Das alljährliche Podium der Berner Landwirtschaft ist meistens der erste grosse Anlass im neuen Jahr. So traf sich letzten Freitag im Schlossgutsaal in Münsingen nicht nur die Prominenz der Landwirtschaft, sondern auch die der Politik und der vor- und nachgelagerten Stufen. Organisiert vom Berner Bauernverband, ist der Anlass nicht nur gespickt mit einem Podiumsgespräch, sondern der Event ist auch ein guter Treffpunkt für den Austausch – in anderen Worten: ein idealer Anlass für Networking und um Leute kennenzulernen.
Gemeinsame Kampagne
Das Thema lautete dieses Jahr «Wie nahe stehen sich die Berner Wirtschaftsverbände wirklich?», oder besser gesagt: Wie nah steht die Wirtschaft zu der heimischen Landwirtschaft. So diskutierten die Präsidenten der Wirtschaftsverbände über die Ziele der gemeinsamen Kampagne BEstouz. Am Podium teilgenommen haben Jürg Iseli, Präsident des Berner Bauernverbands (BEBV); Daniel Arn, Präsident Handels- und Industrieverein (HIV) Kanton Bern; Ernst Kühni, Präsident Berner KMU; Christoph Zimmerli, Geschäftsführer Berner Arbeitgeber, und Francesco Rappa, Präsident Hauseigentümerverband Kanton Bern.
Die Aargauer Bauerntochter und Komödiantin Patti Basler moderierte den Anlass und Michael Meier visualisierte die Diskussion und widerspiegelte mit seinen Zeichnungen die Diskussionspunkte, ergänzt mit einer Prise Humor, aber auch kritischen Bemerkungen. Als Veganer schimmerte dies auch ab und zu bei seinen Zeichnungen durch, was nicht allen Anwesenden gefiel. Es ist nicht einfach, die Veranstaltung in einem Lauftext zusammenzufassen. Wir präsentieren Ihnen deshalb ein paar Statements der Podiumsbeteiligten. Meistgefallenes Zitat: «Wir arbeiten eng mit der Landwirtschaft zusammen.»
Patti Basler, Moderatorin
- «Warum sind hier am Podium nur Männer vertreten, hat die Landwirtschaft keine Frauen, die das können?»
- «Ich haben die Milchkontingentierung meiner Eltern noch miterlebt, ich weiss, wie sich die Landwirtschaft in den letzten Jahren verändert hat.»
- «Was bevorzugen Sie, Herr Iseli, die Erweiterung von Autobahnen oder die Biodiversitätsförderflächen?»
- «Frauen in der Landwirtschaft müssen oft unbezahlt arbeiten, da sollte man eine 13. AHV-Rente doch unterstützen.»
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Jürg Iseli, BEBV
- «Wenn die Ladenöffnungszeiten flexibler wären und diese am Abend länger offen hätten, würde sicher mehr konsumiert, was auch der Landwirtschaft zugute käme.»
- «Ich sehe dies bei unserem Hofladen, dass auch um Mitternacht eingekauft und mit Twint bezahlt wird. Läden, die nicht mehr bedient werden, wird es in Zukunft vermehrt geben.»
- «Dass die Bauern gegen den Landverlust ankämpfen, ist verständlich. Wir haben einen Verfassungsauftrag für die Ernährungssicherheit.»
- «Warum müssen die Autobahnen immer in der Breite vergrössert werden, warum kann man diese nicht in die Höhe und mehrstöckig bauen?»
- «Wir müssen die Fruchtfolgeflächen schützen, denn ist das Land einmal verbaut, ist es für immer weg.»
- «In Zukunft werden Biogasanlagen für die Landwirtschaft einen grösseren Stellenwert haben.»
- «Warum muss nur die Landwirtschaft Biodiversitätsförderflächen anlegen, warum müssen das die Städte oder die privaten Hausbesitzer nicht?»
- «Grundsätzlich sitzen wir alle im gleichen Boot und wollen zur Natur und zur Umwelt Sorge tragen. Um bei Initiativen Mehrheiten zu gewinnen, ist die Landwirtschaft auf die Unterstützung der Konsumentinnen und Konsumenten angewiesen.»
Daniel Arn, HIV
- «Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands ist für den Ausbau der Autobahn A1 auf sechs Spuren. Ich habe gedacht, die Landwirtschaft will das Kulturland schützen, das kann ich nicht verstehen.»
- «Die fossile Energie wird immer weniger. Doch wir müssen ähnliche Rahmenbedingungen haben, um weiter produzieren zu können. Wenn das in der Schweiz nicht mehr möglich ist, verlieren wir Arbeitsplätze.»
- «Tatsächlich sind in den Führungspositionen die Frauen in der Minderheit. Wir probieren sie zwar zu motivieren, doch wir bringen das gewünschte Resultat nicht hin. Veränderungen brauchen eben Zeit.»
Ernst Kühni, KMU
- «Wir haben in den letzten Jahren die Bauern bei Initiativen wie Massentierhaltung unterstützt. Da erwarten wir auch, dass sie uns beim Ausbau der Strassen zur Seite stehen.»
- «Die Bauern sind auch Unternehmer. Bei den letzten Wahlen hat die Landwirtschaft gezeigt, wie man ihre Kandidatinnen und Kandidaten ins Parlament bringt.»
- «Uns wird oft vorgeworfen, dass der Berner KMU ein Abzocker-Verband ist, das sind wir nicht.»
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Christoph Zimmerli, VAB
- «Die Landwirtschaft sollte vermehrt mit den KMU zusammenarbeiten. Ein gutes Beispiel sind die Strassenprojekte. Denn niemand steht gerne im Stau und wie sagt man so schön: Zeit kostet Geld.»
- «Der Kanton Bern hat wirtschaftsmässig ein angeschlagenes Images. Wir müssen im Kanton das Gewerbe und die Wirtschaft wieder in ein besseres Licht rücken.»
- «Eine Möglichkeit ist, die Steuern im Kanton Bern zu senken.»
Francesco Rappa, HEV
- «Als Präsident des Hauseigentümerverbands haben wir nicht immer die gleiche Meinung wie die Landwirtschaft.»
- «Das bäuerliche Bodenrecht verhindert, dass wir auf dem Lande viele Objekte als Wohnfläche nicht besser nutzen können.»
- «Die 13. AHV-Rente ist zu wenig durchdacht. Vielleicht wäre es besser, auf die AHV-Rente keine Steuern mehr zu erheben.»
Stimmen aus dem Publikum
- Ruedi Fischer, Bätterkinden: «Oft müssen wir Land, zum Beispiel für Radwege oder als Renaturierung für Gewässer, für die Allgemeinheit hergeben. Für dieses Land bekommen wir oft eine zu tiefe Entschädigung, das ist für mich nicht in Ordnung. Oft wird uns auch mit Enteignung gedroht.»
- Verena Wagner, Präsidentin Pro Natura Bern: «Da die Landwirtschaft jährlich mehrere Milliarden bekommt, kann ich nicht verstehen warum sie sich gegen mehr Biodiversität sträubt.»
- Dazu Jürg Iseli: «Die Landwirtschaft macht diesbezüglich schon viel. Und jetzt zusätzlich wieder 3,5 % BFF im Ackerbau geht nicht. Warum machen eigentlich die Hausbesitzer auf ihrem Rasen nicht auch BFF?»