Es ist ruhiger geworden um den langjährigen Swissgenetics-Direktor Stefan Felder. Nach seinem überraschenden, aber für ihn wohlüberlegten Abgang beim grössten Schweizer KB-Anbieter vor fünf Jahren – nach 20 Jahren an der Spitze – ist er als Selbstständiger unterwegs. Ob er es auch ruhiger angeht, dazu später.
Mehr im Hintergrund tätig
Tätig ist er noch immer in der Landwirtschaft, aber mit Mandaten, bei denen er eher im Hintergrund unterstützt und entsprechend weniger im Rampenlicht steht. Es seien «sehr interessante Jahre gewesen» bei Swissgenetics, mit vielen spannenden Leuten und Projekten. Es herrschte viel Ungewissheit, aber auch Aufbruchstimmung in einem plötzlich liberalisierten Markt. «Wir konnten etwas bewegen.» Die Stiere wurden zusammen mit den Züchtern entwickelt und in eigener Verantwortung angekauft, Schweizer Genetik mit Erfolg auch ennet der Grenze feilgeboten.
Da leuchten die Augen des Entlebuchers, der mit seiner Familie im Hauptort lebt. Besuche und Verhandlungen in verschiedenen Sprachen mit Landwirten, Fachleuten bis zu Juristen, wenn man sich dann einig wurde, das mache den Reiz aus. Dies machte er auch nach dem Start in die Selbstständigkeit. Für die Beschaffung von Bio-Futtermittelgetreide und Ölsaaten war Felder zuständig. Vor allem aus Osteuropa. Wobei die Lieferketten seit der Pandemie und dann vor allem wegen dem Krieg in der Ukraine, der Kornkammer Europas, durchgerüttelt wurden. Seine Hauptaufgabe ist dabei die Qualitätssicherung vor Ort bei den Produzenten.
Unternehmen entwickeln fasziniert
Mit der Zeit sind weitere Mandate dazugekommen, wo er seine Erfahrungen einbringen kann. So coacht er nationale und internationale Agrarfirmen «an der Nahtstelle zwischen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat», wenn es um die Entwicklung der Unternehmung geht. Etwa das Mehrwert-Programm «Rindfleisch aus Gras» der Vianco und Bell/Coop im Baltikum. Das tönt nicht nach Ausklang der Berufskarriere? Felder lacht, darauf angesprochen, ob er heute mehr arbeite als früher. Selbstständigkeit sei nicht zu unterschätzen, entgegnet er. Er hat eine Firma gegründet, über er die er seine Aufträge abwickelt. Da mache er auch das «Büro» selbst. Fünf Mandate à je rund 20 Prozent mache unter dem Strich dann halt über 100 Prozent. Gegenüber früher könne er aber seine Agenda mehr selber bestimmen.
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Von Bhutan nach Zollikofen
Nach dem Agronomie-Studium an der ETH und Dissertation zog es Felder zuerst in die Bildung und Beratung. Und vor seiner beinahe Lebensstelle bei der Swissgenetics in Zollikofen war er mit Frau und Klein-kindern in Bhutan für ein Entwicklungsprojekt. Fürs Vorstellungsgespräch beim damaligen KB-Verband investierte er eine ganze Woche für Hin- und Rückreise. Die wachsende Familie, drei Söhne im Alter von heute 24 bis 29 Jahren, waren damals mit ein Grund für die Rückkehr in die Schweiz.
«Schwierige Ansprüche und Kompromisse.»
Stefan Felder zum Umfeld der Schweizer Landwirtschaft.
Während seiner ganzen Laufbahn in der Branche ging es nicht ohne die Agrarpolitik. «Die hohen Ansprüche und vielen Kompromisse machen es heute schwierig für die Bauern», findet er. Meist müsse man mit der viert- oder fünftbesten Lösung zufrieden sein. Es gäbe wenige Branchen, die dermassen und permanent mit den politischen Rahmenbedingungen konfrontiert seien. Sehr viel sei reguliert. Der Landwirt müsse aber Unternehmer bleiben können, «ansonsten laufen die guten Jungbauern davon», gibt Felder zu bedenken. Anderseits dürfe man nicht ausser Acht lassen, dass die Branche hierzulande auf einem sehr hohen Niveau produziere, was Qualität anbelange. Das sagt einer, der «einiges gesehen» hat auf seinen Reisen, gerade auch in Asien, aber auch anderen europäischen und amerikanischen Ländern. «In der Schweiz machen viele Bauernfamilien einen sehr guten Job.»
Abwechslungsreich mag er es im Beruf. Dies kommt auch zum Ausdruck auf die rhetorische Frage nach dem Wunsch-Landwirtschaftsbetrieb. Einen gemischten, vielseitigen Betrieb mit Rindviehhaltung und Ackerbau, dazu noch Obst oder Gemüse, das hätte ihn interessiert.
Gestaffelter Rückzug ist angedacht
Dass er sich als 60-Jähriger demnächst auf die Pensionierung vorbereitet, ist schwer vorstellbar bei seinem Tatendrang. «Gestaffelt» könnte das vor sich gehen, lässt er sich entlocken. Weniger Tagesgeschäft habe doch seinen Reiz. Obwohl er schon heute keinen «9 to 5»-Job habe, vor allem auch mit den Zeitverschiebungen im internationalen Geschäft. Dass Stefan Felder nochmals eine Stelle antritt im Rampenlicht der Schweizer Agrarbranche, davon ist nicht auszugehen. Geht er noch einen Sommer auf die Alp, wie viele Berufskollegen in vergleichbaren Situationen? Felder lacht: «Warum nicht?»