.«Auch die Landwirtschaft hat an der Goldküste ihren Platz», stellte Bezirkspräsident Erich Schärer gleich zu Beginn der Delegiertenversammlung des Zürcher Bauernverbands klar. «Wir haben 173 Bauernbetriebe im Bezirk Meilen, davon fast ein Drittel in Hombrechtikon, wo heute unsere DV stattfindet», so Schärer weiter. Er freute sich sichtlich die ZBV-Delegierten im Gemeindesaal zu begrüssen – vor allem auch die Gäste. Es waren mit Natalie Rickli, Silvia Steiner, Regierungsratspräsident Ernst Stocker und Martin Neukom nicht weniger als vier von sieben Regierungsräten vor Ort. [IMG 2]
Alt-Bundesrat Ueli Maurer gegen Bürokratisierung
Höhepunkt des Abends waren nicht die Ehrungen der Meisterlandwirt(innen) und der ZBV-Farmfluencer, sondern der Auftritt von Alt-Bundesrat Ueli Maurer. Für Maurer war es ein Heimspiel. «Nach 14 Jahren Abwesenheit hier zu sein, ist ein bisschen wie nach Hause kommen», sagte er, der lange Jahre Geschäftsführer des ZBVs war. Maurer zog zwei Rationierungskarten von 1948 aus der Brusttasche, und machte damit klar, dass für ihn Versorgungssicherheit der Bevölkerung an erster Stelle kommt. «Die nächste Krise kommt bestimmt, auch wenn sie anders daherkommen wird als während des zweiten Weltkriegs und der Nachkriegsjahre», prophezeite er.
Zusammenraufen statt Seilziehen
[IMG 3]Er mahnte, dass das Seilziehen zwischen Landwirtschaft und Umweltkreisen ein Ende haben müsse. Auch wenn es Diskussionen, Streit und Widersprüche gebe, müsse man sich für das übergeordnete Ziel der Versorgungssicherheit zusammenraufen. Diesbezüglich auch einen grossen Seitenhieb an die Agrarpolitik: Die Menschen würden auch hierzulande nicht von Erfassungsprogrammen und Häckchen setzen leben, sondern von den Lebensmitteln, die die Bauern produzieren.
«Unsere agrarpolitische Gesetzgebung braucht unbedingt einen Frühlingsputz und eine Entrümpelung», sagte Maurer. Ernährungssicherheit könne nur funktionieren, wenn die Verantwortlichen in Politik, Verwaltung und Forschung, den Erfahrungsschatz, die Tatkraft und das Praxiswissen der Bäuerinnen und Bauern abrufen. So sorge man auch für Qualität, sowohl in den Nahrungsmitteln als auch im Lebensumfeld.
Applaus, Applaus
Besonders wichtig ist dies im Kanton Zürich. Darauf wies Regierungsratspräsident Ernst Stocker hin. Der Kanton Zürich sei der fünfwichtigste Agrarkanton der Schweiz, sei mit 1,6 Mio. Einwohnern der bevölkerungsreichste Kanton, hätte schweizweit das dichteste S-Bahnnetz und die Hälfte aller Schweizer Hochhäuser stünden im Kanton Zürich. «Mehr denn je braucht es eine gute Landwirtschaftspolitik und einen starken Bauernverband», so Stocker. Kein Wunder, dass Stocker und Maurer nach diesen Worten einen kräftigen Applaus erhielten. Applaus gab es aber auch für Regula Vogel. Die Zürcher Kantonstierärztin und Leiterin des Veterinäramtes wird im Herbst 2023 nach fast 30 Jahren im Dienst des Kantons den Ruhestand antreten. [IMG 4]
Auf Ende Jahr geht auch Urs Schneider, Stv. Direktor des Schweizer Bauernverbands (SBV), in Pension. Er überbrachte die Grüsse des SBVs und bedankte sich bei den Bäuerinnen und Bauern für Engagement gegen die Massentierhaltungs-Initiative, aber warnte zugleich wachsam zu bleiben. «Wir haben eine Initiativflut hinter uns, aber auch eine vor uns», sagte er.
Zürcher Bauernverband mobilisiert
Mit dem Schlagwort «Perspektive statt Wunschdenken» läutete Ferdi Hodel, Geschäftsführer ZBV, auch schon die Wahlkampagne für die Parlamentswahlen im Herbst ein. Perspektiven statt Wunschdenken wünschen sich auch viele Zürcher Bäuerinnen und Bauern. Sie wollen ihr Kulturland und ihre Fruchtfolgeflächen erhalten und weiterbewirtschaften. Dafür müssen sie kämpfen. «Erstmals in der Geschichte des ZBVs mussten wir Interessengruppen gründen, weil der einzelne bei der Amtsstelle, kein Gehör mehr findet », sagte Hodel – auch an den dafür verantwortlichen Regierungsrat Martin Neukom und Amtsvorsteher Marco Pezzatti gerichtet, die beide vor Ort waren. Bei den 2022 gegründeten Interessengruppen handelt es sich um die IG Eich (Mehrspurausbau Zürich-Winterthur), die IG Pro Kulturland (gegen die PPF, 1300 ha Kulturland sollen versumpfen) und die IG Züri Nord (Neeracherried, 450 LN sind gefährdet).
Wahlen Vorstand
Die bisherigen ZBV-Vorstandsmitglieder wurden en globo einstimmig wiedergewählt. Michael Bachofen aus Maur, vor 2 Jahren in den Vorstand gewählt worden, trat aus dem Vorstand zurück. Ihn ersetzt Thomas Frauenfelder ebenfalls aus Maur.