An der 58. ordentlichen Generalversammlung der Thurgauer Käse-Reifungs AG, die am 26. Aguust 2022 in Weinfelden stattfand, stand die Frage nach der Zukunft des Unternehmens im Zentrum. «Wir stellen fest, dass die Käse­eingänge seit Jahren rückläufig sind», sagte Verwaltungsratspräsident Jürg Fatzer. «Dazu kommt, dass die Strompreise massiv angestiegen sind.» 

Noch sind die Zahlen schwarz

Die höheren Energiekosten machten es notwendig, die Pflegegebühr per 1. September auf Fr. 2.80 /100 kg anzuheben. Vor allem dank der Vermietung von Gewerberäumen am Firmensitz in Weinfelden gelang es der Käse-Reifungs AG, zwar auch im letzten Jahr schwarze Zahlen zu ­schreiben, der Unter­neh­mens­gewinn betrug rund Fr. 78'000.– Dennoch: «Es ist nun an der Zeit, eine Auslegeordnung zu machen und zu analysieren, welche möglichen Wege uns in die Zukunft führen könnten», so Jürg Fatzer. Vor diesem Hintergrund hatte sich der Verwaltungsrat im Frühling an die Aktionäre gewandt, um im Rahmen einer Umfrage ihre Meinungen einzuholen. Mit mässigem Erfolg: Die Rückmeldungen fielen spärlich aus, die wenigen Ansichten streuten zudem inhaltlich breit. 

Im Raum steht etwa die Frage, ob die in die Jahre gekommene Käsepflegeanlage ersetzt werden soll. Diese müsste dringend überholt werden, die Herstellerfirma gibt es jedoch in der Zwischenzeit nicht mehr. Bereits wurden Offerten für eine neue Anlage eingeholt. Die zwei Anbieter, mit denen bereits Gespräche geführt wurden, sind die Kae­saro AG im st.-gallischen Diepoldsau und die französische Firma Avrillon, wie Verwaltungsrat Walter Aeschlimann berichtete. Deren Modelle kommen prinzipiell in Frage, auch wenn sie technisch nicht genau der bestehenden Pflegeanlage der Thurgauer Käse-Reifungs AG entsprechen. 

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Strom erzeugen und verkaufen

Ebenfalls in Erwägung gezogen wird der Bau einer Photovoltaikanlage, da die Käsepflege mit hohen Energiekosten verbunden ist. Der jährliche Energieverbrauch beträgt rund 430 000 kWh. Mit der Photovoltaikanlage, die der Verwaltungsrat offerieren liess und die einen Drittel des Daches abdecken würde, könnten 200'000 kWh Strom pro Jahr selbst produziert werden. 150'000 kWh würde für den Eigenverbrauch genutzt, der Rest für den Verkauf. Bei Anschaffungskosten von 325'000 Franken und einem Stromproduktionspreis von rund 9 Rp./kWh liesse sich die Anlage innert neun Jahren amortisieren.

Im Juli hatte der Verwaltungsrat eine Tagung abgehalten, um verschiedene Strategien auszuarbeiten:

Investieren: Neue Pflegeanlage, Kühlung/Klimatisierung, Bodensanierung. Zu rechnen wären mit Gesamtkosten von über 4 Mio Franken. Weitere Investition Photovoltaikanlage.

Auslagern: Weiterhin Immobilien vermieten und die Käsepflege an eine Betriebs AG (bisherige Lieferanten) auslagern.

Abwarten: Das Marktgeschehen im Auge behalten, dabei die Pflegeanlage nach Möglichkeit instand halten.

Die Ausgangslage bietet auch Chancen

«Weinfelden ist ein Produktionsgebiet, das ist eine gute Ausgangslage», meinte Frank Burose, der die Strategietagung als Moderator begleitet hatte und an der GV darüber orientierte. Stärken der Thurgauer Käse-Reifungs AG seien auch die gute Arbeitsqualität und die geringen Personalkosten. Als Schwächen nannte er unter anderem den hohen Energieverbrauch, den Investitionsbedarf und die Tatsache, dass mit der Käsepflege nur ein Teil der Wertschöpfungskette abgedeckt wird. 

Als Chance bezeichnete Burose etwa die Regionalität, die gute Lage sowie die Möglichkeit, in die Photovoltaik zu investieren. Risiken seien dagegen beispielsweise in neuen Ernährungstrends (z. B. vegan) wie auch im Rückgang in der Anzahl Käsereien zu sehen. 

Es kamen verschiedene Stimmen zu Wort

Von den anwesenden Aktionären kamen unterschiedliche Rückmeldungen zu den drei Strategien. Es gab Stimmen, die sich für Neu-Investitionen aussprachen, andere wollten lieber auf Weitermachen und Abwarten setzen. Allerdings müsse man gewappnet sein, wenn die alte Anlage dereinst aussteige. Die Neubeschaffung einer Käsepflegeanlage stiess jedoch auf Skepsis. «Die Anlage verliert schnell an Wert, was bei einem Rückgang des Umsatzes riskant ist», sagte etwa ein Aktionär. Auf mehr Interesse stiess die Photovoltaikanlage. Es gab Stimmen, die sich sogar für eine grössere Anlage aussprachen, um vermehrt auf den Verkauf von Strom zu setzen. Die Reaktion auf die zweite Variante, welche die Einbindung der liefernden Käsereien vorsieht, war verhalten. Es würden sich zu wenig Käsereien dafür finden, war zu hören. 

Beides wurde von den Anwesenden als wichtig erachtet: die Erhaltung der Käse-Reifungsstelle in der Ostschweiz wie auch das Prüfen weiterer möglicher Dienstleistungen. «Der ­Verwal­­-­tungs­rat wird die Rückmeldungen an der GV nun zusammentragen und eine Risikoanalyse durchführen», sagte Jürg Fatzer abschliessend. «Willkommen sind weiterhin neue Ideen für die Diversifikation.»