«Vor 30 Jahren erhielt ich 5.30 Franken pro Kilo Lebendgewicht. Wenn ich heute 4.60 Franken bekomme, komme ich mir vor wie ein Verbrecher», sagte Christian Oberli, Käsereischweinehalter aus Rislen SG.
Oberli äusserte sich an der Generalversammlung der Suisseporcs-Sektion Ostschweiz, die am vergangenen Freitag im Festsaal des Restaurants Toggenburgerhof stattfand. Seine Worte richteten sich an Andreas Bernhard, Zentralpräsident von Suisseporcs, an Geschäftsführer Stefan Müller sowie an Thomas Kempf, Präsident Sektion Ostschweiz und Vizepräsident von Suisseporcs.
Importe von Teilstücken
Auslöser für Oberlis Votum war die Diskussion um Teilstückimporte – das emotionalste Thema der Veranstaltung. Laut dem Zentralpräsidenten und dem Geschäftsführer von Suisseporcs besteht seitens der Verarbeiter und ihrer Branchenorganisation Proviande ein Interesse daran, künftig vermehrt bestimmte Teilstücke wie Schultern, Stotzen und Brust mit Knochen statt ganzer Schweinehälften innerhalb des Zollkontingents in die Schweiz zu importieren. Als Hauptgrund wurde der Druck des Detailhandels genannt – Schweizer Supermärkte und Händler forderten entsprechende Anpassungen. Gemäss einer Studie von Avenir Suisse entgehen dem Schweizer Handel jährlich rund 10 Milliarden Franken durch Einkaufstourismus – ein bedeutender Anteil entfällt auf Fleisch.
Einzelne Mitglieder äusserten sich ablehnend zu diesen Forderungen. Christian Oberli sprach in ihrem Namen und forderte den Zentralvorstand auf, allfällige Zugeständnisse sorgfältig zu prüfen. Der Markt sei aktuell stabil, Kühlreserven gebe es kaum. Nach schwierigen Jahren bewege sich der Preis endlich in einem Bereich, der auch die deutlich gestiegenen Kosten für Strom, Personal und Futter decke.
Der Zentralpräsident nahm die Kritik auf, zeigte jedoch auch Verständnis für die Anliegen der Verarbeiter (siehe Kasten). «Es geht um eine bedarfsgerechte Versorgung des Marktes und auch darum, weniger nicht benötigte Fleischstücke zu importieren», sagte Stefan Müller, Geschäftsführer von Suisseporcs. Insbesondere bei einem sinkenden Marktvolumen müsste gezielter importiert werden, stellte er klar. Die Teilstückimport-Freigaben würden nach dem bewährten Verfahren im Verwaltungsrat von Proviande erfolgen.
Letztlich sei man, so Müller, auch auf eine langjährige Zusammenarbeit mit den Abnehmern angewiesen. Den rund 2000 Schweinemästern stehen drei Abnehmer gegenüber. Die Marktverhältnisse seien klar. Neben einer Ressourcen- gehe es also auch um eine Marktfrage.
«Es geht um eine bedarfsgerechte Versorgung.»
Stefan Müller, Geschäftsführer von Suisseporcs.
Weitsicht durch Planung
Nicht die Schlachtpreise, sondern der Gedanke der Kreislaufwirtschaft sollte eigentlich im Zentrum der Versammlung stehen. Mit den Worten «Wir schliessen Kreisläufe» eröffnete Thomas Kempf die GV und schlug sogleich den Bogen in die Vergangenheit: 1912 habe in Kirchberg das sogenannte Kaisermanöver stattgefunden, dem mehrere 10 000 Menschen aus aller Welt beigewohnt hätten. Bereits drei Jahre zuvor, 1909, sei in Zürich einer der modernsten Schlachthöfe Europas entstanden. Nun müsse dieser geschlossen werden. Kempf äusserte die Hoffnung, dass heute erneut die Weitsicht vorhanden sei, eine zukunftsfähige Lösung zu finden. Die einheimische Lebensmittelversorgung bleibe in der Schweiz – einem Land, das sich der 10-Millionen-Einwohner-Marke nähert – zentral.
Ansonsten sei das Jahr für die Schweineproduzenten insgesamt positiv verlaufen, sagte Thomas Kempf. Dank der Disziplin der Marktteilnehmer liessen sich an der Börse wieder anständige Preise erzielen. Auch im Bereich Tiergesundheit sei man bisher verschont geblieben. Bei der Afrikanischen Schweinepest (ASP) handle es sich jedoch um eine Krankheit, mit deren Auftreten früher oder später gerechnet werden müsse.
Neue Vorstandsmitglieder
Einer der weiteren Höhepunkte der GV waren die Wahlen der neuen Delegierten für die Suisseporcs-Sektion Ostschweiz.
Neu gewählt wurden Franz von Büren aus Oberegg in Bischofszell, der sich im Saal vorstellte, und Peter Nüesch, Widnau, aktuell Präsident des St. Galler Bauernverbandes.
«Sie kommen mit Haut und Haar.»
Matteo Aepli, Geschäftsführer der Suisag.
Suisag und EGHZ
Nicht nur die Produktion, auch Kooperation und Wachstum mit europäischen Partnern gewinnen an Bedeutung. Einen entsprechenden Einblick bot das Referat von Matteo Aepli, Geschäftsführer der Suisag, zur geplanten Zusammenlegung mit der Bayerischen Erzeugergemeinschaft und Züchtervereinigung für Zucht- und Hybridzuchtschweine EGZH, (siehe BauernZeitung Nr. 11).
Aeppli erläuterte, weshalb der Zusammenschluss aus Sicht der Schweizer Schweinemäster sinnvoll ist: Die Portfolios von Suisag und EGZH ergänzen sich. Während Suisag vor allem bei Edelschweinen stark aufgestellt sei, bringe die EGZH wertvolle Pietrain-Genetik ein – besonders gefragt auf dem spanischen Markt.
«Wir wollen ein genossenschaftlich geprägtes Unternehmen», sagte Aeppli. «Sie kommen mit Haut und Haar», betonte er – die Bayern erhielten Mitsprache und ein Vetorecht in zentralen Fragen. Im Rahmen des Zusammenschlusses übernimmt die EGZH 10 % der Anteile an der Suisag, Suisseporcs behält 66 % und bleibt somit weiterhin Hauptaktionär. Die EGHZ erhält im Gegenzug in fünf kritischen Punkten, zum Beispiel bei der Bestimmung neuer Standorte, ein Vetorecht.
Proviande nimmt Stellung
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Die BauernZeitung hat die Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft, Proviande, mit der Kritik einiger Schweinehalter konfrontiert. Christophe Hutmacher, Verantwortlicher Online-Medien und stellvertretender Leiter Kommunikation, äussert sich zu einigen zentralen Punkten:
Gezieltere Versorgung: Teilstückimporte seien bei anderen Fleischsorten seit jeher die Realität, so Hutmacher. Sie ermöglichten, die Importe viel besser entsprechend den Marktbedürfnissen freizugeben. Beim Schweinefleisch hingegen dürfen innerhalb des Zollkontingents derzeit nur Hälften importiert werden – auch dann, wenn für gewisse Teilstücke wie Stotzen oder Brüste keine Unterversorgung besteht. Teilstückimporte würden darum eine marktnähere Versorgung ermöglichen. Es würde also gezielter importiert, was der Konsument nachfragt, ist sich Hutmacher sicher.
Gesamtimporte senken: In diesem Jahr sind bisher 900 Tonnen Schweine in Hälften zum Import freigegeben worden. Importbedarf bestehe dabei insbesondere für Stotzen und Brüste, erklärt Christophe Hutmacher. Mit Teilstückimporten hätte die Menge halbiert werden können.
Stabile Marktlage: Insgesamt laufe der Fleischmarkt in fast allen Teilbereichen sehr gut, bestätigt Hutmacher. Schweizer Fleisch sei gefragt, einzig beim Kalbfleisch sei die Nachfrage etwas verhalten. Hier sei auch das Angebot nicht sehr gross, Marktentlastungsmassnahmen seien darum dieses Jahr wahrscheinlich nicht erforderlich. Die «Preis-Rallye» an der Verkaufsfront habe sich zumindest bisher nicht auf die Produzentenpreise ausgewirkt, die sich durch die eher knappen Angebote auf einem hohen Niveau befinden würden, so Christophe Hutmacher.