Yves Niederhauser, Präsident des Agro-Treuhänder-Verbandes «Treuland», begrüsste seine Mitglieder zur alljährlichen Generalversammlung im Gustarium der Breitenmoser Appenzeller Fleischspezialitäten AG in Steinegg AI. Vorstandsmitglied Thomas Alder, der aus der Region stammt, hatte die GV in diesem stimmungsvollen Eventlokal organisiert.
Die statutarischen Geschäfte gingen ohne Gegenstimmen vonstatten. Dabei betonte Yves Niederhauser, wie wichtig es sei, Nachwuchskräfte für Treuhand-Dienstleistungen zu begeistern. Längst gehen die Tätigkeitsfelder der 67 Agro-Treuhandstellen, die «Treuland» angeschlossen sind, über Buchhaltungsabschlüsse hinaus und umfassen beispielsweise auch Hofübergaben oder die verschiedensten Zusammenarbeitsformen in der Landwirtschaft.
An der GV erwähnten Sie eine Zusammenarbeit mit Barto. Was steckt dahinter?
Yves Niederhauser: Seitens Barto kam eine Anfrage, ob wir Interesse haben, die technischen Daten direkt in die Buchhaltungs-Software zu importieren. Dabei handelt es sich beispielsweise um die Betriebsgrösse, Anzahl LN oder den Tierbestand. Einzelne solcher Schnittstelle gab es früher beim Agro-Tech, bevor es von der Agridea eingestampft wurde.
Thomas Alder: Von Vorteil ist, dass man diese Daten, die wir für den Jahresabschluss brauchen, nicht händisch in die Buchhaltungs-Software eingeben müssen. Die Doppelerfassung fällt weg. Auch muss uns jeder Landwirt explizit die Erlaubnis geben, dass wir diese Daten holen können.
Stösst das auch auf Gegenliebe, denn viele sind skeptisch gegenüber Barto, vor allem wegen der Beteiligung der Fenaco?
Niederhauser: Barto hat keinen Zugriff auf unsere Buchhaltungen. Es handelt sich nur um eine Schnittstelle und wäre für uns eine Arbeitserleichterung.
Wie geht es den Bauernfamilien, denn als Treuhänder wissen Sie, wie es um die wirtschaftliche Lage steht?
Niederhauser: Wir arbeiten mit Agroscope, genauer gesagt der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten, zusammen, um schweizweit die Einkommenssituation der Bauernfamilien abzubilden. Die neuesten Daten auf nationalem Niveau werden an der Agrarökonomietagung im November bekannt gegeben. Wir von Fiduciaire Segec machen eine Auswertung über die Region Jura und Berner Jura. Dabei handelt es sich vorwiegend um Betriebe in der Bergzone, was sich seit der AP 14-17 positiv auf das Einkommen auswirkt. Aber es ist für diese Betriebe auch eine Herausforderung, unternehmerisch produktiv und effizient unterwegs zu sein.
Alder: Wir machen in unserer Region St. Gallen, Appenzell, Liechtenstein keine Auswertungen über alle Betriebe. Das machten wir früher im Auftrag des Kantons. Ich stelle fest, dass die Buchhaltungsergebnisse sehr auseinander driften. Die Einkommensschere wird immer grösser. Es gibt Betriebsleiter, die sehr erfolgreich sind und andere, die ums Überleben kämpfen. Für Letztere ist die Situation sehr schwierig.
Niederhauser: Unsere Einkommenszahlen sind etwas verfälscht. Wenn ein Ehepartner auswärts arbeitet, fliesst das buchhalterisch ins Haushalts- bzw. Gesamteinkommen ein. Dabei möchte ich es nicht unterlassen, auch auf die Doppelbelastung Auswärts und Betrieb hinzuweisen. Der Betriebsleiter muss die ganze Verantwortung für die Landwirtschaft, alle Tätigkeiten, Auflagen, Kontrollen etc. allein tragen. Gleichzeitig steigt der Druck, grösser und wettbewerbsfähiger zu werden. Kein Wunder steigt das Burnout-Risiko in der Landwirtschaft. Zu denken gibt mir auch die hohe Suizidrate in der Landwirtschaft. Früher bei den Familienbetrieben konnte man all die Arbeiten gemeinsam am Küchentisch besprechen und Arbeit wie Verantwortung auf mehrere Schultern laden. Das fehlt heute.
Idealisieren Sie nicht etwas die alten Zeiten?
Alder: Ich pflichte Yves bei. Im Gegensatz zu früher ist der Druck von aussen auf die Betriebsleiter enorm gestiegen. Sicher gibt es auch Bauernfamilien, die sich die Zeit nehmen, um sich untereinander auszutauschen, und wo es nicht nur um das Organisatorische geht, wer, wo, was erledigt. Dieser Druck ist aber auch in der gesamten Arbeitswelt ausserhalb der Landwirtschaft spürbar und in den letzten Jahren gestiegen.
Ist es nicht eine Chance für Bäuerinnen, auswärts zu arbeiten und dabei punkto sozialer Absicherung auf der sicheren Seite und unabhängig vom Betrieb zu sein?
Alder: Viele Bäuerinnen arbeiten auswärts, weil das Einkommen nicht reicht. Eine Anstellung ausserhalb der Landwirtschaft ist sozialversicherungsmässig sicher wichtig. Es gibt aber auch viele Ehepartnerinnen von jungen Landwirten, die einen guten Beruf haben, und auswärts arbeiten wollen – nicht nur von den Sozialversicherungen hergesehen.
Finden Sie es besser, dass ab 2027 der Versicherungsschutz für mitarbeitende verheiratete Partnerinnen obligatorisch sein wird, ansonsten kommt es zu Direktzahlungskürzungen?
Alder: Es war ein Anliegen der Landfrauen- und Bäuerinnenverbände, den Sozialversicherungschutz für mitarbeitende Ehepartner zu verbessern. Das ist wichtig, richtig und sinnvoll. Was mich in der Umsetzung stört, ist der Zwang bzw. die Drohung mit Direktzahlungskürzungen.
Niederhauser: Sozialversicherungsschutz für die mitarbeitende Ehefrau ist wichtig. Darüber sind wir uns alle einig. Aber die Kopplung mit den Direktzahlungen ist belastend. Dazu kommt ein weiterer Nachteil. Ich denke, dass es in Zukunft eine grössere Herausforderung für Betriebe mit tiefen Einkommen sein kann. Es kann sein, dass der Betriebsleiter zukünftig schlechter versichert ist als seine Ehefrau. Die Abdeckung von zusätzlichen Versicherungsleistungen wird den Landwirtschaftsbetrieb zusätzlich finanziell belasten. In solchen Situationen wird das Einkommensniveau so tief sein, dass der Betriebsleiter nicht mehr genügen versichert sein wird. Dieses Dilemma lässt sich nicht wegdiskutieren.