In der Analyse «Schlammschlachten nützen niemandem» werden die Umweltorganisationen als «Gegner» der Landwirtschaft dargestellt. Die Arbeit der Umweltverbände verursache Kosten für Landwirte und Landwirtinnen und bedrohe sogar ihre Existenz, heisst es darin. Eine solche Sichtweise ist irreführend und verhindert den Blick aufs Ganze: Denn ist nicht gerade die Landwirtschaft auf eine intakte Umwelt angewiesen, wenn sie gesunde Lebensmittel produzieren will?
Beobachtbare Phänomene mit Folgen
Insektensterben und Verlust der Bodenfruchtbarkeit sind keine leeren Schlagworte der Umweltverbände, mit denen sich gut Kampagne machen lässt. Es sind Phänomene, die ganz konkret auf den Betrieben zu beobachten sind und die unsere Landwirtschaft - und damit unsere Ernährung - sehr direkt bedrohen. Bäuerinnen und Bauern sind die ersten, die darunter zu leiden haben.
Wenn nun der Eindruck entsteht, dass Umweltschutz die Existenz der Landwirtschaft bedroht, dann nur, weil es offensichtlich an Visionen fehlt, wie Landwirtschaft und Umwelt Hand in Hand gehen können. Es geht dabei vergessen, dass heute schon tausende Betriebe Lebensmittel im Einklang mit der Natur produzieren. Es geht vergessen, dass anerkannte Lösungen vorhanden sind, die Produktion und Biodiversität nicht als Gegensatz verstehen, sondern als integrale Teile von einem grossen Ganzen.
Die ganze Branche muss solidarisch agieren
Die durch die Landwirtschaft verursachten Umweltprobleme gründen in einer nicht standortangepassten Produktion und sind vor allem das Resultat einer Agrarpolitik, die seit Jahrzehnten Fehlanreize setzt. Die verfassungsrechtliche Aufgabe der Politik wäre eine andere. ÖLN, Direktzahlungen, Grenzschutz und Absatzförderung müssten auf eine nachhaltige und standortangepasste Produktion ausgerichtet sein. Die Politik müsste die Rahmenbedingungen so setzen, dass landwirtschaftliche Betriebe ohne Einkommensverluste und ohne Existenznöte den Wandel hin zu einem nachhaltigen Landwirtschaftssystem schaffen. Dieser Wandel kann nicht der Einzelkampf einiger weniger sein und sich nicht bloss auf einzelne lokale Projekte beschränken. Er betrifft die ganze Branche, die solidarisch agieren muss.
Agrarlobby und Bauernverband wehren sich
Dieser Wandel hin zu einem menschen-, tier- und umweltfreundlichen Landwirtschaftssystem wird durch die Agrarlobby und auch durch den Bauernverband bekämpft. Die Verantwortung wird stets auf Konsumentinnen und Konsumenten abgeschoben. Man verweist auf den hohen Fleischkonsum der Bevölkerung, setzt aber gleichzeitig mit staatlich finanzierter Absatzförderung gezielt Anreize, damit eben dieser Fleischkonsum auch weiterhin hoch bleibt. Die AP 22+, die eine Möglichkeit zur Ökologisierung der Landwirtschaft anbietet, wird mit einem Hinterzimmerdeal in Zusammenarbeit mit Economiesuisse sistiert. Offen bleibt, wie dieses kurzsichtige und visionslose Vorgehen die Bäuerinnen und Bauern langfristig unterstützen kann.
Es geht nicht um Brot oder Blumen, sondern darum, den Schutz der Umwelt in die landwirtschaftliche Produktion zu integrieren. Nur gemeinsam entwickeln wir einen zukunftsfähigen Weg, mit dem wir langfristig unsere Lebensmittelproduktion sichern können. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Dringlichkeit der Umweltprobleme und die Notwendigkeit für Veränderung anerkannt wird.
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