Die Baselbieter befinden sich in finanzieller Schieflage, die Berner stehen ohne Geschäftsführerin da und den Freiburgern ist vor geraumer Zeit der Präsident abhandengekommen. Was ist los in den kantonalen Bauernverbänden? Die BauernZeitung hat mit Marc Brodbeck, Präsident Bauernverband beider Basel (BVBB), und dessen Finanzchef Stephan Plattner gesprochen; sie haben jüngst ein Defizit von 165'000 Franken vermeldet.

Weiter liessen wir die aktuelle Lage von Sandra Helfenstein vom Schweizer Bauernverband (SBV) einschätzen (siehe Kasten unten).

Hatten Sie viele Reaktionen auf Presseberichte über die GV?

Marc Brodbeck: Die Reaktionen waren im gewohnten Rahmen. Sie waren neutral und aufbauend. Da wir immer offen und transparent kommuniziert haben, ist die Wetterlage klar.[IMG 2-3]

Gab es Reaktionen, die fanden, das Ende des BVBB sei nahe?

Marc Brodbeck: Nein, aber da der Verband auf der Intensivstation liegt, ist es vermutlich mit einer Nahtoderfahrung zu vergleichen.

Ist der BVBB nach der Kündigung des Geschäftsführers überhaupt noch handlungsfähig?

Marc Brodbeck: Der BVBB ist und war nie handlungsunfähig. Die Stellvertretungen sind klar geregelt und wir nehmen unsere Verantwortung wahr.

Wie geht es weiter und wie gestaltet sich die Suche nach einer Nachfolge?

Marc Brodbeck: Da wir unsere Ressorts im Vorstand haben, ist die Grosswetterlage allen bekannt. Im Verbandsbüro arbeitet unsere langjährige Angestellte, welche weiss, wie der Hase läuft. Die Gestaltung nach einer Nachfolge richtet sich nach den Finanzen und dem Angebot.

«Seit Jahren sind die knappen Finanzmittel ein Dauerthema.»

Stephan Plattner, Finanzchef des BVBB.

Es gibt Stimmen, die fragen, ob nicht der Präsident, ja gar der ganze Vorstand zurücktreten müsste.

Stephan Plattner: Bisher sind keine Forderungen dieser Art bis zu mir durchgedrungen. Sollte ich persönlich Druck in diese Richtung verspüren, würde ich mein Amt zur Verfügung stellen. Grundsätzlich möchte ich aber die anstehenden Probleme lösen und nicht davonlaufen. Ein Rücktritt des Präsidenten in der aktuellen Krise wäre wenig zielführend. Er setzt sich mit Herzblut für den Verband ein, ist breit vernetzt, und der Vorstand steht hinter ihm. Vor einem Rücktritt des gesamten Vorstandes hätte ich einen Riesenrespekt. Dadurch ginge viel Wissen und Fachkompetenz in den einzelnen Ressorts verloren. Das käme einer vorgezogenen Bankrotterklärung gleich.

Ist es möglich, dass der Lohn des momentanen Geschäftsführers so hoch ist, dass bei seinem Wegfall der Verband saniert ist?

Stephan Plattner: Nein, so einfach ist es nicht! Einerseits baut die Sanierungsstrategie auf drei Säulen auf (nicht nur auf der Reduktion der Personalkosten). Andererseits ist der Verlust im vergangenen Geschäftsjahr deutlich höher als der Lohn des Geschäftsführers.

«Bis jetzt hat noch niemand mit Austritt gedroht oder ihn vollzogen.»

Marc Brodbeck, Präsident des BVBB.

Es gab bereits in früheren Jahren Probleme in Bezug auf die Geschäftsstelle. Worauf führen Sie das zurück?

Stephan Plattner: Seit Jahren sind die knappen Finanzmittel ein Dauerthema im Alltagsgeschäft. Dies wirkt sich unweigerlich aufs Arbeitsklima aus. Das gesamte Personal der Versicherungsabteilung hat den BVBB in den Jahren 2022/23 verlassen, wodurch ein Vakuum entstand, das nicht von heute auf morgen aufgefüllt werden konnte. Mittlerweile sind alle Stellen mit neuen, motivierten Kräften besetzt und wir schauen zuversichtlich nach vorn.

Stimmt es, dass der BVBB aktuell offene Rechnungen nicht bezahlen kann und deswegen Betreibungen ins Haus flattern?

Stephan Plattner: Nein, das stimmt so nicht. Es gibt zwar aktuell unbezahlte Rechnungen, aber keine Betreibungen. Der BVBB ist nicht überschuldet. Müssten wir allerdings die Ausstände sofort bezahlen, wären wir gezwungen, auf gebundene Finanzmittel zurückzugreifen. Das wollen wir verhindern. Sobald die Jahresbeiträge im April in Rechnung gestellt sind, kommt Geld herein. Um die Zahlungsfähigkeit in der Übergangszeit zu sichern, habe ich vorgeschlagen, diese mittels freiwilliger Darlehen der Vorstandsmitglieder zu decken.

Der Rückhalt an der GV von den Bauern und Bäuerinnen schien gross. Gilt das auch für die Zeit nach der GV oder gibt es auch Mitglieder, die mit Austritt drohten oder diesen vollzogen haben?

Marc Brodbeck: Das Ziel des Vorstandes war von Anfang an, das Defizit nicht nur mit den Mitgliederbeiträgen auszugleichen. Die Sanierung beruht auf dem Drei-Säulen-Prinzip. Eine Erhöhung der Beiträge wurde auch schon angekündigt. Bis jetzt reagierten alle anständig, ich nehme an, das bleibt so. Ich bin vorsichtig optimistisch, denn wer sich mit dem Verband befasst, weiss, was wir durchs Jahr alles machen und uns einsetzen. Bis jetzt hat noch niemand mit Austritt gedroht oder ihn vollzogen.

Das sagt der SBV dazu

Gefragt danach, ob die kantonalen Bauernverbände ein Auslaufmodell seien, sagt Sandra Helfenstein vom Schweizer Bauernverband (SBV): «Nein. Vielmehr sind sie wichtige Stützen unserer Arbeit und die regionale Verankerung ein Teil unserer Stärke. Entsprechend haben wir alles Interesse, dass sie funktionieren.» Bei allen drei im Artikel erwähnten Verbänden habe die jeweilige Situation ihre eigene Geschichte und lasse sich daher nicht vergleichen. Mit dem Bauernverband beider Basler stehe der SBV in engem Austausch und unterstütze ihn im Rahmen der Möglichkeiten. Simone Barth