An der Delegiertenversammlung des Solothurner Bauernverbands (SOBV) von letzter Woche in Riedholz sorgten mehrere Themen für Gesprächsstoff: Die steigenden Kosten, die stagnierenden Preise, das Projekt Hochwasserschutz Dünnern, der Ausbau der Autobahn, die Massentierhaltungs-Initiative und vor allem der Ukraine-Krieg.

Klare Worte

So wählte der Präsident Andreas Vögtli in seiner Eröffnungsrede auch klare Worte: «Wegen des Kriegs ist die ganze Weltwirtschaft ins Stocken geraten», so der Präsident. Öl, Erdgas, Dünger oder Uran – Europa hänge am Tropf von Russland. «Europaweit werden nun vier Millionen Hektaren Ökoflächen zurück in die Produktion genommen, wir in der Schweiz hingegen setzen weiterhin auf Extensivierung», ärgert er sich. Er hoffe, dass hier ein Umdenken stattfinde. Denn: «Ein noch tieferer Selbstversorgungsgrad als bisher ist absolut nicht tolerierbar», so der Präsident.

Auch dieses Jahr ist der Solothurner Bauernverband gefordert: «Das Nitratprojekt Gäu und neue, grosse Wasserfassungsprojekte bringen noch mehr Auflagen für die landwirtschaftliche Produktion», ist Edgar Kupper, Geschäftsführer ad interim, überzeugt. Dies seien nur zwei Beispiele von Projekten im Kanton. Dazu stehe mit der Massentierhaltungs-Initiative ein weiterer harter Abstimmungskampf bevor. «Wie bei den letzten Agrar-Initiativen werden wir auch hier ein Komitee gründen», so Kupper.

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Es wurde auch gefeiert

Aber nicht nur politisiert wurde an der Delegiertenversammlung, sondern auch gefeiert: Da letztes Jahr die DV wegen Corona nicht durchgeführt werden konnte, wurden dieses Jahr zwei langjährige Mitarbeitende des Verbands gebührend verabschiedet. Zum einen war es Peter Brügger, der nach 25 Jahren als Solothurner Bauernsekretär in Pension ging, und zum anderen Heiner Rossel, der 35 Jahre lang als Buchhalter beim SOBV tätig war. «Wir möchten euch ganz herzlich Danken, danken für euren unermüdlichen Einsatz zugunsten der Solothurner Landwirtschaft», fasste es Andreas Vögtli kurz zusammen. Unter tosendem Applaus wurden Brügger und Rossel zu Ehrenmitgliedern ernannt.

Neues Vorstandsmitglied

In den statutarischen Geschäften konnte Edgar Kupper den Delegierten eine positive Rechnung präsentieren. Diese schloss mit 6155 Franken mit einer schwarzen Null ab. Für den abtretenden Roman Nussbaumer wurde neu Christoph Haefely in den Vorstand gewählt. Wiedergewählt wurde auch der ganze Vorstand, inklusive dem Präsidenten. Martin Rufer, Direktor des Schweizer Bauernverbands, überbrachte die Grüsse und erläuterte die Vorgehensweise bei der Massentierhaltungs-Initiative vom Verband her. Urs Niggli, ehemaliger FiBL-Direktor, hielt nach der Versammlung zudem ein interessantes Referat.

«Wir können nicht alle Menschen nachaltig satt machen»

«Die weltweite Armut wird zunehmen», ist der ehemalige FiBL-Direktor Urs Niggli überzeugt. In seinem Referat stellte er die Nahrungsmittelkrise in den Mittelpunkt, welche auf uns zukommen werde.

Ein grosses Defizit
«Der jetzige Krieg, führt uns vor Augen, auf wie dünnem Eis wir uns bezüglich der Ernährungssicherheit befinden», so Niggli. So kommen bereits Stimmen auf, welche die Ökologisierung der letzten Jahrzehnte rückgängig machen möchten. «Obwohl der Biolandbau die Bodenfruchtbarkeit vorbildlich schützt und die Gewässer schont, kann reiner Biolandbau die Welt nicht ernähren», ist Niggli überzeugt. «Im 2050 werden wir ein weltweites Nahrungsdefizit von 50 % haben», sagt er. Um dieses Defizit ausgleichen zu können, bräuchte man weltweit 600 Mio Hektaren mehr Anbaufläche.[IMG 4]

Erst zwei Prozent
Weltweit werden erst zwei Prozent nach den Biorichtlinien bewirtschaftet und schon jetzt herrsche ein Nahrungsdefizit. Es brauche in Zukunft eine Landwirtschaft, welche Digital, autonom und mit moderner Gentechnik unterwegs sei. «Es ist wichtig, dass ganze Ernährungssystem anzuschauen. Weniger Fleischkonsum und weniger Lebensmittelverschwendung sind wichtige Hebel, um nachhaltig genügend Lebensmittel produzieren zu könne», so Urs Niggli. Obwohl der hohe Fleischkonsum, vor allem in Amerika, in eine andere Richtung ziele, müssten sich die Ernährungsgewohnheiten der Konsumenten drastisch ändern. «Ich bin überzeugt, dass die pflanzliche Ernährung zunehmen wird», so Niggli. Hülsenfrüchte, wie auch Algen hätten ein grosses Potenzial in der menschlichen Ernährung.

Mittelweg mit Zukunft
Der Anteil an Hühner- und Schweinefleisch werde sicher abnehmen. Im Gegenzug brauche es das Rindvieh für die Verwertung vom vielen Gras. Und hier komme schon das nächste Problem: Mit der Reduktion des Tierbestands werde es auch an Stickstoff fehlen. Damit man dieses Defizit auffangen könne, sei die Forschung daran, dass der fehlende Stickstoff anhand von Mikroorganismen in den Boden komme. «Vielleicht liegt in Zukunft die Lösung in einem Mittelweg zwischen Biolandbau und integrierter Produktion, welche von den Erfahrungen beider profitieren könne».