«Wir haben in diesem Jahr bei der Annahme von Kirschen eine Reihe von Vorkommnissen erlebt, die uns vor erhebliche Herausforderungen gestellt haben. Aus diesem Grunde haben wir uns nun entschieden, dieses Jahr keine Zwetschgen anzunehmen.» Das schrieb die Firma Bakels Nutribake AG, welche kürzlich den Früchteverarbeiter Räber AG aus Küssnacht am Rigi übernommen hat, ihren Lieferanten in einem Schreiben vom 8. August, welches der Redaktion vorliegt.

Bedeutender Abnehmer für Früchte

Man sei aber sehr bemüht, die Prozesse und Komplexitäten rund um die regionale Rohwarenbeschaffung für die Konfitüre-Herstellung noch besser zu verstehen und sei selbstverständlich bereit, Optimierungen einzuleiten und langfristig gute und nachhaltige Lösungen zu erarbeiten, heisst es im Schreiben weiter.

Die 1877 gegründete Firma Räber, vormals mit einem Verarbeitungsbetrieb in Merlischachen, ist 2021 ins Fänn, Küssnacht, in einen Neubau umgezogen. Räber ist ein bedeutender Abnehmer von Früchten aus der Region, stellt Konfitüren her sowie Halbfabrikate für die Lebensmittelindustrie und eine Vielfalt von Destillaten. Die Firma exportiert ihre Produkte auch in zahlreiche Länder, Handel mit Wein ist ein weiteres Standbein.

Neue Firmenorganisation seit Juni 2024

Erst kürzlich, am 1. Juni 2024, wurde die Räber AG samt Belegschaft und Betriebsgebäude von der Bakels Nutribake AG (ehemals Hochdorf Nutribake AG) mit Sitz in Rothenburg LU übernommen. Diese ist eine Tochtergesellschaft der internationalen Bakels Gruppe, welche Backgrundstoffe herstellt und in allen Kontinenten 3300 Mitarbeitende beschäftigt.

Trotz mehrmaliger Anfrage wurde seitens Räber Swiss bzw. Bakels Nutribake AG bis Redaktionsschluss auf eine Stellungnahme zu den Hintergründen dieses Übernahmeverzichtes für Zwetschgen verzichtet.

Zu tiefe Preise für Saftkirschen

Abo Produktion und Vermarktung von Industriekirschen ist anspruchsvoll, neue Verarbeitungsmöglichkeiten werden gesucht. Obst Regionale Unterschiede bei den Kirschen-Erträgen Wednesday, 14. August 2024 Pirmin Ulrich, Langegg, Präsident des Obstbauvereins Küssnacht und Umgebung erklärt auf Anfrage, dass es offenbar ein Ereignis mit einem Lieferanten gab, welcher die von Räber gestellten Qualitätsanforderungen in krasser Weise nicht erfüllte. Zudem sei eben die diesjährige Kirschenernte schlecht gewesen, es seien kaum Konservenkirschen abgeliefert worden. Auch die Null-Toleranz bezüglich Befall mit der Kirschessigfliege sei für die Abgabe von Früchten von den Hochstammbäumen eine hohe Hürde. Ulrich erwähnt auch den «zu tiefen Preis». Für Saftkirschen zahlte Räber Fr. 1.70 pro Kilo, für Brennkirschen rund Fr. 1.35. «Der Preis müsste unbedingt angehoben werden, dann würden auch eher wieder Konservenkirschen geliefert.»

Anspruchsvolle Übernahme

Grundsätzlich sei die diesjährige Kirschenernte auch für die Abnehmer anspruchsvoll gewesen. Das habe wohl auch die Firma Bakels Nutribake, für welche nach der erst kürzlichen Übernahme der Räber AG die Prozesse bei der Rohwarenbeschaffung erst recht anspruchsvoll waren, gespürt. Die Produzenten der Region seien sehr interessiert, weiterhin Früchte an Räber liefern zu können. Man sei im Gespräch mit der Firma, und eine Information zur künftigen Früchtelieferung sei für Ende Jahr in Aussicht gestellt worden. Der Abnehmer sei schon in der Vergangenheit immer ein bedeutender Partner gewesen, vor allem für Kirschen. Zwetschgen hätten allerdings in der Region Küssnacht nur noch eine geringe Bedeutung. «Es werden nur mehr wenig Brennzwetschgen abgeliefert.» Auch Ulrich selber, welcher auf seinem Milchwirtschaftsbetrieb noch eine Mosterei und Brennerei betreibt und auf dessen Betrieb noch 180 Hochstämmer stehen, müsse inzwischen seinen Bedarf an Brennzwetschgen sogar aus dem Baselbiet decken.