Sei es auf dem Feld oder im Stall: Hin und wieder sollte man die eigenen Arbeitsabläufe hinterfragen. Ist eine Arbeitsoptimierung noch möglich, oder wo und wie kann man bei gewissen Tätigkeiten Zeit einsparen? Mit dem Thema «Was bringt Automatisierung wirklich?» befassten sich letzte Woche die Junglandwirtinnen und Junglandwirte der Kommission Nordwestschweiz (Jula) an ihrem Höck. Zum ersten Mal fand dieser im Kanton Solothurn statt. Rund 60 Interessierte folgten der Einladung des Präsidenten Lukas Abt auf den Betrieb von Familie Haefely in Hägendorf. Mit drei Info-Posten, einem Betriebsrundgang und gemütlichem Beisammensein wurde der Abend gestaltet.
Keiner melkt mehr von Hand
«Kein Bauer melkt heute mehr von Hand», sagt Lukas Abt bei der Eröffnung des Höcks. Die Automatisierung habe schon längst im Stall Einzug gehalten, nicht zuletzt wegen der Arbeitserleichterung und wegen des Fachkräftemangels. «Eine Umfrage an der letzten Agrama in Bern hat gezeigt, dass auch immer mehr kleine Betriebe automatisiert werden», so Abt. Milch- und Fütterungsroboter wie auch Mischwagen seien heute wichtige Hilfsmittel, um die immer grösser werdende Arbeitsbelastung auf den Betrieben noch bewältigen zu können. Das bestätigt auch Thyas Künzle, Berater Rindvieh beim Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen.
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Kaputte Geräte sofort reparieren
«Wisst ihr, was ‹Lean Farming› ist?», fragt Thyas Künzle in die Runde. Nur zögerlich streckten die Junglandwirte ihre Hände in die Höhe: «Die Idee ist in Dänemark entstanden und übersetzt sich in etwa als ‹schlanke Landwirtschaft›», so der Berater. Es sei nicht das Ziel, immer grösser zu werden, sondern besser. «Das oberste Gebot von ‹Lean Farming› ist es, Fehlläufe auf dem Landwirtschaftsbetrieb zu eliminieren», so Künzle.
Dazu gehört zum Beispiel, dass man kaputte Geräte sofort repariert, die Kuhsignale im Stall verstehen sollte oder lange Wege und überflüssige Arbeiten auf dem Betrieb eliminiert. Mit der Zeit werde man betriebsblind – und sehe selbst nicht mehr, dass es einfacher gehen könnte. «Fragt euch ab und zu: ‹Möchte ich hier auf meinem Betrieb eine Kuh sein, oder möchte ich hier arbeiten?›», so der Fachmann. Ein Milchwirtschaftsbetrieb zum Beispiel sei so aufzustellen, dass auch die «schwächste» Kuh zu den besten gehöre. «Wenn es dieser gut geht, geht es den Starken automatisch gut», ist Künzle überzeugt.
Die Zeit anders nutzen
In der Praxis heisst das, lahmende Kühe schnell behandeln, genügend Futter- und Wasserplätze bereitzustellen, täglich mehrmals Futter vorzuschieben oder die Futterkosten pro kg/Milch überprüfen. «Kranke Kühe und schlecht gewartete Maschinen können nicht nur ins Geld gehen, sie verbrauchen auch wertvolle Ressourcen, die man auf dem Betrieb anders nutzen könnte», so Thyas Künzle. Er ist überzeugt, dass jeder Betrieb täglich irgendwo zehn Minuten einsparen könnte, ohne dass er es bei den Arbeitsabläufen merken würde. «Jährlich wären das schon 60 Stunden oder eine Woche Ferien, die man mit der Familie verbringen könnte», ist er überzeugt.
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Mit der Technik Zeit sparen
Auf dem Betriebsrundgang wird klar, dass Betriebsleiter Christoph Haefely nichts dem Zufall überlässt: «Unsere Arbeitsabläufe sind so einfach wie möglich», sagt er. Auch der Technik – oder besser gesagt der Automatik – steht er offen gegenüber. «Unser Fütterungsroboter zum Beispiel erspart uns viel Zeit und Aufwand», hält der Betriebsleiter fest. Heute mischt der Roboter eigenständig sechs verschiedene Rationen und verteilt sie an die entsprechende Tiergruppe. Auch das Zuschieben des Futters übernimmt der Lely Vector.
Ein hoher Eiweissgehalt
Während der Vegetation sind die Kühe auf der Weide, wenn möglich nachts. Gemolken wird in einem Melkstand. «Gerne habe ich meine Kühe tagsüber im Stall, damit ich die Klauenpflege oder andere Arbeiten mit den Tieren machen kann», sagt Christoph Haefely. Da der Betrieb Wiesenmilch produziere, sei Weidegang fast ein Muss. Dabei drückt Haefely nicht unbedingt auf die Milchleistung, im Dreijahresschnitt seien es 8800 kg Milch gewesen. «Wichtiger sind mir die Inhaltsstoffe, momentan haben wir einen Eiweissgehalt von 3,6 %», so der Landwirt.
«Als wir den Laufstall neu bauten, war für meine Eltern ein Melkroboter noch kein Thema», sagt der Betriebsleiter. Wenn es bei der Melkerei einmal eine Anpassung brauche, dann sei er aber offen einem Roboter gegenüber. Auf dem Hof finden nicht nur die Aufzucht-, sondern auch die Mastkälber Platz. Etwa ein Viertel der Kühe wählt Haefely für die Nachzucht aus, diese werden dann gesext besamt. Die restlichen Tiere werden vom eigenen Charolais-Stier gedeckt und die Nachkommen daraus kommen auf dem eigenen Betrieb in die Grossviehmast. «Die Rinder werden wegen der guten Kalbeeigenschaften mit einem Normande-Stier gedeckt», so der Landwirt.
Ein Tag hat nur 24 Stunden
Für Remo Stalder, Verkaufsberater bei Lely, ist klar: Für jeden Betrieb gibt es die passende Lösung. «Ein Tag hat nur 24 Stunden, das können wir nicht ändern. Und auch der Personalmangel zwingt die Landwirte dazu, dass ihre Betriebe immer mehr automatisiert werden», so Stalder. Eine mögliche Arbeitserleichterung sieht er beim Fütterungsroboter. «Die Investitionen müssen aber immer einen Mehrwert haben», so der Fachmann. Bei einem Fütterungsroboter, der mehrmals den Kühen Futter vorschiebt, sieht er diesen Vorteil. «Jede Kuh, auch die Schwächste, kommt so zu ihrem Futter. Und wenn sie genug Futter hat, gibt sie auch mehr Milch», ist Stalder überzeugt.