«Keimzahlsperren sind schade und unnötig.» Ursula Ledergerber, Tierärztin beim Berner Amt für Veterinärwesen (Avet), wählt am 8. Februar am Inforama Rütti, Zollikofen, deutliche Worte. Anlässlich einer Informationstagung des Inforama hält sie ein Referat zum Thema Milchliefersperren. Der Vollzug im Bereich Milchhygiene obliegt seit 2016 dem Avet. Dieses lässt zweimal monatlich eine Milchprobe bei Suisselab untersuchen.

Kleiner Defekt, etwa am Melkzeug, kann eine grosse Wirkung haben

Die Tierärztin fordert die Produzent(innen) auf, sich bei erhöhten Keimzahlen rasch auf die Suche nach den Gründen zu machen. Diese können sein:

  • Defekte beim Melkzeug (Risse, spröde Gummiteile etc. mit Ablagerungen)
  • defekte Kühlung

Die Erfahrung zeige, dass nach dem Erkennen und Beheben des Problems die Keimzahlen schlagartig wieder im Normbereich seien. Die Tierärztin erklärt, dass das Avet Milchliefersperren aufgrund der Keimzahl bei der dritten Beanstandung innert vier Monaten verfügt. Eine Sperre bei erhöhter Zellzahl erfolgt nach der vierten Beanstandung innert fünf Monaten. Bei einem Hemmstoffnachweis wird die sofortige Milchliefersperre verhängt. Die Tierärztin macht deutlich, dass solche Sperren keine Strafmassnahme seien, sondern verfügt werden müssen, wenn die Milch nicht mehr lebensmitteltauglich sei. Milch muss folgende Anforderungen erfüllen:

  • Hemmstoff-negativ
  • < 80 000 Keime/ml
  • < 350 000 somatische Zellen/ml

Erfüllt die Milch diese Anforderungen nicht, ist der Produzent bzw. die Produzentin gesetzlich verpflichtet, erforderliche Sanierungsmassnahmen zu ergreifen und nicht erst bei einer Sperre.

Tipp der Tierärztin: Eine Melkberatung hinzuziehen

Die Tierärztin macht deutlich: «Die Eutergesundheit ist viel aufwendiger zu sanieren, als eine erhöhte Keimzahl.» Und: «Seid nicht zu stolz eine Melkberatung hinzuzuziehen.» Dabei könne eine mögliche Betriebsblindheit erkannt werden. Auch sollen Produzentinnen die Betriebsbesuche im Rahmen der Tierarzneimittel-Vereinbarung nutzen.

Zahlen zu verhängten Milchliefersperren

Erfreulich ist, dass in den Jahren 2020 und 2021 keine Milchliefersperre aufgrund der Keimzahl verhängt werden musste. Dies hänge sicherlich auch mit dem Einführen eines Beanstandungsschreibens zusammen, welches das Avet seit 2018 jeweils einen Monat vor einer möglichen Sperre verschickt. Das Schreiben sei wohl auch für den Rückgang von Milchliefersperren wegen zu hoher Zellzahlen verantwortlich. Mussten 2017 noch 16 Milchsperren verhängt werden, waren es in den Folgejahren jeweils nur vier. Seit 2018 ist zudem bei einer Sperre wegen Zellzahlen zwingend der Tierarzt für das Sanierungskonzept hinzuzuziehen.

Hemmstoff ist häufig der Übeltäter 

Am meisten Sperren im Kanton Bern gebe es wegen Hemmstoffnachweis. In den Jahren 2016 bis 2021 schwankte die Anzahl zwischen 46 bis 78 Sperren pro Jahr. Dies könne in den besten Ställen vorkommen und bedeute nicht, dass der Produzent den Stall nicht im Griff habe, weiss die Tierärztin. Der Grossteil der Sperren (80 %) weise eine tiefe Kontamination auf. Der häufigste Grund sei das Benutzen eines antibiotikahaltigen Sprays (Chlor-Tetrazyklinspray/Cyclospray) bei kleinen «Schnatten» während des Melkens. Zum Schluss macht Ursula Ledergerber darauf aufmerksam, dass der Einsatz von Trockenstellern auf Begleitdokumenten oft nicht deklariert würde. Darauf sei zwingend zu achten.

Der Gewässerschutz steht nun im Fokus

Andreas Ritter vom Inforama informiert über die Gewässerschutzkontrollen, die neu im Rahmen der ordentlichen ÖLN-Grundkontrolle stattfinden. Sie erfolgen nur visuell und sind nicht mit der Dichtigkeitskontrolle von Güllelöchern zu verwechseln. Die Kontrollperson teilt sichtbare Mängel an Bausubstanz, Nutzung und Ausrüstung in die zwei Kategorien A und B ein, macht jedoch keine Beratung. Als Mangel A gelten kleinere Mängel, welche ohne Baugesuch behoben werden können. Die Nachkontrolle wird nach Monats- bis maximal Jahresfrist festgesetzt. Es erfolgt keine Meldung ans Amt für Wasser und Abfall (AWA). [IMG 2]

Meldung ans AWA
B-Mängel sind grössere Mängel, deren Behebung eine Bau- und/oder Gewässerschutzbewilligung erfordern. Bei B-Mängeln geht eine Meldung direkt ans AWA. Diese wiederum informiert die Gemeinde, welche festlegt, bis wann der Mangel behoben sein muss. Werden Mängel festgestellt, erfolge noch kein Direktzahlungsabzug.

Problemzone Laufhof
Aus Erfahrung von bereits erfolgten Kontrollen auf Testbetrieben weiss Andreas Ritter: «Laufhöfe werden relativ oft beanstandet.» Darauf gilt es ein Augenmerk zu werfen. Ein Privileg der Landwirtschaft sei es, dass Treibstoff zuhause gelagert werden darf. Dieses Privileg gelte es zu behalten. Ein wichtiger Punkt sei dabei, dass Betankungsanlagen gegen das Abhebern, also Aussyphonieren, gesichert sein sollen, wenn beispielsweise der Zapfschlauch unbemerkt zu Boden fällt. Dies gelinge etwa mit einem entsprechenden Sicherheitsventil.

Wichtiges Kontrollhandbuch
Auch müsse der Betankungsplatz auf festem und intaktem Boden stehen. Wird draussen betankt, muss der Platz ins Gülleloch entwässert sein und es ist auf einen genügend grossen Betankungsplatz zu achten. Ritter empfiehlt, nach Kontrollhandbuch und entsprechenden Merkblättern des Kantons Bern zu handeln und allfällige Mängel zu beseitigen. 

Wichtig: Für Gelan Unterstützung holen

Seit vergangenem Freitag ist das Fenster für die Gelan-Datenerhebung offen. Inforama-Berater Reto Dänzer informiert über einige Änderungen. Eines macht er ganz deutlich: «Holt euch Unterstützung!» Die Gefahr, dass bei den vielen Möglichkeiten etwas nicht angegeben wird, was angegeben werden sollte, sei gross. Heuer ist das erste Jahr, dass dem Ackerbaustellenleiter der unterschriebene Zettel nicht mehr abgegeben werden müsse. Der Abschluss wird mit einer entsprechenden Eingabe bestätigt.

Richtig einzeichnen bringt Geld
Im vergangenen Jahr habe das erste Mal jede Kultur einzeln eingezeichnet werden müssen. Alles was auf Stufe Kultur nicht eingezeichnet sei, ist nicht direktzahlungsberechtigt. Gibt es zum Beispiel bei einer Kartoffelparzelle einen Grünstreifen, so gehört dieser zur Kartoffelparzelle und muss ent­sprechend miteingezeichnet werden. Im vergangenen Jahr seien diesbezüglich sehr viele Fehler passiert. Reto Dänzer rät, am Ende die Betriebsübersicht zu drucken und mit den eingetragenen Bewirtschaftungseinheiten der Stufe landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) zu vergleichen. Bei der Auflistung der Bewirtschaftungseinheiten zeigt zudem neu ein Häklein an, welche Parzellen unter das Schleppschlauch-Obligatorium (SSO) falle.

Offenes Güllelager benötigt eine Verfügung
Ein gewichtiges Thema sei bei der Erfassung der Gelan-Daten die Abdeckung Güllelager. Seit heuer müssen alle Güllelager gedeckt werden. Für Bestehende gibt es eine Übergangsfrist bis Ende 2029. Wenn ein offenes Güllelager auf dem Betrieb vorhanden ist, muss daher die entsprechende Frage zwingend mit Ja beantwortet werden. Die Betriebsleitenden bekommen dann eine Verfügung zugeschickt. Diese muss bei der ÖLN-Kontrolle ab 2023 vorgewiesen werden können. Ansonsten drohen saftige Bussen.

Suisse Bilanz mit aktueller Version rechnen
Wer die Suisse-Bilanz selbst rechnet, muss wissen, dass nur noch mit der aktuell gültigen Version gerechnet werden darf. Für 2021 gilt die Version 1.16. Die aktuellen Versionen gebe es, ausser im Bekanntenkreis, jedoch nirgends mehr gratis. Der Spielraum bei der Berechnung sei zudem viel enger geworden.