Nach einem Jahr Unterbruch fand am 15. März 2022 die Generalversammlung des Vereins «Integriert produzierender Bauern und Bäuerinnen Graubünden» (IP-GR) statt, diesmal bei Andreas Mehli Landtechnik AG in Chur. Im Rückblick auf die letzten zwei Jahre stellte Präsident Hanspeter Brunner fest: «Die Pandemie hat deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, die Produktion in der Schweiz zu behalten, um nicht abhängig zu werden. Das gilt besonders auch für die Landwirtschaft.»
Selbstversorgung der Schweiz im Fokus
Auch Thomas Roffler, Präsident des Bündner Bauernverbands, der ebenfalls anwesend war, schaute kurz zurück. Dabei lobte er das grosse Engagement der Bauern und Bäuerinnen während dem Abstimmungskampf der beiden Agrar-Initiativen im vergangenen Jahr. «Dass die Bevölkerung die Haltung der Landwirtschaft unterstützt hat, ist wegweisend für die weitere Agrarpolitik», so Roffler. Er kam dabei auf die AP 22+ zu sprechen, die aufgrund des Drucks vom Schweizer Bauernverband sistiert wurde. So wäre beispielsweise ein sinkender Selbstversorgungsgrad nicht akzeptabel.
Nun gelte es, zukünftige Diskussionen vorsichtig anzugehen und keine Schnellschüsse zu produzieren. «Doch die Zeit schafft für uns, die Ernährungsfrage wird an Bedeutung gewinnen», stellte Roffler im Blick auf das aktuelle Weltgeschehen fest.
Für das Klima punkten
Gastreferentin Nicole Ramsebner von IP-Suisse war aus dem bernischen Zollikofen gekommen, um das «Punktesystem Klima- und Ressourcenschutz» zu erörtern. Dieses hatte die Label-Organisation im Herbst 2021 lanciert, zusätzlich zum bereits bestehenden Biodiversitäts-Punktesystem.
Das Programm wurde von Produzent(innen) initiiert und sieht vor, das Klimathema in die gesamtbetriebliche Nachhaltigkeit zu integrieren. Ziel ist, bis 2025 im Vergleich zu 2016 10 % der Treibhausgase zu reduzieren, darunter die drei wichtigsten, CO2, Methan und Lachgas. «Das ist ein ambitioniertes, aber realistisches Ziel», sagte Ramsebner.
19 Massnahmen zur Auswahl
Das Punktesystem gilt für die Gesamtheit der IP-Suisse-Betriebe. Statt fixer Vorschriften können diese aus vorerst 19 Einzelmassnahmen auswählen, die individuell zum Betrieb passen. IP-Suisse setzt voraus, dass die zur Auswahl stehenden Massnahmen wirksam und berechenbar sind und kaum für Zielkonflikte sorgen. Sie haben zudem alle einen Effekt, ohne dabei die Produktion zu reduzieren, so die Referentin.
Von jeder Massnahme in der Liste hat Agroscope eine Ökobilanz erstellt. Dabei seien auch Effekte zum Vorschein gekommen, an die man zuerst gar nicht gedacht hat. Nicole Ramsebner nannte zwei Beispiele von Massnahmen:
Recycling von Silofolien: Statt sie in der KVA zu brennen, wird Silofolie recycelt. Dadurch entstehen weniger Emissionen durch Verbrennung, zudem werden weniger Folien hergestellt. Dadurch lassen sich 1370 Liter Erdöl pro Tonne Folie einsparen. Weitere Effekte sind ein reduzierter Bedarf an Energie und Wasser sowie eine geringere Ökotoxizität.
Phasenfütterung bei Schweinen: Der Proteingehalt wird an den unterschiedlichen Bedarf in der Vor- und Endmast angepasst. Dadurch können Stickstoffüberschüsse reduziert werden, ausserdem wird weniger Soja benötigt. Ein weiterer Effekt ist beispielsweise die Verminderung von Phosphoremissionen in Gewässern.
«Es macht Sinn, bei dem Punktesystem mitzumachen», sagte Präsident Hanspeter Brunner. «Damit kann jeder Betrieb einen Betrag zum Klima- und Ressourcenschutz leisten.»
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Auf die Produktion von Rapsöl hinweisen
An der GV wurden sämtliche Traktanden genehmigt. Der Vorstand sowie die Delegierten von IP-Suisse wurden allesamt wiedergewählt.
Im Rahmen des aktuellen Tätigkeitsprogramms steht auch dieses Jahr wieder der Rapswagen von IP-Graubünden auf einem Rapsfeld in der Nähe der Autobahn, um die Konsument(innen) auf die Produktion von gesundem Rapsöl aufmerksam zu machen, informierte der Geschäftsführer Gregor Canova. Die auf den Frühling geplante «Agrischa» wurde zwar um ein Jahr verschoben, man sei jedoch grundsätzlich offen für Aktivitäten und Events.