würzigen, vielschichtigen Apfelsaft, welcher nach Amalie, einer eleganten Urgrossmutter benannt ist, welche die Hosen anhatte auf dem Betrieb. Diese habe einst, wie es so schön heisst, über den Miststock geheiratet. Rosa schliesslich ist nach Gotte Rösly benannt, die als neugierig galt und zudem pausenlos redete. Den passenden Apfelsaft liefert die Sorte Weirouge, welche über viel Säure und rotes Fruchtfleisch verfügt. «Äpfel sind weniger süss als Trauben, die Sorten haben eine viel grössere Säurevarianz, das macht es interessant», so Christoph Bär.
Debora und Christoph Bär hatten den Biobetrieb 2015 von seinen Eltern übernommen, nachdem sie ihn einige Jahre lang als Generationengemeinschaft geführt hatten. Schon damals lag der Schwerpunkt auf Mostobst. Die frostgefährdete Lage erlaubt es nicht, den Fokus auf Tafeläpfel zu legen.
Intensive Pflege
Die Niederstammanlage mit bis zu fünf Meter hohen Bäumen auf mehreren Hektaren bedarf einer intensiven Bewirtschaftung mit Gülle und Pflanzenschutz im Rahmen des biologischen Landbaus. Das macht es herausfordernd: «Wir befinden uns ständig in einem Spannungsfeld zwischen Ökologie und Ökonomie», sagte Christoph Bär.
Nachdem die Eltern seit Jahren die Hauptstrasse für die Direktvermarktung von Kirschen genutzt hatten, weitete das junge Betriebsleiterpaar Bär diese mit ihren Säften, dem Bärenmost, aus. «Man muss mit dem etwas machen, was man hat», so der Landwirt und Agronom. 2018 verkauften Debora und Christoph ihre Firma im Bereich Witterungsschutz und setzten fortan voll auf die Landwirtschaft. Sie wagten sich mit der Sorte Pinova an den ersten Reinsaft, weitere Sorten folgten.
Alle Äpfel für die eigenen Produkte werden von Hand gepflückt, anschliessend auf dem Hof gewaschen und entsaftet. Dazu haben Bärs vor rund vier Jahren eine eigene Verarbeitungslinie eingerichtet, welche die Äpfel schonend presst. Das restliche Mostobst verkaufen sie in die Grossmosterei. Nebst der Familie mitsamt Grosseltern arbeiten jeweils bis zu vier Saisonniers während der Apfelernte sowie Angestellte im Stundenlohn mit.
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Alkoholfreie Alternative
Mit ihrer Produktelinie setzten Debora und Christoph Bär auf eine kreative Vermarktung. Die sortenreinen Säfte gehören zur Hausmarke Bärenmost. Dazu gehören auch die Hofmischungen «süss» und «frech», die sowohl in Flaschen wie auch 5-Liter-Bags erhältlich sind. Ein neues Produkt ist zudem das Schorle, welches als Halbliter-PET-Flasche in den Verkauf kommt. «Mit unseren Produkten bieten wir eine regionale alkoholfreie Alternative zu Wein oder Orangensaft», hielt Christoph Bär fest. Dies in Teamarbeit: Während er selbst eher für das Unternehmerische zuständig sei, stammten die kreativen Inputs vor allem von seiner Frau Debora.
Ein weiterer Meilenstein bei Bärenmost war der Bau des Ökonomiegebäudes. Die Einweihung des luftigen Lärchenholzbaus fand im Mai statt. Dieses beherbergt nicht nur die gesamte Obstverarbeitung mit Lager, sondern auch einen Hofladen mit einem Degustationsraum, einen Seminarraum für bis zu 80 Personen sowie das Büro.
Nebst dem Bärenmost umfasst das Hofladen-Sortiment weitere Produkte aus den eigenen Äpfeln, so etwa Senf, Essig, Balsamico. «Diese lassen wir auswärts herstellen», so Debora Bär. Im Nebengebäude ist zudem ein weiteres Angebot zu finden: der Adventure Room «Tante Friedas Erbe» für zwei bis acht Personen – auch hier hat bei der Namensgebung ganz offensichtlich eine der Vorfahrinnen mitgewirkt.
Weitere Informationen: www.baerenmost.ch