Seit bald drei Monaten haben die Berner Waldbesitzer (BWB) eine neue Geschäftsführerin. Anja Leser ist ausgebildete Philosophin und hat langjährige Erfahrung in der Verbandsarbeit und Wissenskommunikation. Sie beginnt zudem im Herbst das Studium der Waldwissenschaften an der Hochschule für Forst-, Agrar- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL). Auch in ihrer Freizeit ist die 37-Jährige öfters im Wald anzutreffen, sei es privat oder bei ihrer Ausbildung zur Jägerin. Mit der BauernZeitung hat sie über ihre neue Arbeit gesprochen.

Frau Leser, wie haben Sie die erste Zeit als Geschäftsführerin der BWB erlebt?

Anja Leser: Grossartig (strahlt übers ganze Gesicht). Es ist wie heimkommen, weil ich meine vorherige Laufbahn in einem verbandsähnlichen Bereich absolvierte. Zudem ist der Aufgabenbereich beim BWB enorm abwechslungsreich. Es ist lässig, rund um alle Waldleistungen herumagieren zu dürfen. Die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten, die langjährige Erfahrung und Herzblut für den Wald mitbringen, ist sehr bereichernd.

Was bedeutet Ihnen persönlich der Wald?

Ich stamme aus einer Familie von Förstern. Forstingenieure sind in unserer Familie alles andere als rar. Ich merke, dass ich zudem eine gewisse Emotionalität an den Tag lege, wenn es um die Entwicklung und Zukunft des Waldes geht. Beim Thema Klimawandel kommen Sorgen auf. Wie entwickeln sich etwa die Fichtenbestände, wie geht es weiter mit der Trockenheit und der Resilienz des Waldes? Das liegt mir am Herzen. Zudem bietet mir der Wald persönlich Lebensqualität.

Welche Motivation und Vorkenntnisse bringen Sie mit, um die Interessen der Berner Waldbesitzer auf nationaler und auch kantonaler Ebene zu vertreten?

Die Geschäftsführung verbindet sich ganz stark mit dem Thema Kommunikation. Und das bringe ich als Rüstzeug mit. In vielen Ohren tönt mein abgeschlossenes Philosophiestudium exotisch. Doch dieses hat viel mit sprachlicher Kompetenz, logischem Argumentieren und analytischen Fähigkeiten zu tun. Der Vorstand hat mich berechtigterweise gewählt, um zu durchschauen, wo unsere Interessen platziert werden müssen, wie wir das argumentativ machen müssen. Erfreulicherweise hat der Vorstand mit meiner Wahl zur Geschäftsführerin ein willkommenes Zeichen zur Diversität gesetzt und will auch den Weg vermehrt digital einschlagen. Das finde ich ganz toll.

Die Herausforderungen für alle Akteure im Bereich Waldwirtschaft sind gross: Klimawandel, Trockenheit, Wild-tiereinfluss, Borkenkäfer, ökonomische und ökologische Aspekte, um nur einige zu nennen. Nicht zu vergessen die Bedürfnisse und Anforderungen der Gesellschaft beim Thema Wald. Was beschäftigt Sie momentan am meisten?

Wald-Wild. Das gehört für mich zusammen. Die Richtlinienmotion Strategie Wald-Wild-Lebensraum von Grossrat Bernhard Riem wurde glücklicherweise angenommen. Das hat Folgen. Das nun anlaufende Projekt vereint das Amt für Wald und das Jagdinspektorat mit einer gemeinsamen Zielsetzung. Das ist Neuland, und der BWB möchte diesen Prozess begleiten. Wald-Wild ist ein wirklich wichtiges und schwerwiegendes Thema. In einigen Gebieten herrschen durch den Wildverbiss schlimme Zustände, die Naturverjüngung funktioniert teilweise seit Jahrzehnten nicht mehr so, wie sie sollte. Der Wald wächst nicht nach. Diese riesigen Schäden sind eine ganz grosse Herausforderung.

Wie sieht Ihr Wald der Zukunft aus?

Vital. Wir sprechen von Anpassung an den Klimawandel. Die Anpassungsfähigkeit der Natur ist immens. Je mehr Wald bewirtschaftet wird, umso grösser ist die Chance da für einen vitalen Wald. Die Gesellschaft will und soll den Ökorohstoff Holz nutzen. Dieser lokale Rohstoff wird bei den Konsumenten wieder an Bedeutung gewinnen.

Weniger PSM

Mittels acht Massnahmen soll bis 2030 der Pflanzenschutzmitteleinsatz (PSM) im Berner Wald um 50 Prozent reduziert werden. Diese Strategie hat das Amt für Wald und Naturgefahren mit dem BWB und weiteren Akteuren erarbeitet. Die Massnahmen reichen von Auffrischungskursen über konkrete Empfehlungen zum PSM-Einsatz bis zur Mithilfe bei der Entwicklung geeigneter Alternativen.

Bike-Strecken im Wald erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Was können Sie betroffenen Waldbesitzern raten, wenn ihr Wald vermehrt Ziel der Hobbysportler wird?

An diesem Thema sind wir dran. Per Gesetz darf ein befestigter Waldweg mit dem Velo befahren werden, abseits dieser Wege nicht! Theoretisch kann Letzteres zur Anzeige gebracht werden. Wenn sich Trägerschaften finden, die Routen einrichten wollen, empfehlen wir den Waldbesitzern, einen Vertrag abzuschliessen. Geklärt werden müssen Haftungsfragen oder was ist, wenn ein Holzschlag geplant ist. Die Zustimmung des Waldbesitzers muss auf jeden Fall gegeben sein. Wir werden im Winter ein Merkblatt zu diesem Thema veröffentlichen. In einem zweiten Schritt wollen wir eine entsprechende Vertragsvorlage aus-arbeiten.

Wer haftet, wenn beispielsweise einem Biker ein Ast auf den Kopf fällt?

Ein Waldbesuch erfolgt immer auf eigene Verantwortung. Waldeigene Gefahren geht man damit ein.

Seit Anfang letzten Jahres laufen auch im Kanton Bern die obligatorischen Holzerkurse. Zu Beginn überstieg die Nachfrage das Angebot. Haben sich mittlerweile Angebot und Nachfrage eingependelt?

Die Nachfrage ist weiterhin gross. Die Kurse sind gut besucht. Wir sehen dies an der sehr hohen Anzahl an den Waldbesitzern, welche wir bei den Kurskosten mit Geld aus dem Berner Holzförderungsfonds unterstützen.

Wie hoch ist Ihr Pensum zur Führung der BWB-Geschäftsstelle?

Gestartet bin ich im Juni mit einem vollen Pensum. Ab September habe ich ein 50-Prozent-Pensum, um daneben mein Studium absolvieren zu können.

Studium und Geschäftsführung klingen nach viel Arbeit. Wie sehen Sie dieser Doppelbelastung entgegen?

Viele Termine beim BWB finden abends statt, was mir Flexibilität erlaubt. Ich denke, dass mir diese Kombination weniger Terminkollisionen beschert, als es ein Tagesjob tun würde. Ich freue mich sehr auf das Studium, denn ich lerne wahnsinnig gern, bin getrieben von einer grossen Neugier und Interesse. Zudem wird mir das Verbinden von der Theorie mit der Praxis stark entgegenkommen. Dass ich davon profitieren werde, davon gehe ich aus.

Berner Holzmarkt-Infos

Regelmässig geben die Berner Holzvermarkter im Holzmarkt-Info bekannt, wie sich der Markt für Rund-, Industrie- und Energieholz präsentiert, so auch im aktuellen Monat.

Rundholz: Gut gefüllte Rundholzlager, die Nachfrage nach frischem Rundholz werde, je nach Käferholzanfall, frühestens ab Mitte September einsetzen. Aktuell zufriedenstellende Auftrags- und Ertragslage bei den Holzverarbeitern. Absatzprobleme bei grenznahen Märkten. Daher muss zu Beginn der Holzmarktsaison mit rückläufigen Preisen sowohl beim Nadelholz als auch beim Laubholz gerechnet werden.

Industrie- und Energieholz: Tiefe Waldlager beim Industrieholz. Verhaltene Aussicht und erwartete Preisabschläge. Rückläufige Nachfrage nach Energieholz als Schnitzel oder Brennholz gegenüber dem Vorjahr. Ein Einpendeln im Laufe des Winters wird erwartet.

Ausblick allgemein: Weiterhin solide Nachfrage im Inland, die Bedeutung von regionalem Holz gewinnt bei vielen Bauherrschaften an Bedeutung. Von sinkenden Preisen und einem Rückgang der nachgefragten Mengen bei den wichtigsten Leitsortimenten muss für die kommende Holzerntesaison ausgegangen werden. Die kontinuierliche, flexible Marktbeurteilung hat weiterhin grosse Wichtigkeit.