Gut 1000 Meter über Meer, am Fuss des Geissbergs, liegt die Bergheimatschule Gurtnellen. Die vergangenen fünf Monate hauchten sechzehn junge Frauen dem Haus Leben ein. Die Bäuerinnenschule wird als Vollzeitmodell mit Internat geführt.

Grosser Zusammenhalt

Die Monate in Gurtnellen beschreibt die Absolventin Cornelia Stadelmann: «Der Zusammenhalt in der Klasse hat mir sehr gut getan. Die Zeit hier oben hat mich offener und zuversichtlicher gemacht, was die Arbeit in der Landwirtschaft betrifft.» Stadelmann arbeitete bis im Dezember 2022 auf ihrem erlernten Beruf als Bäckerin/Konditorin. «Aber ich brauchte etwas Abwechslung. Ich war schon immer sehr an der Landwirtschaft interessiert, wollte aber nicht Landwirtin lernen», so entschied sich die Luzernerin für die Ausbildung zur Bäuerin FA. Ihr neuerlerntes Wissen wird sie diesen Sommer umsetzen können, denn für sie geht es z Alp.

Humor und Kreativität

Der Zusammenhalt der Absolventinnen sowie der Lehrpersonen war während der Schlussfeier spürbar. Die ersten Tränen wurden bereits bei der Begrüssung von Schulleiterin Regina Furger verdrückt. Diese erzählte schmunzelnd, diese Klasse habe besonders viele Streiche ausgeheckt. Sie habe auch einige neue Lebensweisheiten erfahren. «Was du heute kannst besorgen, das verschiebe doch auf morgen, denn was du heute kannst erleben, kann dir morgen keiner geben», sei nur eine davon. Besonders blieben ihr ein Smiley-Tattoo, Dauerwellen und nächtliche Spiegeleier in Erinnerung.

Lob von allen Seiten erhielt die Schulleiterin Regina Furger. Die 32-Jährige übernahm die Leitung per August 2020. Im ersten Halbjahr arbeitet sie als Schulleiterin und Lehrerin für das BWZ Uri. In der zweiten Jahreshälfte organisiert sie die Untervermietung des Gebäudes im Namen der Bergheimatschule GmbH.

Künstliche Intelligenz

Bildungsdirektor Beat Jörg hatte für seine Festrede die künstliche Intelligenz ChatGTP zur Zukunft der Landwirtschaft befragt. Die Antwort verhiess Gutes. In der Landwirtschaft müsse man sich immer wieder mit Herausforderungen auseinandersetzen, was menschliche Intuition, Anpassungsfähigkeit und Erfahrung erfordere. Auch bei den Tieren müssten die Menschen das Verhalten beobachten, die Gesundheit überwachen und fürs Wohlbefinden sorgen. Dazu sei die direkte Präsenz wichtig. Das schaffe die künstliche Intelligenz nicht, genau so wenig könne sie zwischenmenschliche Beziehungen zwischen Bauern und Verbrauchern ersetzen. «So wird die künstliche Intelligenz in der Landwirtschaft weiterhin nur eine kleine Rolle spielen.»

Plüsch-Song Arm in Arm

Nach der Festrede bekamen die Absolventinnen ihre Modulzertifikate. Alle hatten bestanden.

Die Absolventinnen: Victoria Barmettler, Obbürgen NW; Daniela Bucheli, Hergiswil b. Willisau LU; Edith Durrer, Ennetbürgen NW; Sara Flühler, Oberdorf NW; Priska Göggel, Kappel am Albis ZH; Anita Kempf, Seedorf UR; Stefanie Kempf, Unterschächen UR; Tanja Langenegger, Baar ZG; Brigitt Lüönd-Arnold, Goldau SZ; Julia Odermatt, Büren NW; Sarah Püntener, Attinghausen UR; Anja Schreiber, Wegenstetten AG; Cornelia Stadelmann, Steinhuserberg LU; Marlen Steiner, Alpthal SZ; Sonja Tschümperlin, Engelberg OW; Monika Zurfluh, Erstfeld UR.

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Die Höchstnote erreichte Sarah Püntener aus Attinghausen mit 5,61. Die Abschlussklasse überraschte ihre Schulleiterin mit einer eigenhändig verzierten und gravierten Holzbank. Spätestens da blieb kein Auge trocken. Regina Furger weinte voller Rührung und die gesamte Abschlussklasse konnte sich nicht mehr zurückhalten. Nach der tränenreichen Übergabe sammelten sich die jungen Damen und sangen Arm in Arm «Häbs guet» von Plüsch. Und sie versprachen sich, dass es nicht das letzte Zusammentreffen sein sollte.

 

 

«Die Frauen blühen an dieser Schule auf»

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit?

Regina Furger: Ich mag die abwechslungsreiche und flexible Arbeit. Im Frühjahr schätze ich die gemeinsame Zeit mit den Absolventinnen und den Lehrpersonen sehr. So lerne auch ich jedes Jahr wieder viele neue Dinge dazu. Im Herbst geniesse ich meine Ruhe und mag die Planung und Organisation für den Folgekurs.[IMG 3]

Was sind die Herausforderungen?

Gute Lehrpersonen zu finden, kann zu einer Herausforderung werden. Ich hatte jedoch bis jetzt immer sehr grosses Glück mit den «Neuen». Auch steht in wenigen Jahren eine Änderung in der Ausbildung als Bäuerin / Bäuerlicher Haushaltsleiter an. Die kann grosse Veränderungen mit sich bringen.

Was sind die schönen Momente?

Da gibt es sehr viele. Mir gefällt es, zu beobachten, wie die anfängliche Scheu zu Schulbeginn schnell verfliegt und die Damen nach und nach wie Schwestern werden. Die stetige Entwicklung ist gut sichtbar und macht enorme Freude. Auch ist das gemeinsame Projekt «Tag der offenen Tür» eine wunderbare Sache, um ihre vielseitigen Fähigkeiten aufzuzeigen. Es ist immer wieder herrlich, zu sehen, wie die Frauen an der Schule aufblühen. Sie erlangen Selbstbewusstsein, neue Fähigkeiten und Stärken.

Was macht den «Geist» der Schule aus?

Wer nach Gurtnellen kommt, nimmt sich Zeit und verlässt für einen kurzen Moment sein bisheriges Leben für den Vollzeitkurs. Während fünf Monaten lebt man mit anderen Gleichgesinnten unter einem Dach. Das ergibt viele gemeinsame Stunden zum Schaffen und Lachen, Lernen und Reden. Das verbindet die Absolventinnen. Aber auch die Lehrpersonen tragen einen grossen Teil dazu bei, dass die Zeit da oben einmalig ist.

Was bekommen Sie für Rückmeldungen?

Die Rückmeldungen zur Schule sind sehr gut. Es gibt natürlich immer Punkte, welche überarbeitet und angepasst werden müssen. Aber wenn man die Anmeldungen betrachtet, scheint es zu stimmen. Die beste Werbung ist auch heute noch die Mund-zu-Mund-Propaganda. Der Bäuerinnenkurs 2024 war sehr früh ausgebucht und schon fürs Kursjahr 2025 purzeln Anmeldungen herein. Trotz vollen Kursen haben aber weiterhin externe Absolventen(innen) Platz, um einzelne Module zu besuchen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Schule?

Ich wünsche mir, dass unsere Schule weiterhin gut besucht ist und die Absolvent(innen) bestmöglich von dieser Ausbildung profitieren können. Seit Wiedereröffnung der Schule im Jahre 2016 haben wir grosse Unterstützung im Kanton und über die Kantonsgrenze hinaus. Wir aus der landwirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung dürfen stolz sein, schweizweit sehr gute Schulen anbieten zu können.