Jeder Mensch kennt Höhen und Tiefen in seinem Leben, sie gehören zu den existenziellen Erfahrungen. Unter diesem Motto stand der Freiämter Agroträff am Samstag, 13. Januar. Die beiden Gäste, eine Taucherin und ein Bergsteiger, loten auf unterschiedliche Weise physisch und mental ihre Grenzen aus. Julia Tobler und Bruno Hufschmid berichteten von ihren Leidenschaften und den Glücksgefühlen, die sie dabei empfinden.

Die persönlichen Grenzen ausloten

«Ich fühle mich schon fast zu Hause bei euch im Freiamt», meinte Adrian Krebs einleitend. Der ehemalige Chefredaktor der BauernZeitung moderierte zum dritten Mal in Folge den Anlass, jeweils veranstaltet vom Freiämter Landwirtschaftsverein gemeinsam mit den Landfrauen und Bäuerinnen des Bezirks Muri. Gewohnt locker und humorvoll unterhielt er sich mit den Gästen.

Schweizer Rekord im Freitauchen

Mit einer Tiefe von 62 Metern hält Julia Tobler den Schweizer Rekord im Freitauchen. Freitaucher verzichten auf Sauerstoffflaschen und bewegen sich entlang einem vertikalen Führungsseil zur Orientierung in die Tiefe. Ab zirka 12 Metern endet der Auftrieb und es kommt die Schwerkraft ins Spiel. Die Tauchtiefe wird in der Regel zu Beginn festgelegt. Vom Moderator gefragt, worin denn der Reiz dieses Sports bestehe, erklärte sie: «Es ist die natürlichste Art des Tauchens, es stört kein Blubbern der Flasche. In dieser vollkommenen Ruhe gleitet man nicht nur in die Tiefe des Wassers, sondern auch in die Tiefe von sich selbst ein. Das ist eine intensive Selbsterfahrung.» Ein Tauchgang erfordere eine lange Vorbereitung und gelinge nur, wenn man sich zuvor in einen tiefenentspannten Zustand versetzt hat. Das A und O bildet dabei die Atemtechnik. «Freitauchen ist der einzige Sport, bei dem man sich so wenig wie möglich bewegen muss.»

Tiefenentspannt ins Wasser

Ohne Bewegung schafft es Julia Tobler, den Atem bis zu fünf Minuten anzuhalten. Der Rekordtauchgang von 62 Metern dauerte zwischen zwei und zweieinhalb Minuten. Für ihre Leidenschaft ist sie vor zwei Jahren von der Schweiz nach Ägypten gezogen. Am Roten Meer fand sie ihr ideales Tauchgewässer, nach einem Ferienaufenthalt hat sie sich sofort in diese Destination verliebt. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Tauch- und Yoga-Lehrerin.

Auf einem Bauernhof in Nesselnbach aufgewachsen

Bruno Hufschmid ist der erste und einzige Aargauer, der den Mount Everest bezwungen hat. Den grossen Moment auf 8848 Metern Höhe erlebte er am 27. Mai 2017 nach fünfjähriger Vorbereitungszeit. Aufgewachsen ist er zusammen mit sieben Geschwistern auf einem Bauernhof in Nesselnbach, heute lebt er in Berikon. Das von ihm gegründete Gartenbaugeschäft übergab er 2016 seinem Sohn. Dieser Sohn war es auch, der in ihm den Kitzel am Bergsteigen geweckt hatte. 2002 bestiegen sie gemeinsam den ersten Gipfel. 2004 war der Kilimandscharo an der Reihe. Inzwischen hat Hufschmid 45 der insgesamt 48 Viertausender in der Schweiz erklommen. Das Bergsteigen kombiniert er mit der Fotografie und berichtet an Vorträgen von seinen Erlebnissen.

Abenteuer kostete 60'000 Franken

Die Everest-Expedition hat er bei einem kommerziellen Anbieter gebucht. Das Abenteuer dauerte zwei Monate. «Ich habe mich körperlich und mental sehr gut darauf vorbereitet, und das war auch nötig», erklärte er. Die 15 Teilnehmer wurden von rund 20 Sherpas begleitet, die das ganze Material verschoben. Bei Hufschmid kamen rund 70 kg zusammen plus 25 kg an Fotoausrüstung. Das Abenteuer kostete ihn zirka 60'000 Franken. «Für mich hat sich das gelohnt», bilanzierte er. «Im Gegensatz zu anderen Teilnehmern habe ich nicht am Material gespart.»

Grenzerfahrung am Everest

Von der 15-köpfigen Gruppe schafften schliesslich 10 den Aufstieg, der auch an Leichen von verunglückten Bergsteigern vorbeiführte. «Das Risiko ist bei einer solchen Expedition immer dabei, auf dieser Höhe kann man innerhalb von Sekunden tot zusammenbrechen.»

Adrian Krebs wäre eher fürs Freitauchen zu haben

Beim Bergsteiger stellt sich das Glückserlebnis auf dem Gipfel ein, beim Auf- und Abstieg dagegen sind Kondition und volle Konzentration gefordert. Anders bei Julia Tobler: Sie gerät vor und während des Tauchgangs in einen «Flow»: «Wenn man sich an die Regeln hält, ist das Risiko sehr gering.» Das persönliche Fazit von Adrian Krebs nach dem Gespräch: «Ich würde mich eher für einen Kurs bei Julia entscheiden.»