Er ist der meistproduzierte Käse in der Schweiz: der Gruyère AOP. Nicht nur hierzulande, sondern auch in Europa und in den USA schwört man auf den Klassiker. Im Jahr 1990 wurden noch 24 000 Tonnen produziert, mittlerweile sind es schon 32 000 Tonnen. Hinter dem Gruyère AOP steht ein Mann, den alle kennen, Philippe Bardet, der langjährige Direktor der Sortenorganisation. Bardet hat den Gruyère AOP geprägt wie kein anderer. Nach 27 Jahren an der Spitze der Interprofession geht Bardet diesen Sommer nun in die Pension. Am 12. Juni wird er an der Delegiertenversammlung gebührend verabschiedet.
Im Thurgau Landwirt gelernt
Die BauernZeitung hat Philippe Bardet getroffen. Sie wollte wissen, warum der Gruyère AOP so erfolgreich ist, wollte wissen, welche Zukunftspläne die Interprofession hat. «Wenn alle denken, ich sei in einer Käserei gross geworden, liegen alle falsch», sagt Bardet auf die Frage, wo er das Interesse zum Käse gefunden hat. «Mein Vater ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, schlussendlich ist er aber in einer Sägerei gelandet», erzählt er. In den Ferien war Bardet oft auf einem Bauernhof im Vully-Gebiet anzutreffen. «Nach dem Gymnasium absolvierte ich im Thurgau die landwirtschaftliche Lehre, lernte dort nicht nur Kühe melken, sondern auch Deutsch sprechen», hält er fest.
Nach dem landwirtschaftlichen Technikum (heute HAFL) im bernischen Zollikofen, zog es den jungen Bardet zuerst zum Schweizerischen Bauernverband, später zu Agora. Dort übernahm er das Dossier des Gruyère-Käses. Bardet spielte dabei eine wichtige Schlüsselrolle, als 1997 die Gründung einer Sortenorganisation vom Gruyère-Käse bevorstand und man die AOP-Anerkennung einführte. 1998 wurde Philippe Bardet dann zum Direktor der Sortenorganisation Gruyère AOP gewählt.
Einen gerechten Milchpreis
«Mit der Anerkennung vom Gruyère AOP wollte man dem Käse eine Marke geben und Leitlinien für die Produzenten schaffen», erzählt Philippe Bardet. Mit der Bezeichnung AOP will man auch dem Konsumenten aufzeigen, unter welchen Bedingungen der Gruyère produziert werden darf. «Wir hatten nie das Ziel, die Nummer eins auf dem Käsermarkt zu werden. Dass es so gekommen ist, freut uns natürlich umso mehr», so der Direktor. Viel wichtiger für ihn ist es, dass die Bauern für ihre Milch einen gerechten Preis erhalten. «Was nützt es uns, wenn wir ein Billig-Produkt produzieren, wo wir vielleicht das Verkaufsvolumen erhöhen könnten, aber die Landwirte und die Käser finanziell nicht davon profitieren werden», hält er fest. Auf keinen Fall will man auch in Zukunft nicht auf dem Buckel der Milchproduzenten die Käsemenge erhöhen. Das Ziel von Gruyère AOP bleibt weiterhin, den eigenen Käse-Geschmack zu erhalten. Schlimm ist es, wenn ein Käse vergleichbar ist, mit einem billigen Austauschprodukt aus dem Ausland. «Das wollen wir nicht, darum haben wir beim Gruyère AOP auch so strenge Regeln», führt Bardet weiter aus.
Kein Melkroboter
Den der Gruyère AOP muss sich am Markt unterscheiden, daher legt die Sortenorganisation auch so grossen Wert auf den Geschmack und die Tradition bei der Herstellung. Diese Strategie scheint voll aufzugehen, denn unter den beliebtesten 20 Marken ist auch der Gruyère AOP mit dabei. «Die Bauern reklamieren zwar immer, dass wir keinen Melkroboter in unserem Pflichtenheft zulassen», sagt Bardet. Doch das Verbot hat weder er noch der Vorstand, sondern die Delegierten beschlossen. «Ich habe sowieso kein Stimmrecht», ergänzt er.
Der Käse wird ranzig
Neben den Bauern sind es auch die Käser und die Handelsfirmen, die an der Delegiertenversammlung stimmberechtigt sind. «Bei einem Entschluss müssen alle drei Gruppen einverstanden sein. Stimmt jemand Nein, wird nichts umgesetzt», hält der Direktor fest. So wurde 2011 das Roboterverbot bei Stallneubauten beschlossen. Bei bestehenden Bauten gab es eine Übergangsfrist. «Wir haben festgestellt, dass beim Robotermelken es heikel ist mit der Qualität der Fettmolekülen», so Philippe Bardet. Gehen diese kaputt, merkt man dies am Geschmack des Käses an, er wird ranzig. «Deshalb wird am Roboterverbot festgehalten», sagt der Direktor. In punkto Absatz hat der Gruyère AOP im Jahr 2022 in der Schweiz einen Rekord erreicht. Im 2023 ist er leicht zurückgegangen. «Wir hatten da auf Wunsch der Käsehändler etwas zu viel produziert», hält er fest. Nun habe man den Lagerbestand wider abbauen können und für das Jahr 2025 sei man zuversichtlich.
Einen Rekord verbuchen
«Die Exportmenge konnten wir weltweit gesamthaft erhöhen», freut sich der Direktor. Nur Frankreich mache ihm ein wenig Sorgen: «Hier spüren wir eine starke Konkurrenz vom Comté, einem Hart-Rohmilchkäse aus der französischen Region», so Philippe Bardet. Leider sei der Gruyère-AOP in Frankreich nicht vorverpackt, und auch in den Läden ist er in den Regalen nicht gut platziert. «Hier gilt es natürlich, unsere Position zu verbessern, doch das ist nicht so einfach», befürchtet er. Was aber zurzeit in Amerika abläuft, sorgt auch bei Philippe Bardet für grosse Stirnrunzeln. «Letztes Jahr konnten wir 4300 Tonnen Gruyère AOP-Käse nach Amerika exportieren und somit auch einen Rekord verbuchen», freut er sich.
Ein grosser Nachteil
«Wenn die von Donald Trump angedrohten Zölle kommen, wäre das sicher ein grosser Nachteil für den Käse-Export», so der Direktor. Heute koste ein Kilo Gruyère AOP in Amerika in den Läden rund 50 Franken. «Wir exportieren ihn aber nur für 15 bis 17 Franken pro Kilo. Dazu kommen noch die Transportkosten und der Käse gelangt so mit rund 20 Franken an die Grenze», rechnet Bardet vor. Bedauerlicherweise hätten die Importeure und der Detailhandel so eine grosse Marge auf den Käse, dass er dann im Laden für 50 Franken angeboten wird. «Wenn jetzt noch die angedrohten Zölle kommen, wäre das nicht nur für den Konsumenten, sondern auch für unseren Exportmarkt ein Desaster, hält er fest. Doch so schwarz malen will der Direktor nicht, den laut Studien würden solche Zölle in erster Linie vor allem auch den Amerikanern schaden.
Eine hohe Messlatte gesetzt
Philippe Bardet hat als Direktor eine hohe Messlatte für seinen Nachfolger gesetzt. «Ich bin zufrieden, wie es in den 27 Jahren gelaufen ist», sagt er. Für die Branche wird nicht der Melkroboter zur grossen Herausforderung, sondern es wird zur Herausforderung, dass es in Zukunft auch noch genug motivierte Bauern und motivierte Käser gibt, welche nicht nur Milch, sondern auch Gruyère AOP produzieren. «Die junge Generation hat eine ganz andere Einstellung zur Arbeit. Sie ist nicht mehr gewillt, sieben Tage die Woche von Morgens früh bis Abends spät zu arbeiten», befürchtet er. Für ihn wird mit der Delegiertenversammlung vom 12. Juni nun ein Kapitel zu Ende gehen, ein Kapitel, wo Philippe Bardet dem Gruyère AOP jahrelang den Stempel aufgedrückt hat.