Der Neubau eines Stalls ist ein aufwendiges Projekt, das jeweils von der Unsicherheit begleitet wird, ob dann auch wirklich die Baubewilligung erteilt wird. Im Kanton Thurgau wurde nun eine Arbeitshilfe erarbeitet, welche die verschiedenen Anforderungen an den Bau aufzeigt, um sie frühzeitig in die Planung miteinzubeziehen. Vorgestellt wurde der neue Leitfaden «Landwirtschaftliche Ökonomiebauten» in Frauenfeld auf dem Hof von Stadtrat Andreas Elliker.
Bauen wird immer komplexer
Im Kanton Thurgau werden jährlich etwa 150 bis 200 landwirtschaftliche Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen realisiert. Bei rund 30 dieser Projekte handelt es sich um Neu- oder Anbauten von Ökonomiegebäuden, also von Ställen, Remisen und Lagerhallen. In der heutigen Zeit werden landwirtschaftliche Bauvorhaben dieser Art immer technischer und grösser.
Zudem gilt es, eine Reihe von Gesetzgebungen und Verordnungen zu beachten sowie auch die umgebende Landschaft miteinzubeziehen. Aufgrund dieser komplexen Ausgangslage einen Leitfaden für die Praxis zu erarbeiten, wurde unter anderem vom Verband Thurgauer Landwirtschaft (VTL) angeregt. «Als Landwirt hat man kaum die Kenntnisse von all den amtlichen Abläufen, zumal auch pro Generation nur etwa einmal gebaut wird», stellte VTL-Geschäftsführer Jürg Fatzer fest. Es brauche eine Hilfestellung, die wichtige Antworten liefert und dabei hilft, Ehrenrunden beim Bewilligungsverfahren zu verhindern.
Kurz und bündig verfasster Leitfaden
Der VTL war gemeinsam mit dem Kanton, Gemeinden sowie weiteren Verbänden an der Entwicklung des Leitfadens beteiligt. Es sei eine Herausforderung gewesen, aus den zahlreichen Vorschriften einige auszuwählen und zu beleuchten, so Jürg Fatzer. Der VTL könne hinter dem Resultat stehen: Es liege nun eine Richtschnur vor, welche Möglichkeiten aufzeige und Begründungen liefere. Er hoffe, dass der Leitfaden von den Landwirten genutzt werde. Wichtig sei dies bereits zu Beginn des Bauplanung.
Das neue Arbeitsinstrument hält sich mit 24 Seiten kurz und bündig. Zu Beginn erklärt es den Ablauf des Bewilligungsprozess und geht dann auf die Kriterien ein, die für die Einordnung von landwirtschaftlichen Ökonomiebauten in die Landschaft gelten. Dabei wird als erstes die Wahl des Standorts genannt: «Weil es grundlegend ist, diesen schon früh einzuplanen», sagte Projektleiter Jonas Büchel vom kantonalen Amt für Raumentwicklung. Laut ihm gilt es, die landschaftlichen Qualitäten eines Standorts zu bewahren und bestehende Strukturen zu berücksichtigen.
Allgemein verständliche Sprache
So soll nicht nur etwa die Grösse des Bauvorhabens zur Umgebung passen, sondern auch die Fernwirkung des Neubaus. Ein Bau darf beispielsweise nicht zu markant aus dem Landschaftsbild herausstechen. Auch soll die Zufahrt einfach in das Strassen- und Wegnetz erschlossen werden können. Auch wird auf Materialien und Farbgebung eingegangen, bei deren Wahl ebenfalls der Kontext der Umgebung berücksichtigt werden soll. Die Kriterien sind einfach erklärt und mittels Illustrationen veranschaulicht. «Der Leitfaden soll allgemein verständlich und nicht nur für Fachleute schlüssig sein», sagte Jonas Büchel. Er betonte jedoch, dass es sich lediglich um eine Hilfestellung handle und keine rechtsverbindlichen Anleitungen enthalte.
Der Leitfaden stellt zudem Bauobjekte vor, die als beispielhaft gelten. Es sei geplant, so Projektleiter Jonas Büchel, die Sammlung mit der Zeit zu erweitern. Eines der Beispiele ist der neue Milchviehstall von Andreas Elliker in Frauenfeld. Dessen Stall wurde 2019 durch einen Brand zerstört. Daraufhin realisierte er ausgehend von bestehenden Fundamenten einen Neubau. Büchel machte vor Ort etwa auf die zwei vertikal versetzten Pultdächer aufmerksam, welche die Grösse der neuen Gebäudetiefe brechen und sich gut in die Weite der Ebene einfügen.
Der Leitfaden «Bauen im ländlichen Raum: Landwirtschaftliche Ökonomiebauten» kann als PDF heruntergeladen werden.