«Die Schweizer Pilzproduktion hat gute Chancen, vor allem mit Qualität und Regionalität, Spezialsorten und Nachhaltigkeit», meinte André Windlin, Leiter Landwirtschaftsamt Obwalden. Er sprach an einer Veranstaltung des Verbandes Schweizer Pilzproduzenten bei der Kernser Edelpilze GmhH.

Dort wies der Verband auf die Vorzüge von Pilzen hin und darauf, dass man sich in der Politik mehr Gehör verschaffen wolle (siehe Bericht in dieser Zeitung). Fünf von zwölf Mitgliedern des Verbandes produzieren in der Zentralschweiz und im Aargau. Neben den dominanten Champignons aus Wauwil gibt es auch Edelpilze aus dem Fricktal, aus Inwil, vom Gotthard-Gebiet und aus Kerns.

30 Jahre Kernser Pilze zu feiern

Diesen Herbst könne man das 30-Jahr-Jubiläum feiern, freute sich Christian Fanger, Geschäftsführer der Kernser Edelpilze GmbH. Seit 1995 werden in Kerns Edelpilze produziert. Landwirt Sepp Häcki war damals gezwungen, die bodenunabhängige Schweinehaltung aufzugeben und begann stattdessen im Stall mit der Pilzzucht.

2016 konnten die ersten Pilze in einem grossen Neubau gleich daneben geerntet werden. Dieser habe noch in der Landwirtschaftszone gebaut werden können, weil die Pilzproduktion zur landwirtschaftlichen Urproduktion zählte, erwähnte André Windlin. Inzwischen wachsen hier zwölf Edelpilzsorten; sie werden verarbeitet und in der ganzen Schweiz vertrieben, 45 Prozent gehen in den Export.

Substrat aus Holzresten in Pellet-Form

Daneben werden auch Substrate für andere Produzenten im In- und Ausland hergestellt, täglich bis zu 26 t. Das Substrat besteht aus einer Holzmischung, die in Pellets angeliefert wird. Daneben kommen auch Eiweisse und Fette zum Einsatz, Nebenprodukte aus der Lebensmittelherstellung. «Die weiteren biologischen Rohstoffe im Pilzsubstrat bleiben unser Betriebsgeheimnis», meinte Christian Fanger.

Der Trockenmischung wird heisses Wasser zugefügt; durch das Erhitzen werden Bakterien abgetötet. Nach einer Abkühlung auf unter 20 Grad Celsius wird das Pilzmycel beigegeben und das Substrat dann vollautomatisch in Plastikbeutel abgefüllt, pro Minute bis zu 60 Blöcke.

Das Substrat wird je nach Pilzsorte vier bis 15 Wochen vom Mycel durchwachsen, gelangt dann in die Produktionsräume und nach einem Kälteschock beginnt das Pilzwachstum – bis zur Erntereife.

In der Firma sind inzwischen 28 Mitarbeitende tätig, und neben der Pilz- und Substratproduktion wurden neue Geschäftsfelder aufgebaut, wie Fanger erläuterte. So die Kernser Mycotec als Kompetenzzentrum für Substratanlagen, wobei erste Maschinen bereits ins Ausland exportiert werden konnten.

Innovationszentrum testet Pilzmycel für Baustoffe

Die 2023 gegründete Mycostrat befasst sich als Innovationszentrum mit der Entwicklung und Produktion von Zusatzstoffen auf der Basis von Pilzmycel für den Pflanzenbau sowie für umweltfreundliche und nachhaltige Bau- und Werkstoffe.

Bereits erhältlich sind beispielsweise Pflanzgefässe aus Pilzmycel-Komposit. Und beim Snowfarming in Engelberg OW stammt das Pilzmycel, das in der Dämmung des gelagerten Schnees enthalten ist, ebenfalls von hier.

Schweizer Pilze könnten sich dank Qualität und Nachhaltigkeit von Importen abheben. Und auf die gesundheitlichen Aspekte in der modernen Ernährung und als Superfood wollen die Pilzproduzenten am Tag des Pilzes vom 27. September hinweisen.

Die Pilz-Branche fordert mehr Beachtung
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Pilze zählen zur Urproduktion, sind damit in der Landwirtschaftszone konform. In der Agrarpolitik gehe die Branche aber stets vergessen, meinte Nicole Badertscher, Geschäftsführerin des Verbandes der Schweizer Pilzproduzenten (VSP). Direktzahlungen gibt es keine und auch keinen Grenzschutz. Lediglich an die Absatzförderung zahle der Bund, allerdings vergleichsweise sehr bescheiden.

Auf die Herausforderungen und Anliegen machte der Verband an einer Medienorientierung am Freitag, 5. September, auf dem Betrieb der Kernser Edelpilze GmbH aufmerksam. Zu schaffen machen der Branche der Preisdruck durch steigende Importe, Personalmangel und Personalkosten sowie der starke Franken.

Pilze gehen in der Agrarpolitik vergessen
Die Branche trage sehr wohl zu den Zielen der Agrarpolitik wie Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz, Ernährungssicherheit, pflanzenbasierte Ernährung, und Wertschöpfung im ländlichen Raum bei, meinte Nicole Badertscher.

Verständnis dafür äusserte Ständerat Erich Ettlin (Mitte, OW). In der Tat passe die Pilzproduktion perfekt zu den agrarpolitischen Zielen. Es werde aber wohl schwierig, dafür direkte Beiträge oder einen Grenzschutz einzuführen. Er werde sich aber bei den Beratungen um die AP 2030+ bemühen, allenfalls mehr Mittel im Bereich Marketing zu generieren, zumal Pilze nachhaltig produziert und einer gesunden Ernährung entsprechen würden.

André Windlin, Leiter Landwirtschaftsamt Obwalden, sieht für Schweizer Pilze vor allem Chancen in der Qualität, teils auch in der Regionalität. Nur mit Differenzierung könne sich die Schweizer Landwirtschaft abheben, mit Masse habe man auf dem Weltmarkt keine Chance.

Das klare Ziel: Den Pilzkonsum steigern
Letztes Jahr produzierten fünf von 12 Mitgliedern des VSP rund 7800 t Champignons, dazu kamen noch rund 530 t Edelpilze von acht Mitgliedern, vor allem Kräuterseitling, Austernseitling und Shiitake. Importiert wurden rund 4800 t Champignons.

Der Konsum von Pilzen nimmt zwar zu, allerdings auch der Import, während die Inlandproduktion stagniert. In der Schweiz würden pro Kopf lediglich 2,3 Kilo Pilze konsumiert, in China seien es fast 30 kg, erklärte Badertscher. «Wir sehen sehr wohl ein Wachstumspotenzial.»

Der Konsumanteil aus Schweizer Produktion soll künftig gesteigert werden, die Branche will auf die Rolle der Pilze in einer gesunden Ernährung hinweisen. Künftig sollen auch Kinder mehr angesprochen werden. Und auf die Bedeutung soll auch am kommenden Tag des Pilzes am 27. September aufmerksam gemacht werden.