«Was ich nicht verkaufen kann, wird auch nicht produziert. Denn wir sind extrem dienstleistungsorientiert.» So beschreibt Christian Herrli, stellvertretender Geschäftsführer bei «Seeland Bio», die Betriebsphilosophie. Das unterscheide den Bio-Direktlieferanten von einigen anderen Landwirten, ist er überzeugt. Im Weiteren gehörten auch ein hoher Qualitätsstandard sowie viel Freude an der Arbeit zur Betriebsphilosophie dazu.

«Eine freundliche Halle» aus Schweizer Holz

«Seeland Bio» ist eine Betriebsgemeinschaft im Freiburger Seeland, die an den Standorten Ried bei Kerzers und Büchslen Gemüse produziert. Das gesamte Produktionsvolumen sowie grössere und kleinere Zukäufe von rund 20 weiteren Produzenten wird selbst aufbereitet, verpackt und vermarktet. Hauptabnehmerin ist die Migros. «Familie Christen war eine der ersten, die begriffen, dass die Selbstvermarktung ohne Zwischenhandel wichtig ist. Sie wurde schon im Jahr 1997 Direktlieferantin der Migros», erklärt Christian Herrli.

Er sitzt im Büro im ersten Stock der neuen Betriebszentrale in Ried bei Kerzers. Eine Glasfront ermöglicht vom Bürotisch einen Blick hinunter in die Aufbereitungshalle. Diese ist aus Schweizer Holz gebaut worden. Es sei eine freundliche Halle für die Arbeitnehmenden, nicht kalt im Winter und angenehm im Sommer, erläutert Herrli. Daneben schätzt er an der Betriebszentrale auch die Übersichtlichkeit, den Platz rund ums Haus herum, die Verlade-Kapazität und die unterschiedlichen und genügend grossen Kühlkapazitäten, die produktspezifisch unterschiedliche Temperaturen bieten.

Aus Kostengründen auf Holz gesetzt

Geplant war zunächst keine Holzhalle, sondern aus Kostengründen eine Stahlhalle. Wegen einer Einsprache verzögerte sich der Bau jedoch und die Preise stiegen dermassen, dass schliesslich einheimisches Holz günstiger gewesen sei als Stahl, erläutert Christian Herrli. Grund für den Neubau sei der Wunsch nach Effizienzsteigerung und Wachstum gewesen, um damit für die Zukunft (und die nachfolgende Generation) eine Grundlage zu schaffen. «In dem Markt der Direktlieferanten braucht es heute eine Grundlage, um weiterzufahren. Ansonsten hat man keine Chance», ist Herrli überzeugt.[IMG 3]

Als Highlight bezeichnet «Seeland Bio» die grosse Besuchergalerie im ersten Stock, die den Blick in die ganze Aufbereitungshalle erlaubt. Der Neubau ist Teil des regionalen Entwicklungsprojekts (PRE) Bio-Gemüse Seeland (siehe Kasten weiter unten). So entstand die Idee zur Galerie und eine Zusammenarbeit mit Murten Tourismus.

Im Rahmen des PRE-Projekts Bio-Gemüse Seeland floss auch Geld in den Neubau. «Aber wir haben ca. 90 Prozent der Kosten selbst finanziert», betont der stellvertretende Geschäftsführer. Genauere Zahlen lässt er sich jedoch nicht entlocken. Christian Herrli schätzt die Zusammenarbeit mit Murten Tourismus. Auf deren Website können Führungen für Gruppen im Betrieb «Seeland Bio» oder auch anderen Betrieben gebucht werden.

Die Arbeit optimal aufgeteilt

Betriebsspiegel «Seeland Bio»
 
Betriebsleiter: Marcel und Bruno Christen. Christian Herrli ist stellvertretender Geschäftsführer
Ort: Ried bei Kerzers
Mitarbeitende: Gegen 65 Personen während Hochsaison
Produktionsfläche gedeckt: 1,8 ha
Produktionsfläche ungedeckt: 80 ha
Fläche Produktaufbereitung inklusive Laden: 12 Aren
Kulturen: 32 verschiedene Gemüsesorten und Salate

«Wir sind am Tag X da, machen ein Apéro-Plättli und erzählen etwas über die Halle und die Gemüseproduktion.» Den Erstkontakt und die Planung übernehme Murten Tourismus, erklärt Christian Herrli. Und: «Für uns ist das optimal. Zudem ist es ein guter Service für die Kunden. Können wir an einem gewünschten Datum keine Führung durchführen, findet Murten Tourismus einen anderen Betrieb.»

Kunden machen Werbung

Integriert im neuen Hauptsitz ist auch ein grosszügiger Hofladen. Dieser wurde am ersten März eröffnet und ersetzt den kleinen Laden, der in Greng geführt wurde. Das Sortiment besteht nebst dem selbst produzierten Gemüse und Salaten auch aus Obst sowie zahlreichen weiteren Bio-Produkten. Viele der Produkte wie Konfitüren, Sirups oder eingelegtes Gemüse werden in der hauseigenen Verarbeitungsküche produziert, andere zugekauft. «Die Einweihung des Ladens war ein voller Erfolg; es läuft seitdem stetig», erklärt Christian Herrli. «Klar ist jedoch, dass noch mehr gehen muss.» Und das werde mit der Zeit und durch Mund-zu-Mund-Propaganda passieren. «Denn die Leute kaufen da, wo die Kollegin sagt, da sei es gut», weiss Herrli. Und dies werde den Laden schliesslich zum Erfolg führen, trotz Konkurrenz anderer Hofläden, die es in und um Kerzers bereits gibt.

Die Vorteile des neuen Ladens

«Andere Läden, andere Konzepte», weiss Christian Herrli. Und: «Wir sind der Meinung: Es hat Platz für ein neues Bio-Sortiment.» Genügend Parkplätze, gut gelegen, sowie Mitarbeitende, die auch Auskunft geben könnten, das seien weitere Pluspunkte, ist sich Herrli sicher. Wie bei Grossverteilern kann die Kundschaft auch bei «Seeland Bio» wählen, ob sie den Self-Service fürs Bezahlen oder die Arbeit der Verkäuferin in Anspruch nehmen will. Nebst der Arbeit im Laden sind die fünf Frauen, die sich 300 Stellenprozente teilen, auch für die genaue Herstellung von Konfitüren nach standardisierten Rezepten etc. verantwortlich.

Eine dieser Mitarbeiterinnen ist Barbara Rohrer. Sie erzählt, dass sie gerne bei «Seeland Bio» arbeite. «Ich darf kreativ sein und das Einbringen von Ideen wird geschätzt», erklärt sie. Als Quereinsteigerin im Bereich Verkauf und Produktion fasziniere sie die Arbeit in der Verarbeitungsküche. Dieses Kochen sei anders als zu Hause. Sie könne Erfahrungen von zu Hause einbringen, lerne aber auch Neues, wie etwa das Einmachen.

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Weiter zu wachsen, ist das Ziel

Auf Zahlen angesprochen, bleibt Christian Herrli zurückhaltend. «Für uns ist nicht das Umsatzvolumen relevant. Viel wichtiger ist, ob der Laden rentabel ist oder nicht. Und um das zu beurteilen, ist es momentan noch zu früh», erklärt er.

Der Neubau ist also geschafft, die offizielle Einweihung Ende Mai über die Bühne gebracht und trotzdem will Christian Herrli nicht zurücklehnen. «Wir sind dabei, KMU-Strukturen aufzubauen», plaudert er aus dem Nähkästchen. Zudem soll die wichtige Zusammenarbeit mit anderen Produzenten ausgeweitet werden. «Ich bin der Typ ‹volles Rohr› und mache keine halben Sachen», macht er deutlich.

Weitere Informationen

PRE-Projekt stärkt Bio-Gemüse

Das Neubauprojekt von Seeland Bio ist Teil des regionalen Entwicklungsprojekts (PRE) Bio-Gemüse Seeland. Das Projekt verfolgt das Ziel, Bio-Gemüse im Seeland entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Anbau bis zur Vermarktung zu stärken. Die Bekanntheit des Bio-Gemüses aus dem Seeland soll über die Grenzen der Region hinaus gefördert, die Bio-Gemüseproduktion und der Tourismus im Seeland gestärkt werden, heisst es auf der Website. Im Kanton Freiburg ist das PRE Bio-Gemüse das erste derartige Projekt. Nach mehrjähriger Vorbereitung startete es im November 2021 in die sechs-jährige Umsetzungsphase. Im Rahmen des Projekts wurde auch die Dachmarke «Passion Seeland bio:logique» geschaffen. Sie vereint verschiedene Akteure der Bio-Gemüsebranche und Winzer im Seeland sowie Produzentinnen von weiteren Bio-Produkten.

Weitere Informationen: www.passion-seeland.bio